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EWE legt Plan auf Eis Wie weiter bei Wasserstoff-Projekten in Bremen und der Region?

Die EWE will den zweiten Elektrolyseur in Bremen nicht mehr bauen. Wie sieht die Zukunft anderer Wasserstoffprojekte in der Region aus? Energieversorger, Pipelinebetreiber und der Konzern Glencore berichten.
28.06.2025, 05:00 Uhr
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Wie weiter bei Wasserstoff-Projekten in Bremen und der Region?
Von Lisa Schröder

Am Elektrolyseur wird weitergearbeitet – als wäre hier gerade nicht die Entscheidung gegen ein Jahrhundertprojekt gefallen. Die Anlage zur Wasserstoffherstellung soll das Bremer Stahlwerk später bei der Dekarbonisierung unterstützen. Das Vorhaben namens "Hybit" entsteht in direkter Nähe zur Hütte beim Kraftwerkstandort der SWB. Vom Energieversorger heißt es: Der Bau werde ungeachtet der derzeitigen Entwicklungen bei Arcelor-Mittal wie vorgesehen umgesetzt.

Dabei hat der Konzern seine Pläne zur Umrüstung der Hütte gerade vorerst auf Eis gelegt. Der Konzern verzichtet damit auf eine Förderung in Milliardenhöhe. Selbst mit dieser Unterstützung sei die Wirtschaftlichkeit der Umstellung nicht ausreichend gegeben.

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In der Folge wird offenbar auch ein Projekt der EWE "auf Eis gelegt": Ein weiterer Elektrolyseur sollte in Bremen gebaut werden – mit noch mehr Leistung. Das wird nun nicht passieren. Es werden Alternativen geprüft. Der Oldenburger Energieversorger verweist auf aktuelle Marktbedingungen. Andere Wasserstoffvorhaben in der Region sollen aber weiterverfolgt werden. Die EWE sieht den Ball nun im Spielfeld der Politik liegen. "Die Absage eines mit Milliardenförderung geplanten Vorhabens zeigt, wie groß die Verunsicherung selbst bei einem Leuchtturmprojekt derzeit ist", teilt Sprecher Dietmar Bücker mit. Es brauche nun schnelles Handeln, um das Vertrauen in den politischen Willen zur Dekarbonisierung der Industrie zurückzugewinnen. Die Energiewirtschaft und Industrie könnten den Hochlauf beim Wasserstoff nicht allein stemmen. Unter anderem müsse es darum gehen, wettbewerbsfähige Strompreise für die Elektrolyse zu schaffen.

Als "Weckruf in Richtung der Politik" sieht auch die SWB die Entscheidung des Konzerns gegen die bisher geplante Transformation. Die Dekarbonisierung mittels erneuerbarem Strom und Wasserstoff stelle die Industrie hierzulande weiterhin vor große Herausforderungen: "Nicht aufgrund fehlender technischer Konzepte, sondern weil überregulierte, nationale und europäische Auflagen die Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energieträger, wie beispielsweise Wasserstoff, negativ beeinflussen."

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Für "Hybit" soll es aber weitergehen. Der Elektrolyseur ist ein Gemeinschaftsprojekt von SWB, EWE und Arcelor-Mittal Bremen. "Der dort erzeugte Wasserstoff soll zukünftig flexibel in bereits vorhandene Prozesse von Arcelor-Mittal integriert und an Dritte geliefert werden", sagt der Sprecher der SWB, Niklas Oberbach. Auch Arcelor-Mittal selbst hält daran fest: Das Elektrolyseprojekt "steht für uns außer Frage", teilt Sprecherin Marion Müller-Achterberg mit. "Der Wasserstoff ist für die Versorgung bereits vorhandener Anlagen fest eingeplant."

Der 10-Megawatt-Elektrolyseur sollte der Grundstein für die grüne Stahlproduktion im Nordwesten sein, um schließlich große Mengen an Kohlendioxid einzusparen. Die Elektrolysekapazitäten sollten Schritt für Schritt in den dreistelligen Megawattbereich ausgebaut werden. Die Überzeugung der Energieversorger hat sich Oberbach zufolge nicht geändert: "Für EWE und SWB bleibt grüner Wasserstoff unverzichtbar für die Dekarbonisierung der Industrie und eine zukunftssichere Energieversorgung."

Für uns kommt die Entscheidung nicht ganz überraschend.
Sprecher von Gasunie

Auch Pipelinebetreiber Gasunie hält an seinen Plänen fest, hier ein Wasserstoffnetz aufzubauen – an das auch Bremen angeschlossen werden soll. "Für uns kommt die Entscheidung nicht ganz überraschend", sagt Philipp von Bergmann-Korn von Gasunie zum vorläufigen Ende der Pläne des Stahlherstellers. Die Rahmenbedingungen für den Hochlauf von Wasserstoff seien noch nicht ausreichend. "Es liegt allerdings auch in der Natur der aktuellen Transformationsphase, dass Entwicklungen nicht immer wie geplant verlaufen und es nach vielen Fortschritten auch zu Rückschritten in der Wasserstoffhochlaufphase kommen kann", sagt der Sprecher von Gasunie. Selbstverständlich sei die Entscheidung von Marktakteuren zu akzeptieren: "Wir sehen allerdings, dass andere Unternehmen – auch aus der Stahlindustrie – ihre Wasserstoffaktivitäten weiterverfolgen."

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Gasunie geht als Infrastrukturbetreiber in Vorleistung. Für das zukünftige Wasserstoffnetz im Nordwesten gibt es ebenfalls eine Förderung. Hyperlink heißt das Projekt mit einer stolzen Länge von fast 1000 Kilometern. Zu 60 Prozent werden dabei bestehende Leitungen genutzt. Diese Bemühungen fruchten allerdings nur, wenn die Unternehmen den Wasserstoff später nutzen wollen. Grundsätzlich hätten Ankerkunden wie Arcelor-Mittal eine große Bedeutung für die Entwicklung des Wasserstoffhochlaufs. "Wir bauen das Netz aber nicht ausschließlich für diese Abnehmer", sagt der Unternehmenssprecher von Gasunie. Wasserstoff sei ein zentraler Baustein der Dekarbonisierung in Deutschland.

Das Team von Glencore Nordenham ist verliebt ins Gelingen.
Thomas Hüser, Glencore

Und wie schauen derzeit Unternehmen in der Region mit ähnlichen Vorhaben in die Zukunft? In Nordenham will Glencore künftig klimafreundlich Blei herstellen – eine Herausforderung für die Hütte. Glencore hat einen Klimaschutzvertrag mit der Bundesregierung geschlossen: 360 Millionen Euro Unterstützung sind vorgesehen. "Wir sind voll im Zeitplan und erarbeiten die technischen Grundlagen für die Transformation", sagt Geschäftsführer Thomas Hüser.

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Der Hüttenchef ist mit den Fortschritten zufrieden. Hüser sagt aber auch: "Es liegt noch eine lange Strecke vor uns, bis wir 2032 oder 2033 auf Wasserstoff umstellen können." Es werde an einer Gleichung mit vielen Unbekannten gearbeitet: Keiner weiß, wie sich die Wasserstoffpreise entwickeln. Das Projekt hier solle aber ein Erfolg werden: "Das Team von Glencore Nordenham ist verliebt ins Gelingen."

Auch Arcelor-Mittal will die Dekarbonisierung in Europa schrittweise verfolgen. So ist für Bremen weiterhin der Bau eines Elektroschmelzofens geplant. „Unser Ziel ist es, Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit zusammenzubringen", sagte Reiner Blaschek, im Konzern für Flachstahl in Europa verantwortlich und zuvor lange Chef des Bremer Standorts, dem "Handelsblatt": "Eine Dekarbonisierung um jeden Preis führt in die Irre.“

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