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Für 22,5 Millionen Euro Kaiserschleuse muss wieder repariert werden

Erst 2011 wurde die Kaiserschleuse in Bremerhaven für 230 Millionen Euro repariert. Sechs Jahre später muss sie erneut saniert werden, die Bauunternehmer bleiben die gleichen.
14.08.2017, 18:59 Uhr
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Kaiserschleuse muss wieder repariert werden
Von Peter Hanuschke

Bauwerke, die einzigartig und teuer sind, werden häufig als Jahrhundertbauwerk betitelt. Auch die Kaiserschleuse in Bremerhaven gehört zu dieser Kategorie. Doch das Ende 2011 für mehr als 230 Millionen Euro fertiggestellte Bauwerk wird dieser Bezeichnung nicht gerecht. Es offenbart Schwächen. Die Schleuse musste bereits wegen starker Abnutzung für 13 Monate stillgelegt und repariert werden – der Schiffsverkehr in den Überseehafen erfolgte über die alte Nordschleuse. Damit nicht genug: Es soll nun eine erneute Zwangspause erfolgen, um die eigentliche Ursache für die Abnutzung zu beheben.

Die reparaturanfällige Schleuse spielt an diesem Dienstag auch in einer Senatsvorlage eine Rolle. In der Kleinen Anfrage der FDP geht es allerdings ausschließlich um Vergangenheitsbewältigung. Die FDP wollte vor allem wissen, weshalb nicht die stadtbremische Hafengesellschaft Bremenports die Planung und Konzeption der Schleuse umgesetzt hat, sondern die Arbeitsgemeinschaft (Arge) aus Hochtief, Strabag und August Prien beauftragt wurde. Antwort: Dafür gab es einen Senatsbeschluss aus dem Jahr 2005. Bremenports hatte auf dessen Grundlage ein Ausschreibungsverfahren in Form eines wettbewerblichen Dialogs in Gang gesetzt, das „nach den damaligen einschlägigen bundesrechtlichen Regelungen als geeignete Vergabeform für die Kaiserschleuse bewertet wurde“.

"Wir haben eine funktionierende Schleuse bestellt, sie aber nicht bekommen"

Was die Zukunft der Kaiserschleuse angeht, ist derzeit die Arge gefordert. In Kooperation mit Bremenports sucht sie nach einer technischen Lösung, die einen langfristigen störungsfreien Schleusenbetrieb in und aus dem Überseehafen gewährleistet. Apropos Gewährleistung – da sieht Bremenports-Geschäftsführer Robert Howe eindeutig die Arge in der Pflicht, wie er in der Vergangenheit mehrfach betont hatte und auch schon in einem Bremenports-Geschäftsbericht aus dem Jahr 2015 zum Ausdruck brachte: „Wir haben eine funktionierende Schleuse bestellt, sie aber nicht bekommen.“

Trotz dieser deutlichen Einschätzung beteiligt sich Bremen an allen Reparaturkosten, darauf hatte sich vor der Sommerpause der Hafen- beziehungsweise der Haushalts- und Finanzausschuss verständigt. Danach übernimmt Bremen ein Drittel und die Arge zwei Drittel der Kosten. Insgesamt geht es um ein Volumen von 22,5 Millionen Euro.

Wirtschaftsressort will langjährigen Prozess vor Gericht vermeiden

In dieser Summe enthalten sind die etwa 14 Millionen Euro für die erste Reparatur und die Kosten für die künftigen Arbeiten. Die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Häfen habe höchste Priorität, hieß es vonseiten des Wirtschaftsressorts zum nun gewählten Prozedere: So vermeide man einen langjährigen Prozess vor Gericht. Zudem behalte Bremen Ansprüche gegenüber dem Konsortium, falls sich herausstelle, dass das Problem nicht gelöst werden kann.

Zwar habe die gemeinsame Arbeitsgruppe bereits einmal getagt, aber es stehe noch nicht fest, was an der Konstruktion verändert werden müsse, sagte Bremenports-Sprecher Holger Bruns auf Nachfrage des WESER-KURIER. Das sei ein offener Prozess. Ziel sei es, dass die baulichen Maßnahmen 2018 und 2019 erfolgen. Bei Bremenports geht man davon aus, dass es nicht zu einer langen Sperrung der Kaiserschleuse kommen wird, wie bei der ersten Reparatur. „Wir gehen in diesem Fall vorbereitet ran.“ Insofern können die benötigten Stahlteile so bestellt werden, dass sie auch gleich zu Beginn zur Verfügung stehen.

Abnutzung hätte erst in 30 Jahren auftreten dürfen

In der Vergangenheit war das nicht der Fall. Die Probleme an der Schleuse waren nämlich zufällig bei Routineuntersuchungen aufgefallen: Im Oktober 2014 hatte ein Taucherteam von Bremenports Schäden an den Unterwasser-Schienen und an deren Verankerung am weserseitigen Schleusentor – dem Außenhaupt – festgestellt. Betroffen war auch das Binnenhaupt. Das stellte sich allerdings erst ein halbes Jahr später heraus. Aufgrund der Erfahrungen mit dem Außenhaupt sei man bereits davon ausgegangen, dass auch am Binnenhaupt ähnliche Schäden auftreten werden, hatte Howe damals erklärt. Schließlich sei dort das gleiche Rad-Schienen-System eingesetzt worden. Allerdings habe die Hafengesellschaft die entsprechenden Arbeiten erst ein oder zwei Jahre später erwartet, weil die Druckbelastungen am Binnenhaupt wesentlich geringer seien als am Außenhaupt. In beiden Fällen hat das Schadensbild laut Bremenports erkennen lassen, dass der Defekt nicht durch eine unsachgemäße Bedienung der Schleuse entstehen konnte. Die Schienenabnutzung, die an der Kante bereits 17 Millimeter aufwies, hätte erst in 30 Jahren auftreten dürfen.

Nach der Reparatur stand bei Bremenports gleich fest, dass der Mangel dadurch noch nicht behoben sei. Und schon damals hat man sich aufgemacht, zusammen mit der Arge nach einer konstruktiven technischen Lösung zu suchen. Als eine Sofortmaßnahme wurde im Rahmen der Reparatur das Gewicht der Tore von jeweils etwa 2200 Tonnen „deutlich“ verringert, um die Belastung für die Unterwagenschienen zu reduzieren.

Weshalb Bremenports nun auch bei der Fehlerbehebung erneut auf die Arge setzt, sei dadurch begründet, so Bruns, weil das Know-how hinsichtlich Design und Konstruktion beim Konsortium liege. Dritte müssten sich mindestens ein Jahr einarbeiten, bis sie überhaupt in der Lage wären, die Konstruktion so einzuordnen, um daraus die richtigen Schlüsse für notwendige Veränderungen ziehen zu können. Das hatte Howe bereits vor ein paar Wochen erklärt.

Mehrausgaben bleiben bei der Arge

Finde die technische Arbeitsgruppe am Ende eine Lösung, die über die beschlossenen 22,5 Millionen Euro hinausgehe, würden diese Mehrausgaben bei der Arge verbleiben, so Bruns. Die Vereinbarung unterliege sozusagen aus Sicht von Bremenports einer Kosten-Deckelung.

Wird die Kaiserschleuse erneut gesperrt, muss für diese Zeit wieder die Nordschleuse herhalten. Dass das Bauwerk nach wie vor gut funktioniert, zeigte sich vor allem auch in den vergangenen Wochen: Im Juli gab es dort 293 Schleusungen, in der Kaiserschleuse waren es nur 134. Die Nordschleuse wird derzeit wesentlich häufiger genutzt, weil vermehrt Autotransporter für den Export Bremerhaven verlassen und die Schleuse strategisch besser vom Nordhafen aus erreichbar ist.

Eines wird deutlich: Die Nordschleuse verdient auf jeden Fall die Bezeichnung Jahrhundertbauwerk – schließlich funktioniert sie schon seit 1932.

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