Ob die Deutschen wirklich mehr Sex hatten oder einfach nur Präservative hamsterten? Dazu liegt keine Untersuchung vor. Zu Beginn der Corona-Krise jedenfalls kauften die Menschen hierzulande mehr Kondome und Sexspielzeuge. Das berichten mehrere Hersteller. Darunter sind auch die in Niedersachsen ansässigen Branchengrößen Mapa und CPR.
Besonders gut lief es für den Bremer Sexspielzeug-Hersteller Fun Factory. „Unsere Umsätze im Onlineshop sind seit März kontinuierlich gewachsen“, berichtet Kristy Stahlberg, Sprecherin von Fun Factory. Teilweise habe die Manufaktur zwischen März und April Steigerungen von bis zu 150 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Auch im Mai hielt der Trend an: Stahlberg zufolge lagen die Online-Verkäufe 40 Prozent über denen im Vorjahr.
Auf Platz eins bei den Verkäufen war jedoch ein Artikel, der nichts mit Sex zu tun hat: die Menstruationstasse, eine Alternative zu Tampons und Binden. Auf Platz zwei seien Sexspielzeuge für Paare gelandet – etwa ein „Masturbator“ für Männer in Form von Krabbenscheren. Auch ein kleiner Auflagevibrator kam gut an. „Die Menschen haben neue Dinge ausprobiert“, sagt Stahlberg.
Verdoppelung des Umsatzes
Auch die Konkurrenz des Bremer Herstellers verzeichnet Zugewinne. So waren die „Womanizer“-Vibratoren nach Angaben des gleichnamigen Herstellers während des Lockdowns stärker gefragt als zuvor. Die Verkäufe übertrafen die Erwartungen demnach im März, April und Mai um mehr als 40 Prozent. Das Sexspielzeug „Womanizer“ wurde in Niederbayern entwickelt und schnell zum Verkaufserfolg.
Hergestellt werden die Vibratoren nicht mehr in Deutschland, sondern in Asien, wie der Hersteller mitteilte.Kondome waren gerade zu Beginn der Pandemie gefragt. Der Kondom-Hersteller Ritex aus Bielefeld meldete etwa für den Monat März eine Verdoppelung des Umsatzes im Vergleich zum Vorjahresmonat. Nach Einschätzung von Ritex-Geschäftsführer Robert Richter werden bundesweit ein Viertel der Kondome in der Prostitution verbraucht.
Die Marke Ritex sei jedoch überwiegend im Einzelhandel aktiv und habe Käufer ab Mitte 20, die tendenziell in festen Partnerschaften seien. Diese hätten höchstwahrscheinlich zu Beginn der Krise Vorratskäufe getätigt. „Ich vermute, dass Paare in festen Partnerschaften auch mehr Sex hatten, sonst müssten die Umsatzzahlen jetzt doch einbrechen“, sagt der 39-Jährige. Sie liegen Richter zufolge aber immer noch im einstelligen Bereich über dem Vorjahresmonat.
Auch das Unternehmen Mapa in Zeven, das unter anderem die Kondom-Marke Billy Boy herstellt, geht von Hamsterkäufen zu Beginn der Pandemie aus. Auf die sei dann durch den Lockdown ein niedrigerer Umsatz gefolgt. Mittlerweile pendele es sich alles wieder auf das gewohnte Niveau ein, heißt es. Bei dem nach eigenen Angaben größten Kondomhersteller in Europa, CPR in Sarstedt südlich von Hannover, läuft die Produktion rund um die Uhr.
Pro Sekunde werden etwa acht Kondome produziert: Insgesamt 7000 Glasformen werden in flüssigen Kautschuk getaucht, der Latexfilm setzt sich an den Gläsern ab und wird fest. Zum Schluss werden die Gummis mit Bürsten abgestreift, gewaschen und verpackt. Das Unternehmen produziert Eigenmarken für Drogerie- und Lebensmittelmärkte und hat einen eigenen Onlineshop. „Dort merken wir seit Corona eine gestiegene Nachfrage, dafür ist die Prostitution komplett weggebrochen“, berichtet CPR-Geschäftsführer Michael Kesselring. Nach seiner Einschätzung macht der käufliche Sex rund 20 Prozent des Kondommarktes in Deutschland aus.
Lieferschwierigkeiten für den deutschen Markt sieht er derzeit nicht. Die gestiegene Nachfrage nach Kondomen bezeichnet der Arbeitgeberverband der Deutschen Kautschukindustrie in Hannover als einen der „Lichtblicke in dieser schwierigen Zeit“. Die Kautschuk-Branche ist stark von der Automobilindustrie abhängig. Mit dem Lockdown habe auch sie einen „Schock“ erlebt, hieß es von Verbandsseite.
Nur geringfügige Auswirkungen der Pandemie verzeichnet etwa Joydivision, Hersteller von Gleitgel und anderen Sexpräparaten mit Sitz in Hannover. Umsätze für Gleitgele und etwa Fesselbedarf seien nicht signifikant gestiegen, sagt Angela Mohlfeld, Sprecherin von Joydivision. Deutlich mehr nachgefragt wurde demnach ein Reinigungsmittel für Sexspielzeuge. „Zweckentfremdet“, vermutet Mohlfeld. Denn bei dem Reiniger handle es sich um ein Desinfektionsspray, mit dem man auch andere Flächen reinigen könne.
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