In den Supermarktregalen ist es schwarz auf weiß zu sehen: Beim Kaffee kennen die Preise momentan nur eine Richtung: nach oben. Wurde ein Pfund Marken-Filterkaffee im Handel vor Kurzem noch zum Angebotspreis von 3,99 Euro beworben, sind es nun eher 4,99 Euro – und das klingt schon nach einem günstigen Angebot. Im vergangenen Jahr sind die Rohkaffeepreise um 70 Prozent gestiegen, und derzeit sieht es nicht danach aus, dass sie so schnell wieder sinken werden.
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg hat die Menschen für sein Verbrauchermagazin "Super.markt" zu diesen Preissteigerungen befragt. Das Ergebnis dieser laut Sender repräsentativen Umfrage: 26 Prozent der Befragten wollen deshalb weniger Kaffee trinken. Doch wie wirkt sich das auf Bremens kleine Kaffeeröstereien aus, die ohnehin schon mehr Geld für ihren handgemachten Kaffee aus kleineren Chargen verlangen müssen?
Schlechte Ernten in den Herkunftsländern
Beim Besuch bei Kaffee Münchhausen in der Bremer Innenstadt im Faulenviertel war es zumindest am Dienstagvormittag nicht leer – ein Stammkunde folgte dem nächsten. "Wenn die Kunden nach den gestiegenen Preisen fragen, erkläre ich ihnen, woran das liegt", sagt Felix Prüße, stellvertretender Geschäftsführer und jüngste Generation bei Bremens ältester Familienrösterei. "Für den Kunden klingt das dann plausibel, aber ich weiß in dem Moment natürlich auch nicht, ob er wiederkommt."
Seit November seien die Preise nochmals gefühlt wie nie zuvor gestiegen. Für Prüße bedeutete das: "Ich habe in den vergangenen drei Wochen drei Preislisten erstellt. Als ich die eine Preisliste fertig hatte, musste ich direkt wieder mit einer neuen Liste anfangen." Dabei verweist er auf die 30 Herkunftsregionen, die die 90 Jahre alte Kaffeerösterei im Angebot hat. Allerdings seien die Ernten in Brasilien und Vietnam schlecht gewesen, und aus diesen Ländern komme der meiste Arabica-Kaffee. Wegen des Klimawandels sehe es momentan nicht danach aus, dass die Ernten wieder besser werden. Die Preise an der Kaffeebörse steigen und steigen. Schaut man auf den aktuellen Preis, sind die Bohnen innerhalb eines Jahres um 100 Prozent teurer geworden.
Dank Online-Shop viele Stammkunden
Neben den Preisen für den Rohkaffee seien aber zum Beispiel auch die Löhne und die Energiepreise gestiegen. Seit vergangenen Sommer hat Münchhausen einen Online-Shop und der sei eine wichtige Stütze, wie Prüße sagt: "Da kann man sich auf die Stammkunden verlassen."
Bei "Büchlers beste Bohne" in der Böttcherstraße würden die Stammkunden auch weiterhin im Online-Shop bestellen, aber vom Ausschank vor Ort weiß Geschäftsführer Martin Büchler zu berichten: "Ich habe hier Kunden, die mir sagen, dass sie sich diese Kaffeepreise nicht mehr leisten können. Das tut mir persönlich natürlich sehr weh." Seit 18 Jahren betreibt er seine Rösterei mit dem nicht nur bei Touristen beliebten Ausschank. "Momentan ist es schwierig. Da sind wir froh, wenn wir mit unserem Geschäft eine schwarze Null machen", sagt er. Dann holt er seine Unterlagen und den aktuellen Preis von der Kaffeebörse: 4,26 US-Dollar sind momentan für ein US-Pfund zu zahlen, was knapp 454 Gramm entspricht. Anfang November waren es noch etwas mehr als 2,60 US-Dollar.
"Eigentlich sind Bremens Kaffeeläger voll"
"Eigentlich sind die Läger in Bremen voll mit Kaffee", sagt Büchler. Aber darunter befänden sich auch Auktionsläger: "Da wechselt der Kaffee mehrmals am Tag den Besitzer, ohne dass dieser jemals eine einzige Bohne davon gesehen hat." Entsprechend sieht der Kaffeehändler, dass momentan an der Kaffeebörse viele Spekulanten mit dabei seien, die sich Gewinne erhofften.
Büchler sagt, er habe noch rechtzeitig zehn Säcke Kaffee aus Kolumbien gekauft. Aber auch die würden irgendwann zur Neige gehen. Statt zehn Säcke auf einmal zu kaufen, kaufe er lieber einen: "Irgendwann muss hier doch die Blase platzen und der Preis wieder sinken, und auf diesen Moment warten wir alle irgendwie, also wir kleinen Händler genauso wie die ganz großen Röstereien." Täglich rufe er deshalb wie auch andere Kleinröster bei seinem Importeur an.
Klage von Tchibo gegen Aldi Süd
Unter den großen Röstereien hatten Tchibo und Aldi bereits im vergangenen Jahr mitgeteilt, dass sich die Verbraucher auf steigende Preise einstellen müssten. Tchibo hatte sogar Aldi Süd verklagt, weil der Konzern dem Konkurrenten vorwarf, die Bohnen unterhalb des Einkaufspreises zu verkaufen. Mit der Klage hatte Tchibo allerdings keinen Erfolg.
Zurück zur kleineren Münchhausen-Rösterei im Bremer Faulenviertel. Laut Felix Prüße könnten die hohen Kaffeepreise einen positiven Nebeneffekt haben: "Vielleicht gibt es dadurch wieder mehr Wertschätzung für das Lebensmittel Kaffee. Man vergisst so schnell, wie viel harte Arbeit dahintersteckt." Beim Kaffeekochen im Büro werde künftig vielleicht genauer abgezählt, wer eine Tasse trinken möchte, um weniger zu verschwenden. "Auch eine gute Thermoskanne kann dabei helfen", lautet Prüßes Tipp.