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Fehlende Einnahmen Jade-Weser-Port wird für Bremen teurer

Dem Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven fehlen Einnahmen. Deshalb müssen die Anteilseigner Niedersachsen und Bremen Millionenbeträge zuschießen.
01.12.2020, 19:38 Uhr
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Jade-Weser-Port wird für Bremen teurer
Von Peter Hanuschke

Der Jade-Weser-Port (JWP) in Wilhelmshaven, Deutschlands einziger Tiefwasserhafen, der 2012 seinen Betrieb aufnahm, ist seitdem noch nie richtig in Fahrt gekommen. Das war anders kalkuliert, es fehlen Einnahmen. In den ersten Betriebsjahren wurden nur 25 Prozent der möglichen Kapazitäten ausgeschöpft. In den nächsten Jahren werden die JWP-Anteilseigner – Niedersachsen (50,1 Prozent) und Bremen (49,9 Prozent) – Millionen-Beträge nachschießen, denn die Liquiditätsreserven der Jade-Weser-Port Realisierungs GmbH werden noch im laufenden Geschäftsjahr ausgeschöpft sein. Die Beiträge von der Weser werden dabei zulasten des Hafenbudgets gehen, das für die bremischen Häfen vorgesehen ist. Das geht aus einer Vorlage hervor, über die der Bremer Senat an diesem Dienstag beschlossen hat. Kritik am Senatsbeschluss kommt von der Bremischen Hafenvertretung.

Erheblicher Baggeraufwand

Aber nicht nur die fehlenden Einnahmen durch die geringe Auslastung werden die Anteilseigner anteilig kompensieren müssen: Denn anders als bei der Errichtung des Hafens angenommen, ist ein erheblicher Baggeraufwand zur kontinuierlichen Erhaltung der Wassertiefen erforderlich. Die Kosten dafür betrugen in der Vergangenheit etwa zwei bis vier Millionen Euro jährlich. In den kommenden Jahren wird von der Geschäftsführung sogar ein weiterer Anstieg der Baggeraufwendungen angenommen.

„Dass die Kosten zunehmen werden liegt daran, dass sich die Sedimentation in den letzten Jahren verändert hat und die Klappstellen künftig gegebenenfalls weiter draußen auf See sind“, sagte Holger Banik, Geschäftsführer der Jade-Weser-Port Realisierungs GmbH, auf Nachfrage des WESER-KURIER. „Dies wird uns in Rechnung gestellt. Anders als beispielsweise in den bremischen Häfen haben wir keine eigene Baggerflotte. Wir müssen die kompletten Leistungen ausschreiben. Im Übrigen überwachen wir laufend die Kosten für Unterhaltungsbaggerungen, um einen wirtschaftlichen Mitteleinsatz sicherstellen und Einsparpotenziale identifizieren zu können.“

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Die Höhe der Baggeraufwendungen vor der Kaje sei abhängig von unterschiedlich­sten Faktoren und könne nur bedingt im Voraus geplant werden, so Banik weiter. „Die tatsächlich vorhandenen Gewässerstrukturen im Zusammenhang mit der Tide und anderen Einflussfaktoren wie Jahreszeiten und Temperatur lassen sich nicht im vollen Umfang und mit allen Eventualitäten in einem theoretischen Modell abbilden. Die Natur schreibt auch in diesem Fall ihre eigenen Gesetze.“

Der Umschlag hatte sich am JWP nach einem zögerlichen Start zwischen 2016 und 2018 leicht positiv entwickelt. Er lag bei 480.000 beziehungsweise 657 000 Standardcontainern (TEU). Im vergangenen Jahr war er mit 644.000 TEU zurückgegangenen.

Kürzung bei Projekten in den stadtbremischen Häfen

Dass die bremische Kapitalzuführung aus dem Sondervermögen Hafen erfolgen soll, das hatte sich Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) anders vorgestellt. Die Finanzierung der Kapitalzuführung konnte trotz Anmeldung durch das zuständige Fachressort in der Haushaltsaufstellung nicht berücksichtigt werden. Damit die Kapitalzuführung trotzdem vom Sondervermögen Hafen geleistet werden kann, ist eine Kürzung bei Projekten in den stadtbremischen Häfen erforderlich.

Laut Senatsvorlage muss auch in den Folgejahren mit Kürzungen bei den Instandhaltungskosten in den bremischen Häfen gerechnet werden, da der JWP voraussichtlich auch infolge der Umbrüche im Containerverkehr – bedingt durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie – dauerhaft auf Finanzierungsbeiträge angewiesen sein wird.

Insgesamt liegt der Zuschussbedarf, den Niedersachsen und Bremen anteilig übernehmen, bei 22 Millionen Euro. Er bezieht sich auf den Zeitraum 2020 bis 2024. Der Bau des Jade-Weser-Ports hatte knapp eine Milliarde Euro gekostet.

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„Die Beteiligung am JWP erweist sich immer mehr als Millionengrab“, kritisiert BHV-Präsidiumssprecher Christoph Bruns. Bremen finanziere die eigene Konkurrenz. Das sei politisch nur schwer vertretbar. Da sich die Rahmenbedingungen für die bremische Beteiligung komplett verändert hätten, sollte der Senat eine transparente Bestandsaufnahme über Kosten und Nutzen durchführen. „Daher ist, wie in der Senatsvorlage bereits mit aufgenommen, die Beteiligung des Landes Bremen kritisch zu prüfen.“ Der Jade-Weser-Port sei vor 20 Jahren als Ergänzungshafen für Bremerhaven geplant worden. Die Umschlagerwartungen, die der Planung zugrunde lagen, seien weit verfehlt worden. In der heutigen Situation finanziere der Senat mit bremischem Steuergeld die Konkurrenz für den Containerterminal in Bremerhaven. „Es ist Zeit sich hier ehrlich zu machen und mit Niedersachsen eine Neuaufstellung des Hafens zu vereinbaren.“

Man sei in diesem Jahr in der Lage, die erforderliche Kapitalzuführung in Höhe von knapp zwei Millionen Euro zu finanzieren, ohne Mittel aktiv von anderen Projekten abziehen zu müssen, so Staatsrat Tim Cordßen (SPD), der auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der JWP Realisierungs GmbH ist. Insofern stehe die Erfüllung der Verpflichtungen, die man als Gesellschafter habe, nicht im Widerspruch zum klaren Investitionskurs in den bremischen Häfen. Dennoch sei die Situation am JWP unbefriedigend und liege seit Langem unter den Erwartungen. „Daher werden wir als Gesellschafter die weitere Entwicklung sehr genau prüfen und hinterfragen müssen, ob das Engagement der Freien Hansestadt Bremen am JWP nach wie vor die richtige Strategie ist. Dies sind aber keine Entscheidungen, die über das Knie gebrochen werden sollten.“

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