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Zeitmesser bei Galileo-Satelliten ausgefallen Im Weltall stehen die Uhren still

Bei den Galileo-Satelliten sind mehrere Zeitmesser ausgefallen. Ein kleiner Fehler, der möglicherweise schwerwiegende Folgen hat.
18.01.2017, 18:46 Uhr
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Im Weltall stehen die Uhren still
Von Stefan Lakeband

Bei den Galileo-Satelliten sind mehrere Zeitmesser ausgefallen. Ein kleiner Fehler, der möglicherweise schwerwiegende Folgen hat.

Manchmal kann ein kleiner Fehler große Probleme auslösen. Besonders schwerwiegend wird es, wenn dieser sich nicht beheben lässt, etwa weil er 23.000 Kilometer von der Erde entfernt durch das Weltall schwebt. In genau dieser misslichen Lage könnten sich nun die Esa und ihr europäisches Navigationssystem Galileo befinden. Im schlimmsten Fall droht das Milliardenprojekt zu scheitern.

So weit ist es zwar noch nicht. Es läuft aber auch längst nicht alles nach Plan. Das macht Jan Wörner, Generaldirektor der Europäischen Weltraumagentur Esa, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Paris deutlich. Dort sagt er, dass neun Uhren, die in den Satelliten verbaut sind, die schon durch das Weltall fliegen, derzeit nicht funktionieren. Zeitmesser sind aber essenzielle Bestandteile für die Satellitennavigation.

„Wir wissen nicht, ob wir die Uhren wiederbeleben können“, sagt Wörner. Bislang funktioniere das System aber auch ohne sie. Denn auf jedem der 18 Galileo-Satelliten sind vier Uhren verbaut – genau für den jetzt eingetretenen Fall, dass eine ausfallen sollte. Umsichtig sei man dennoch: „Wir sind nicht blind. Falls dieser Fehler systematisch ist, müssen wir vorsichtig sein." Denn im schlimmsten Fall könnten so nach und nach alle Uhren ausfallen und die Satelliten wären für die Navigation nutzlos.

„Bislang ist noch nicht klar, was der Grund ist“, sagt der Esa-Direktor. Möglich sei, dass die Uhren durch das An- und Ausschalten nicht mehr funktionieren könnten. Das werde aber noch geprüft.

Doch so lange das Problem nicht gefunden ist, steht die europäische Weltraumbehörde auch vor einer anderen großen Frage: Was wird aus den vier Galileo-Satelliten, die im August ins All starten sollen? „Sollen wir es verschieben, bis wir das Problem gefunden haben oder sollen wir starten? Diese Frage stellt sich gerade jeder“, sagt Wörner. Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht.

Einerseits kann die Esa warten, bis das Problem der Uhren gefunden und behoben ist. In der Zwischenzeit könnten aber weitere Zeitmesser ausfallen. Im schlimmsten Fall könnte die derzeitige Leistungsfähigkeit des Galileo-Systems beeinträchtigt werden. Andererseits könnte die Esa die nächsten Satelliten wie geplant im August starten lassen. Dann läuft sie aber Gefahr, dass im Weltall weitere Uhren ausfallen können, mit nur geringen Chancen, sie aus der Ferne wieder zum Laufen zu bringen. „Wir diskutieren gerade, was wir tun sollen“, sagt Wörner.

Jeder Galileo-Satellit enthält zwei verschiedene Arten von Atomuhren: zwei Rubidium-Uhren und zwei Wasserstoff-Maser-Uhren. Aktuell seien drei Rubidium-Uhren und sechs Wasserstoff-Maser-Uhren ausgefallen, sagt Wörner. Eine weitere betroffene Wasserstoff-Maser-Uhr laufe inzwischen wieder. Bei einem Satelliten seien sogar drei Chronometer nicht funktionsfähig. „Das ist kritisch“, sagt Wörner. „Aber er funktioniert immer noch zu 100 Prozent.“ Geplant ist, dass das System bis 2020 voll funktionsfähig sein soll. Dann soll es 30 Satelliten umfassen – 27 im laufenden Betrieb und drei als Ersatz.

Nicht das erste Problem mit Galileo-Satelliten

Die Galileo-Satelliten wurden beim Bremer Weltraumunternehmen OHB gebaut. Die sogenannte Nutzlast, also alle Gerätschaften, die für die Navigation nötig sind, stammt allerdings vom britischen Hersteller Surrey Satellite Technology. In Bremen wurde sie mit dem Satelliten zusammengebaut. Zum jetzigen Ausfall kann sich das Unternehmen daher nicht äußern. Zur Beantwortung aller Fragen was die Leistung der Satelliten und deren Subsysteme angeht, ist die Esa zuständig, teilt eine Sprecherin mit.

Es ist nicht das erste Mal, dass es Probleme mit dem Galileo-System gibt: Ursprünglich sollten erste Dienste schon 2008 zur Verfügung stehen, sie wurde jedoch erst im vergangenen Dezember aktiviert. Zudem haben Streitigkeiten zwischen den Partnerländern immer wieder für Verzögerungen gesorgt, die Kosten stiegen. Und durch eine Panne wurden zwei Satelliten in der falschen Umlaufbahn ausgesetzt.

Sollten tatsächlich noch weitere Uhren ausfallen und somit die Leistungsfähigkeit von Galileo eingeschränkt werden, wäre das ein Rückschlag für die europäische Raumfahrt. Auch, weil schon im vergangenen Jahr eines der Leuchtturmprojekte der Esa gescheitert ist. Die Sonde Schiaparelli sollte im vergangenen Oktober auf dem Mars landen und dabei Systeme für weitere Missionen testen, darunter etwa den Hitzeschutz, Fallschirme und die Bremsraketen. Doch anstatt sicher auf der Marsoberfläche aufzusetzen und von dort Daten zu senden, stürzte Schiaparelli unkontrolliert ab.

Später stellte sich heraus, dass wohl ein Softwarefehler Schuld an der Bruchlandung war. Er hat zu einer falschen Berechnung der Höhe geführt. Die Folgen: Die Sonde hat viel zu früh den Fallschirm und einen der Schutzschilde gelöst, was letztendlich zum Absturz geführt hat.

Die Esa wertete das Manöver damals immerhin als Teilerfolg. Auf dem Weg nach unten habe die Sonde schon wichtige Daten gesendet. Und auch im Fall von Galileo spricht Wörner von einer „Lernkurve“. Man würde so sehen, dass die Bestückung der Satelliten mit mehreren Atomuhren wichtig sei.

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