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Der rote Faden: Ulrich Emde, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in der Kanzlei Emde & Partner in Bremen Herr der Zahlen

Zahlen sind seine Welt: Ulrich Emde prüft mit seiner Kanzlei Emde & Partner Bilanzen und Geschäftsabschlüsse von Unternehmen. Dabei geht es aber nicht allein um pure Mathematik. Sein Job, so sagt er, ist es auch, zu beraten und zu verstehen. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind stets oft auch so etwas wie Vertraute der mittelständischen Familienunternehmer. Zumindest in Bremen.
30.06.2012, 05:00 Uhr
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Von Günther Hörbst

Zahlen sind seine Welt: Ulrich Emde prüft mit seiner Kanzlei Emde & Partner Bilanzen und Geschäftsabschlüsse von Unternehmen. Dabei geht es aber nicht allein um pure Mathematik. Sein Job, so sagt er, ist es auch, zu beraten und zu verstehen. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind stets oft auch so etwas wie Vertraute der mittelständischen Familienunternehmer. Zumindest in Bremen.

Bremen. Zahlen? Ulrich Emde schmunzelt. Offenbar hat er schon damit gerechnet, dass er nach Zahlen gefragt wird. Als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, der er seit 1982 ist, wird einem quasi zwangsläufig eine Leidenschaft für Zahlen unterstellt. "Zahlen sind aber doch nur ein Abbild dessen, was in einem Unternehmen passiert", sagt der 55-jährige Kanzlei-Inhaber in 3. Generation. "Deshalb sind wir noch lange keine Mathematiker." Die Antwort klingt fast ein wenig trotzig. So, als ob die Zahlen all die anderen Aufgaben, die sein Job noch so mit sich bringt, herabgewürdigen würden.

"Die Bilanz, der Jahresabschluss, das ist das in Zahlen sichtbar gewordene Handeln eines Unternehmens", beschreibt der studierte Betriebswirt das, was seinen Job für ihn so interessant macht. "Die Kunst besteht darin, hinter den Zahlen Zusammenhänge zu erkennen, einen roten Faden sichtbar zu machen, entlang dem sich dann neue Entscheidungen treffen lassen." Und natürlich, auch das muss sein, wird von einem Mann wie Emde verlangt, dass er erkennt, wann so ein Zahlenwerk mehr Schein als Sein ist, dass er weiß, ob mehr Realität oder mehr Fiktion dahinter steckt.

Und die an Zahl nicht armen Wirtschaftskrimis der Vergangenheit zeigen, dass diese Verantwortung schwer auf der Branche lasten. "Nehmen wir nur mal den Fall der Bank Hypo Real Estate", sagt Emde. "Da waren plötzlich 55 Milliarden Euro durch Doppelbuchungen falsch bilanziert. Die standen auf der falschen Seite der Bilanz – und keiner hat‘s gemerkt. Da darf man schon fragen: Was haben die Wirtschaftsprüfer eigentlich gemacht?" Ähnlich viele Fragezeichen ergeben sich für ihn beim Fall Beluga. Vor dem Einstieg des US-Kapitalinvestors Oak Tree wurde das gesamte Unternehmen ein gutes halbes Jahr scharf geprüft. Dennoch fielen die mutmaßlichen Bilanz-Betrügereien nicht auf. "Das ist schwer zu begreifen", sagt der Bremer Steuerexperte.

Freilich: Frei von Schuld und Sünde sei keiner, sagt der gläubige Christ, der sich im Ehrenamt als Bauherr um die Verwaltung der St.Remberti-Krichengemeinde kümmert. Am Ende sei es aber doch so, dass sich aus diesen spektakulären, öffentlich bekannt gewordenen Fällen das Bild der Bürger über seinen Berufsstand speise. "Mit Unternehmern ist es doch dasselbe", sagt der Vater von vier Kindern. "Die werden in der Öffentlichkeit stets mit angestellten Managern in einen Topf geworfen. Die haben einen Festvertrag, verdienen viel Geld und haben kaum Risiko. Familienunternehmer stehen dagegen jeden Tag mit ihrem Geld für die Firma ein. Und diese Unternehmer machen 90 Prozent der deutschen Wirtschaft aus. Dennoch gilt ein Firmenchef im öffentlichen Bewusstsein überwiegend als Abzocker."

Den bürgerschaftlich engagierten Bremer (Bauherr der St.Remberti-Gemeinde, Schatzmeister des Bremer Konzertvereins, Vorsitzender des Freundeskreises des Knabenchors der Liebfrauen Kirche) treibt das Thema regelrecht um. Schließlich hat er jeden Tag mit diesen Unternehmern zu tun. Er weiß, sagt er, dass sich diese Männer und Frauen in der überwiegenden Mehrheit nur um eins Gedanken machten: "Um die Mitarbeiter und das Wohl der Firma."

Dass im Wirtschaftsprüfer Emde auch der gläubige Christ Emde steckt, merkt man an solchen Stellen. Sein Christsein verträgt sich nicht mit Ungerechtigkeit, er lehnt Betrug und Hintertücke zutiefst ab. Im Glauben findet der Chef von 58 Mitarbeitern an drei Standorten in Deutschland für sich Leitplanken des Lebens. "Mein Gottesverständnis fußt auf den grundlegenden gesellschaftlichen Werten, die das Wohl der Würde des Menschen über alles stellen", sagt er. "So gesehen ist für mich der Sinn, dass Christus auf dieser Welt war, unbestritten da."

Christlich ist es auch, mehr zu geben, denn zu nehmen. Dass Emde im Auftrag seiner Kunden aber eher verhindern soll, dass sie zu viel an den Staat abgeben, ist eine feine Ironie an dieser Beziehung. Wie es mit Steuerhinterziehung aussieht? "Kommt überall täglich vor", sagt der Mann im feinen grauen Anzug trocken. "Steuerhinterziehung ist so alt wie die Steuern selbst. Was die Menschen nervt ist die Komplexität", sagt der Experte. "70 Prozent der Steuerliteratur weltweit ist in deutscher Sprache verfasst. Ein Wahnsinn!"

Dass das den Steuerberatern nütze, sei ein Mythos. "Das alles ist so undurchdringlich geworden, dass wir es in Gänze selbst nicht mehr verstehen", gibt Emde offen zu. "Für uns bedeutet das ein höheres Beratungsrisiko." Emde plädiert deshalb dafür, alle Nebensteuern abzuschaffen, das gesamte System einfacher zu gestalten.

Und was, wenn ihm die ganze Zahlenhuberei mal über den Kopf steigt? "Dann widme ich mich der Arbeit im Ehrenamt", sagt Emde. Und da vor allem die in der St.Remberti-Gemeinde. Immerhin 9000 Mitglieder weist sie auf. "Viel in diesen Zeiten, in denen Religion und Kirche an Bedeutung verlieren", findet er.

Doch Emde ist sehr in St.Remberti verwurzelt. "Ich wurde dort getauft, wie meine Geschwister, habe dort geheiratet, meine Kinder wurden dort getauft, meine Eltern liegen dort begraben." Er gehe zwar nicht jeden Sonntag in die Kirche. Aber wenn, dann könne es passieren, dass er nach einer guten Predigt mit einem großen Gefühl der Zufriedenheit hinaus gehe.

Mit dieser Folge endet die Reihe "Der rote Faden". Seit August 2009 haben wir dabei insgesamt 51 Unternehmer aus Bremen und dem Umland vorgestellt.

Herr der Zahlen

Der rote Faden: Ulrich Emde, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in der Kanzlei Emde & Partner in Bremen

Zitat:

"Die Kunst besteht darin,

Zusammenhänge hinter

den Zahlen zu erkennen."

Ulrich Emde

Herr der Zahlen

Der rote Faden: Ulrich Emde, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in der Kanzlei Emde & Partner in Bremen

Zitat:

"Steuerhinterziehung

ist so alt wie

die Steuern selbst."

Ulrich Emde

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