Mit dem Flieger von Bremen direkt nach Berlin – das war über Jahrzehnte möglich. Unter anderem flogen British European Airways und Pan American World Airways in die Hauptstadt. Zuletzt hatten sich verschiedene Airlines vergeblich an dieser Strecke versucht. Den letzten Flug nach Berlin gab es 2011 mit Ryanair. Wird diese Verbindung vermisst? Eher nicht. Schließlich schafft der ICE die Strecke morgens laut Fahrplan in zwei Stunden und 51 Minuten.
Ginge es nach der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, würde es perspektivisch überhaupt keine Kurzstrecken-Flugangebote innerhalb Deutschlands mehr geben – ein Nachteil aus Sicht der Handelskammer Bremen. "Gute Flugverbindungen sind immer ein Standortvorteil und besonders auch für Geschäftsreisende von Bedeutung", sagt Olaf Orb, Handelskammer-Geschäftsführer für den Bereich Standortpolitik. "Wer einen internationalen Weiterflug vor sich hat, der möchte möglichst schnell zum Drehkreuz gelangen, und dafür sind die Verbindungen von Bremen aus eben einfach sehr gut geeignet." Auf diesen Strecken könne die Bahn nicht mithalten.
Flughafenchef Elmar Kleinert schätzt, dass der Anteil der Geschäftsreisenden auf den innerdeutschen Verbindungen in Bremen in Nicht-Coronazeiten bei etwa 60 Prozent liegt. Die innerdeutschen Verbindungen in Hannover und Bremen sind identisch: Von beiden Airports werden die beiden Drehkreuze München und Frankfurt sowie Stuttgart angeflogen. In Hannover habe es 2019 im innerdeutschen Verkehr 1,055 Millionen Passagiere gegeben, was einen Anteil von 16,8 Prozent am Gesamtvolumen ausmache, so eine Sprecherin.
"Wir sind aber nicht gegen die Bahn – die ist ebenso wichtig", sagt Orb. Wäre die Bahn schneller und nicht so verspätungsanfällig, würde sie sicherlich weitere Flugverbindungen überflüssig machen. Schnell und pünktlich sind aus seiner Sicht in diesem Zusammenhang die entscheidenden Faktoren.
Zug-Verbindungen zu selten auf Abflugzeiten abgestimmt
"Bei uns wird bei Dienstreisen möglichst der Zug genommen", sagt Günther Hörbst, Sprecher vom Bremer Raumfahrtkonzern OHB. Gehe es aber darum, nach München für einen Tagestermin zu kommen, werde geflogen. Wäre der Termin in Frankfurt, mache der Zug Sinn. "Muss man nach München oder Frankfurt für einen Weiterflug, da bietet die Bahn als Zubringer bislang einfach zu wenig Service. Es wäre praktisch, wenn man beispielsweise am Bahnhof sein Gepäck für den Flug aufgeben könnte." Auch seien die Verbindungen zu selten auf die Abflugzeiten abgestimmt.
Auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte angekündigt, Flugreisen unattraktiver machen zu wollen. Wie Baerbock bezieht er das auch auf sogenannte Billigangebote, die etwa den Flug für 29 Euro nach Mallorca ermöglichen. So etwas dürfe es nicht geben, wenn man es mit der Klimapolitik ernst meine, sagt die Kanzlerkandidatin der Grünen. „Eine klimagerechte Besteuerung von Flügen würde solche Dumpingpreise stoppen.“
Laut dem Statistikportal Statista kostete ein Bahnticket in Europa 2017 durchschnittlich 113 Euro und ein Flugticket 260 Euro. Das sei auch auf Deutschland übertragbar, so der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL): Diverse Analysen würden regelmäßig belegen, dass Fliegen nicht günstiger sei als das Bahnfahren. Die Bahnreise sei in 83 Prozent der untersuchten Fälle billiger als der Flug gewesen. Der Sichtweise des BDL schließen sich auch die Flughäfen Hannover und Bremen an, teilten deren Sprecher mit.
Um Dumpingpreise zu verhindern, rät der BDL, dass sich die Bundesregierung für eine EU-Regulierung einsetzen sollte, mit der es untersagt wird, Tickets zu einem Preis unterhalb der anwendbaren Steuern und Gebühren zu verkaufen.
Der innerdeutsche Luftverkehr trägt laut BDL 0,3 Prozent zu den gesamten CO2-Emissionen in Deutschland bei. Zur geforderten Kerosinbesteuerung stellt der Verband fest, dass sich der Gesetzgeber gegen sie ausgesprochen habe, weil sie aufgrund von internationalen Abkommen von Drittstaaten-Airlines hätte umgangen werden können. Deshalb habe sich Deutschland bereits vor zehn Jahren entschieden, eine Luftverkehrsteuer einzuführen, die streckenbezogen sei und alle Airlines einschließe, so der BDL. Sinnvoll für den Klimaschutz wäre, wenn diese Steuer zu einem Klimaschutzinstrument weiterentwickelt werde, und diese Einnahmen für den Systemwechsel hin zu alternativen Kraftstoffen verwendet würden.