Gegen die geplante Ausbildungsabgabe haben fünf Kammern am Mittwochvormittag Klage beim Bremer Staatsgerichtshof eingereicht. Sie sehen gute Chancen auf Erfolg für ihren sogenannten Normenkontrollantrag. Details dazu haben sie am Mittwochvormittag bei einer Pressekonferenz in der Handelskammer erläutert. An der Klage beteiligen sich neben der Handelskammer und der Handwerkskammer auch die Apothekerkammer, die Hanseatische Rechtsanwaltskammer Bremen und die Zahnärztekammer.
Sie sehen den geplanten Ausbildungsfonds als nicht verhältnismäßig an, außerdem überschreite das Land Bremen damit seine Gesetzgebungskompetenz. Kammer-Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger nannte dazu auch die Ausbildungsgarantie, die Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf Bundesebene anstrebe. Diese stehe in Konkurrenz zu Bremens Plan. Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht sagte: "Der Fonds wird die Bürokratie erhöhen und nicht zur Verbesserung auf dem Ausbildungsmarkt beitragen." Mit der Klage soll geprüft werden, wie konform das Gesetz ist mit der bremischen Landesverfassung.
Ein weiterer Punkt: Die Erhebung einer Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion kann laut Fonger nur unter bestimmten, sehr engen Voraussetzungen erfolgen: "Eine der Voraussetzungen ist die gruppennützige Verwendung, die nicht gewährleistet ist. Diese ist notwendig, um eine Verknüpfung zwischen den Belastungen und den Begünstigungen herzustellen und dadurch die zusätzliche Belastung der betroffenen Unternehmen über bestehende Steuern hinaus zu rechtfertigen."
Handwerkskammer-Präses Thomas Kurzke machte ebenso deutlich, dass in seiner Branche eine überwältigende Mehrheit der Arbeitgeber den Ausbildungsfonds entschieden ablehnt: "Mit dem Ausbildungsfonds mischt sich die Regierung in ein Gebiet ein, das nach den bewährten Regeln unserer Volkswirtschaft eindeutig den Tarifparteien überlassen bleiben sollte." Statt eines "kostspieligen" und "bürokratischen" Ausbildungsfonds sollte man laut Kurzke lieber vorhandene Instrumente zur Unterstützung Jugendlicher im Rahmen der 2021 geschlossenen Vereinbarung "Ausbildung innovativ" nutzen.
Der Obermeister der Bremer Kfz-Innung, Hans Jörg Kossmann, stellt die geplante Ausbildungsabgabe infrage: "Der Fonds geht am Grundproblem auf dem Ausbildungsmarkt völlig vorbei. Es gibt nicht zu wenige Ausbildungsplätze, sondern zu wenige geeignete Bewerberinnen und Bewerber. Daran kann auch das viele Geld, das man mit dem Ausbildungsfonds bei den Betrieben einsammeln will, nichts ändern." Die Betriebe unterstützen die Azubis schon jetzt dabei, dass sie während ihrer Ausbildung durch Nachhilfeunterricht einiges aufholen, was sie von der Schule nicht mitgebracht hätten. "Aber ein Mindestmaß an Schulbildung und sozialer Kompetenz müssen die Bewerber schon mitbringen, damit sie eine reale Chance auf einen erfolgreichen Abschluss der Ausbildung haben." Laut Kossmann empfinden die Betriebe diesen Ausbildungsfonds als Bestrafung, wenn sie keinen Azubi finden und anschließend in den Fonds einzahlen müssen, weil sie nicht ausbilden. Handelskammer-Präses Dubbers-Albrecht stellte jedoch auch fest: "Wir haben aber auch viele tolle junge Menschen in den Betrieben, die eine Ausbildung machen." Denn es gebe auch diejenigen, die man gern im Betrieb hat, und die man im Anschluss an die Ausbildung gern halten möchte.
Betriebe ab fünf Beschäftigte müssen einzahlen
Das Gesetz zum Ausbildungsfonds sieht vor: Ab August 2024 sollen Betriebe ab fünf Beschäftigten aufwärts 0,3 Prozent ihrer Bruttolohnsumme in den Fonds einzahlen. Für jeden Azubi erhalten sie im Gegenzug pro Jahr 2500 Euro. Die Mittel aus dem Fonds sollen außerdem dazu dienen, zum Beispiel pädagogische Unterstützung für lernschwächere Azubis zu finanzieren. Nun muss der Staatsgerichtshof darüber entscheiden.
Dazu sagt Anwalt Axel Adamietz, Vizepräsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Bremen: "Die Mitglieder müssen erst mal von der sich gerade erst konstituierten Bürgerschaft gewählt werden." Das wird frühestens nach den Sommerferien der Fall sein.
Arbeitssenatorin Claudia Schilling (SPD) ist von der Klage nicht überrascht, weil die Handelskammer sie bereits angekündigt hatte: "Wir sind weiterhin von der Rechtmäßigkeit des Gesetzes zur Errichtung des Ausbildungsunterstützungsfonds überzeugt. Wir werden uns die Argumentation der Kammern nun genau ansehen und dann über mögliche weitere Schritte entscheiden." Sie wolle zu dem Thema zeitnah mit allen Beteiligten ins Gespräch kommen und die gute Zusammenarbeit mit den Kammern fortsetzen. Peer Rosenthal, Hauptgeschäftsführer der Bremer Arbeitnehmerkammer sieht den Fonds als Baustein, um die duale Ausbildung zu stärken: "Wir haben viel zu viele junge Menschen ohne Berufsabschluss, gleichzeitig haben wir einen hohen Fachkräftebedarf." Um dieses Dilemma zu überwinden, sei der Fonds eine gute Lösung für Bremen und Bremerhaven.
+++ Dieser Artikel wurde am 12. Juli um 19.30 Uhr aktualisiert +++