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P&R Container Hoffnung für P&R-Anleger

Im Container-Anlegerskandal gibt es Hoffnung für die Betroffenen: Bremer Kanzlei erwirkt bundesweit erstes Urteil im Container-Skandal gegen Finanzvermittler. Und das könnte Signalwirkung haben.
04.03.2019, 17:37 Uhr
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Hoffnung für P&R-Anleger
Von Peter Hanuschke

Es ist einer der bislang größten Anlageskandale in Deutschland: Etwa 54 000 Anleger – in Bremen und Niedersachsen sollen es ein paar Tausend geben – hatten in die Container-Leasing- und Vertriebsfirmen von P&R rund 3,5 Milliarden Euro investiert. Im vergangenen Jahr gingen die Unternehmen Pleite. Für viele Anleger droht der Totalverlust. Jetzt gibt es zumindest ein bisschen Hoffnung für den Teil der Anleger, die P&R-Container auf Beratung und Empfehlung von Banken und Finanzvermittlern erworben hatten.

"Wir haben vor dem Landgericht Erfurt das erste Urteil im P&R-Anlageskandal gegen einen Anlagevermittler erstritten", sagt der Bremer Rechtsanwalt Sascha Schiller von der Kanzlei Schiller. "Dieses Urteil ist nach unserer Ansicht von besonderer Relevanz, da erstmals ein Vermittler zur Zahlung von Schadensersatz über 120 000 Euro verurteilt wurde." Zudem werde in dem sehr ausführlich begründeten Urteil gut nachvollziehbar dargelegt, welche Pflichten Anlagevermittler von P&R-Kapitalanlagen seinerzeit zu erfüllen hatten. Daher komme dem Urteil eine besondere Signalwirkung zu, da die große Mehrzahl der 54 000 geschädigten P&R-Anleger die Kapitalanlagen über Finanzvermittler und Banken erworben haben.

Das Geschäftsmodell von P&R funktionierte über Jahre: Vom Münchner Millionärsvorort Grünwald aus verkaufte P&R Schiffscontainer an Privatanleger – vor allem auch Rentner und Pensionäre, die ihre Altersvorsorge aufbessern wollten. Laut Insolvenzverwalter ist fast ein Drittel der Anleger über 70 Jahre alt. P&R vermietete die Container anschließend an Frachtunternehmen, damit sollte die Rendite für die Anleger finanziert werden. Außerdem bot P&R den Anlegern den Rückkauf nach fünf Jahren an.

Nach der Insolvenz im März vergangenes Jahres ergaben die vorläufigen Ermittlungen, dass ein Großteil dieses Geschäfts bloßer Schein war: Denn neben den knapp 630 000 existierenden Containern wurden den Anlegern etwa eine Million Container verkauft, die es gar nicht gab.

Die Unstimmigkeit im P&R-Geschäftsmodell bestand unter anderem darin, dass P&R weit mehr Geld an die Anleger auszahlte, als die Containervermietung einbrachte. Die „Stiftung Warentest“ hatte das im Juni 2017 publik gemacht, Diskussionen in der Fachwelt gab es aber schon Jahre vorher. „Grauer Kapitalmarkt“ ist der Branchenjargon für Investment-Firmen, die keine staatliche Erlaubnis benötigen und nur wenige gesetzliche Vorgaben erfüllen müssen – anders als etwa Banken, die ohne Banklizenz nicht tätig werden dürfen und genau kontrolliert werden. Die Bafin selbst warnt Anleger davor, dass es am grauen Kapitalmarkt keine Einlagensicherung und keine Kontrolle der Bilanzen gibt. Wenn „graue“ Investmentfirmen wie P&R die vorgeschriebenen Prospekte zur Information der Anleger auflegen, werden diese von der Bafin zwar überprüft. Die Behörde kontrolliert allerdings ausdrücklich nicht, ob die gemachten Angaben richtig sind oder das dahinter stehende Geschäftsmodell tatsächlich tragfähig ist.

In dem nun vorliegenden Urteil sieht es das Landgericht laut Rechtsanwalt Schiller als erwiesen an, dass der Finanzvermittler die Anleger nicht über die wesentlichen Risiken der empfohlenen Kapitalanlage aufgeklärt hat. Das Gericht habe eindeutig klar gemacht, dass ein Vermittler von P&R-Kapitalanlagen auf das Totalverlustrisiko und Nachschussrisiko hätte hinweisen müssen. Auch die in den Verträgen abgedruckte Mietgarantie hätte der Vermittler nicht unkommentiert lassen dürfen. „Denn P&R konnte die vertraglichen Mietzahlungen gar nicht garantieren", sagt Schiller. „Dies hätte der Vermittler richtigstellen müssen, denn es gab keine Mietausfallversicherungen oder ähnliche Sicherungen.“

Schon zu Beginn des Insolvenzverfahrens hatte der Bremer Rechtsanwalt Jan-Henning Ahrens von der Kanzlei KWAG festgestellt, dass sich die Lage ganz erheblich zulasten der Anleger verschärft habe. Denn kein Anleger habe Eigentum an Containern erworben. Das würde dazu führen, dass die Anleger im Insolvenzverfahren sehr wahrscheinlich leer ausgehen würden. Mehr noch: Neben dem Verlust ihres Kapitals, drohe ihnen sogar weiterer Schaden. Denn der Insolvenzverwalter könne die bereits ausgezahlten Mieteinnahmen zurückfordern, weil für die Zahlungen rechtlich kein Grund vorhanden gewesen sei.

Dennoch bestünde eine Chance, das eingesetzte Kapital zu retten – unabhängig vom Insolvenzverfahren, sagt Ahrens. Denn nach Ansicht des Anwalts bestehen Schadenersatzansprüche gegen den Vertrieb und gegen Anlageberater. Denn viele Banken und Sparkassen hätten ihren Kunden die P & R-Container-Direkt-Investments empfohlen. Dabei sei häufig nicht korrekt über Risiken aufgeklärt worden. Wäre von den Beratern die vertragliche Konstellation auch nur oberflächlich geprüft worden, wäre sehr schnell klar gewesen, dass die Anleger tatsächlich überhaupt kein Eigentum an den Containern erwerben können. Und eine mangelhafte Plausibilitätsprüfung begründe Schadenersatzansprüche.

Zum aktuellen Urteil sagt Schiller: "Wir vertreten selbst eine dreistellige Anzahl von P&R-Anlegern." In nahezu allen Fällen seien die Anleger nicht ordnungsgemäß über die Risiken der Anlage aufgeklärt worden. "Für diese Anleger steigen nun die Chancen, ihr Geld zurückzuerhalten, ganz erheblich."

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