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Grundstücksmarktbericht 2020 Bremen liegt weiter voll im Trend

Vor allem gebrauchte Eigentumswohnungen und Reihenhäuser sind beliebt und verteuerten sich im vergangenen Jahr. Miete und Kaufpreise driften jedoch auseinander.
08.06.2020, 05:00 Uhr
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Bremen liegt weiter voll im Trend
Von Lisa Schröder

Der Blick in die Zukunft ist ungewohnt vernebelt. Der Rückblick liefert allerdings eine ganz klare Aussicht: Die Preise für Häuser und Wohnungen an der Weser kletterten im vergangenen Jahr weiter hinauf. Das geht aus dem aktuellen Grundstücksmarktbericht für Bremen hervor. Immobilieneigentümer – ob Anleger oder Selbstnutzer – dürfte die Kontinuität des Marktgeschehens zufrieden stimmen. In den normalen Lagen stiegen die Preise für Doppel- und Reihenhäuser sowie Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäuser im Schnitt um sechs Prozent. Ein Trend hält an.

Umsatz-Grenze überwunden

Wenn jemand den Trend für Bremen beurteilen kann, dann ist es Ernst Dautert. Er ist Vorsitzender des Gutachterausschusses für Grundstückswerte und stellvertretender Leiter von Geoinformation Bremen. Dank hoher Preise ist eine magische Grenze beim Umsatz überwunden worden. „Wir haben die zwei Milliarden das erste Mal geknackt“, sagt der Experte. Vor zehn Jahren lag der Umsatz noch etwa bei der Hälfte. Jedes Jahr werten Dautert und seine Kollegen Tausende Kaufverträge aus – mehr als 7000 für 2019. Zusätzlich werden Baujahr, Wohnfläche und Zustand recherchiert, Prospekte untersucht. Das Ergebnis ist der Grundstücksmarktbericht. Der beruht damit auf den tatsächlich gezahlten Preisen, während Inserate auf Plattformen oder von Maklern Angebote zeigen. „Das sind die echten Zahlen hier“, sagt Dautert. Zudem gibt der Bericht Einblick in die Unterschiede der Lagen bis hinein in die Stadtteile.

Gerade bei den Reihenhäusern aus dem Altbestand gab es gegenüber dem Vorjahr einen deutlichen Anstieg. Der Kaufpreis in diesem Marktsegment legte im Schnitt um rund 11,8 Prozent zu. Der Index über die Preisentwicklung von Reihenhäusern im Weiterverkauf liegt mit 181,5 so hoch wie seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht. In Bremen ist das Reihenhaus laut Dautert dominant.

Die Stadtteile unterscheiden sich aber, wie der Blick auf den Preis bezogen auf den ­Quadratmeter zeigt. Schwachhausen verzeichnet bei den bevorzugten Wohnlagen in Innenstadtnähe seit vielen Jahren den höchsten Preis. Eine ähnliche Entwicklung gibt es zudem in den Stadtteilen Östliche Vorstadt, ­Findorff und Horn-Lehe. „Was auch bezeichnend ist, dass die Alte Neustadt nicht dem ­allgemeinen Trend gefolgt ist“, sagt Dautert. Das hänge aber einfach mit den Objekten zusammen, die in dem Jahr den Besitzer wechselten.

Wenngleich das Altbremer Haus die Besonderheit ist: Der Markt wird hier wie anderswo von Eigentumswohnungen bestimmt mit einem Anteil von 55 Prozent. In anderen Großstädten erreicht er sogar 60 bis 80 Prozent. „Wir sind hier noch am unteren Level, weil wir eben die Form des Reihenhauses haben“, sagt Experte Dautert. Einen besonders hohen Anstieg gab es beim Weiterverkauf: „Die gebrauchte Eigentumswohnung hat im letzten Jahr noch wesentlich mehr dazugewonnen als die anderen Häuserformen.“ Im Schnitt verteuerten sich diese Objekte in den normalen Stadtteilen (Walle, Gröpelingen, Vahr, Osterholz, Hemelingen, Obervieland, Neustadt, Huchting, Woltmershausen, Blumenthal, ­Vegesack und Burglesum) um mehr als 14 Prozent.

Eigentumswohnungen in guter Lage weniger begehrt

Dagegen gab es bei den neuen Eigentumswohnungen in begehrter Lage ein Minus von 1,9 Prozent, über alle Lagen betrug der Zuwachs 0,4 Prozent. „Da sind wir zum Stillstand gekommen“, sagt Dautert. Hier habe es keine übermäßigen Steigerungen mehr gegeben. Über alle Lagen, auch einschließlich der bevorzugten Stadtteile (Schwachhausen, Oberneuland, Borgfeld, Horn-Lehe, Findorff, Östliche Vorstadt, Mitte, Alte Neustadt und Überseestadt), legten die Wohnungen im Weiterverkauf dagegen um 10,6 Prozent zu.

Jan Kortlepel, Geschäftsführer des Maklers Dahler & Company in Bremen, sagt sogar in Toplagen noch Wachstumschancen voraus. „Wir sehen ganz klar Potenzial in ­Schwachhausen, aber auch in der Neustadt und Findorff. Da ist noch ein bisschen Musik drin.“

Eine Immobilienblase sieht der Experte in Deutschland trotz des Anstiegs nicht entstehen. Denn anders als in den USA seien Häuser und Wohnungen als Eigenheim und ­Anlage solide finanziert mit Eigenmitteln. Es sei zudem genug Kapital am Markt. Die ­Zentralbanken machten keinen Anschein, ihre Politik des günstigen Geldes zu ändern, die den Markt neben der Nachfrage seit Jahren beflügelt. Sogenannte Family Offices ­belasteten Immobilien derzeit sogar, um frisches Kapital für weitere Transaktionen zu bekommen.

In Bremen zeigt sich dabei eine Entwicklung am Immobilienmarkt: Die Eins-a-Lage dehnt sich aus. Stadtteile wie Walle und Findorff profitieren also von den höheren Preisen in der Nachbarschaft. „Was im Umkehrschluss heißt: Wenn der Markt wieder zurückgeht, sind das die ersten Lagen, die wieder rausfallen“, sagt Dautert. In Woltmershausen hat sich der Anstieg noch nicht so deutlich gezeigt. Das könne aber auch am Angebot liegen, weil bevorzugte Wohnschnitte fehlten und es dort bisher klassisch mehr Reihenhäuser mit kleinen Zimmern gab. Das könne sich mit dem Tabakquartier ändern.

Ansteigende Nachfrage bei großzügigen Wohnungen

Großzügige Wohnungen seien gefragt – wie sie nun auch in der Neustadt entstünden. „Das wird auf dem Markt gesucht“, sagt Dautert. Die Bandbreite sei groß: von 50.000 Euro bis zu mehr als eine Million Euro. Das Reihenhaus fange dagegen oft erst bei Preisen von 300.000 bis 350.000 Euro an.

Seit vielen Jahren seien die Preise in Bremen kontinuierlich gestiegen. „Wir haben nach wie vor stabile Verhältnisse“, sagt der Experte zum Immobilienmarkt. Die Mieten gingen jedoch nicht in dem Maße mit. „Irgendwann sind Grenzen der Wirtschaftlichkeit erreicht“, sagt Dautert deshalb. „Die Schere von Miete und Kaufpreis geht immer weiter auseinander.“ In den vergangenen vier Jahren stiegen die ­Mieten zwar leicht. Über den Zeitraum von sechs Jahren gesehen fielen sie aber um 2,8 Prozent.

Von einem Fall der Preise bei Wohnobjekten wegen Corona geht Ernst Dautert derzeit nicht aus. Für solche Prognosen sei es zudem noch zu früh. In Bremen sei die Entwicklung solide verlaufen und erreichte nicht das Niveau anderer Städte, sagt Dautert: „Wir müssen nur nach Hamburg gucken.“ Durchaus beobachtet er derweil das Phänomen, dass Privatverkäufer die Maklergebühr auf den Preis aufschlagen und Angebote „völlig neben dem Markt“ aufrufen. „Das funktioniert eben auch nicht.“

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