Das Land und die Stadtgemeinde Bremen haben nicht nur Schulden, sondern auch Vermögen. Manches wird von Generation zu Generation vererbt, wie das Rathaus oder zentrale Straßen, manches entsteht neu und schmückt das Vermögen wie Hafenanlagen. Letzteres gehört Bremen und hat sich prächtig entwickelt wie beispielsweise auch die Gewoba.
Das Vermögen Bremens lässt sich beziffern, Ende 2016 lag es bei fast zwölf Milliarden Euro. Das sogenannte Umlaufvermögen wird auf knapp 4,4 Milliarden Euro beziffert. Darunter versteht der Buchhalter kurzfristige finanzielle Posten wie beispielsweise Forderungen, die am Tag des Kassensturzes noch nicht beglichen waren.
Dabei kann es sich um finanzielle Ansprüche gegenüber dem Bund aus Steuern handeln, gegenüber Beteiligungen (wie Gesellschaften oder Eigenbetriebe), auch gegenüber Bürgern. Baumaterial, das als Wert im Betriebshof lagert, aber über kurz oder lang verbraucht werden wird, gehört ebenfalls zum Umlaufvermögen.
Diese Vermögensrechnung zeichnet für einen Nicht-Haushälter und Nicht-Bilanzbuchhalter allerdings ein ungenaues Bild, sagt Olaf Diezelmüller, Spezialist für die kaufmännische doppelte Buchführung im Finanzressort. Seit 2010 wird die finanzielle Lage Bremens nicht nur im üblichen kameralen System (in dem Aus- und Einzahlungen veranschlagt werden) verbucht, sondern auch im sogenannten doppischen Rechnungswesen, das in privaten Unternehmen verwendet wird.
„Die Kameralistik kann keinen vollständigen Überblick über Vermögen und Schulden geben“, sagt Diezelmüller, „deshalb machen wir ergänzend einen Jahresabschluss nach kaufmännischen Grundsätzen“. Dafür gebe es eigens entwickelte Methoden, weil sogenannte Gebietskörperschaften wie das Land Bremen keine gewinnorientierten Unternehmen sind.
Kameralistik und Doppik ergänzen sich laut Diezelmüller und erlauben gemeinsam ein umfassendes Bild von der Lage. Beispielsweise tauchen – anders als im doppischen – im kameralen Haushalt Rückstellungen (rund zehn Milliarden Euro) nicht auf – Pensionen, die sich die derzeit aktiven Beamten schon erarbeitet haben und die irgendwann bezahlt werden müssen.
Bremen hat mehr Vermögen, als in der Bilanz verbucht wird
Zudem wird das bremische Vermögen nach seinen Anschaffungskosten bewertet, „das ist ein heiliger Grundsatz aus dem Handelsrecht“ und gilt in dieser Bilanz auch für Beteiligungen und Sondervermögen. Ein Gebäude wie das Rathaus, das theoretisch für viel Geld verkauft werden könnte, ist über 600 Jahre abgeschrieben worden und damit aus Sicht dieser Art von Buchführung nicht mehr wert als einen Euro.
Es hat nur noch einen „Erinnerungswert“, damit es nicht ganz aus der Buchführung fällt. Nicht beziffert wird in der Kameralistik und Doppik die sogenannte stille Reserve, der Wert, den Bremen für Vermögen bekäme, wenn es zu Geld gemacht würde. Um den Wert zu ermitteln, müsste man Gutachten anfertigen lassen – wie etwa für das Parkhaus Mitte.
Kurz: Bremen hat mehr Vermögen, als in der Bilanz verbucht wird. „Diese Art der unterschiedlichen Bewertung ist üblich“, sagt Diezelmüller, „lehnt sie sich doch an den handelsrechtlichen Grundsatz an, dass sich der Kaufmann nicht reicher machen soll, als er ist – hanseatische Bescheidenheit sozusagen“.
Das bremische Vermögen besteht nicht nur aus Gebäuden und Grundstücken, sondern auch aus Forderungen gegenüber anderen (rund eine Milliarde Euro), Guthaben auf Konten bei Banken (2,5 Milliarden), aus Maschinen und Anlagen, Software-Lizenzen, Patenten, Konzessionen oder Anzahlungen. In Bremens kaufmännischer Buchführung tauchen unter Aktiva 33,19 Milliarden Euro auf, darin ist allerdings auch der „nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag“ in Höhe von 21,45 Milliarden Euro enthalten.
„Diesen Betrag müsste Bremen in Eigenkapital nachschießen.“ Die Gewinn-und-Verlust-Rechnung Bremens weist 2016 – wie in vielen Vorjahren – einen Verlust aus. „Das ist für den Unternehmer erst einmal schlecht, weil es sein Eigenkapital mindert.“ Im Land und in der Stadtgemeinde Bremen stellt sich die Situation anders dar, denn laut Diezelmüller existiert dort kein Eigenkapital mehr, es wurde in den Vorjahren aufgebraucht.
Begründet liegt das in eben jenen Verlusten, die Bremen Jahr für Jahr zu verzeichnen hat. „Unsere Erträge reichen nicht aus, um die Aufwendungen zu decken“, selbst wenn die Zinslasten nicht wären. Das wird auch in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung der doppischen Haushaltsbetrachtung überdeutlich.