Putzen und reinigen zu Zeiten, in denen andere längst Feierabend haben oder morgens noch im Bett liegen. Bei den Gebäudereinigern gehört das zum Handwerk dazu. Und jetzt zum 100. Geburtstag ihrer Landesinnung stellen die Betriebe aus Bremen und aus dem Nordwesten Niedersachsen mehr Wertschätzung für ihr Handwerk fest - und das habe mit der Pandemie zu tun. So sagt es Bremens Innungsmeister Nils Bogdol mit Rückblick auf die vergangenen zwei Jahre: "Im Zuge der Coronaphase habe es einen neuen Fokus auf Hygiene und Sauberkeit jenseits der Kostenthematik gegeben."
Doch das ändere nichts an den Arbeitszeiten, gibt Bogdol zu bedenken: "Abends zwischen 18 und 22 Uhr reinigen zu müssen, ist zum Beispiel eine soziale Herausforderung für Mütter mit Kindern." Dafür sei es schwer, Mitarbeiter zu finden. Andere Länder demonstrieren, wie es anders gehen kann. "In Skandinavien ist eine Gebäudereinigung am frühen Morgen und späten Abend schon seit vielen Jahren nicht mehr üblich. Dort ist tagbegleitende Reinigung in Krankenhäusern, Bahnhöfen und im Flughafen selbstverständlich." In Deutschland ist eine Begegnung zwischen Büroarbeitern und Reinigungskraft noch eher unüblich. Daytime cleaning ist aber auch hier das Wort der Stunde - wenn auch mit leisen und kabellosen Staubsaugern, um die Betriebsabläufe nicht groß zu stören.
Bundesinnungsmeister Thomas Dietrich sieht, dass es mit dem Nachwuchs hakt: die Besetzung von Ausbildungs-, Midijob- und Vollzeitstellen stelle die Branche vor Herausforderungen. Supermärkte oder Logistikunternehmen machten Reinigungsfirmen mit gestiegenen Löhnen Konkurrenz. "Bei Amazon liegt der Lohn etwa bei 13,50 Euro. Die haben uns links überholt, unsere Stellen müssen wieder attraktiver werden", erklärte Dietrich. In den letzten Jahren lag der brancheninterne Mindestlohn der Innung zufolge weit über dem gesetzlichen Mindestlohn, durch die sukzessive Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns im Laufe des Jahres müsse nun nachgebessert werden.
Einen Aspekt fügt Dietrich noch an, und der habe mit der Vielfalt der Branche zu tun: "Wir haben uns schon früh mit dem Thema Integration beschäftigt. In meinem Unternehmen sind 76 Nationen tätig." Am Donnerstag hat die Innung, zu der rund 100 Mitglieder gehören, ihr rundes Jubiläum im Bremer Parkhotel gefeiert. Am Freitag geht es in Bremen weiter mit der Mitgliederversammlung des Bundesinnungsverbands. Er vertritt mit 2500 Betrieben etwa 85 Prozent der Branche.