Alltagstaugliche Elektroautos (E-Autos), also solche, die auch von immer mehr Verbrauchern akzeptiert werden, gibt es noch nicht lange. Der Markt ist verhältnismäßig jung verglichen mit herkömmlichen Verbrenner-Autos. Die Auswahl an E-Neufahrzeugen wird immer größer. Doch wie sieht es mit dem Stromer-Gebrauchtwagenmarkt aus? Der ist in Bremen und Niedersachsen kaum vorhanden. Das gilt auch für ganz Deutschland.
Das Model Y von Tesla war im vergangenen Jahr das beliebteste Elektroauto in Deutschland. Nach Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) in Flensburg gab es etwa 35.000 Neuzulassungen. Platz zwei belegt mit dem Model 3 ebenfalls ein Fahrzeug aus dem Hause Tesla (33.800 Zulassungen). Dahinter liegt der Fiat 500e (29.600), gefolgt von der Reihe ID.4/ID.5 von Volkswagen mit 24.800 Neuzulassungen. Wer eines dieser Modelle als Gebrauchtwagen haben möchte, der wird schon fündig, sinnvoll ist aber eine bundesweite Suche, um eine etwas größere Auswahl zu bekommen.
Wie viele Treffer gibt es auf entsprechenden Plattformen?
Beim ID.4 Baujahr 2022 ergab die Suche beispielsweise auf der Internetplattform von mobile.de an diesem Donnerstag 267 Treffer. Bei der Umkreissuche – Radius von 100 Kilometer – mit der Bremer Postleitzahl 28195 sind es 16 Autos. Beim Model Y, auch Baujahr 2022, kommt die Suchmaschine mit diesen Suchkriterien auf 33 Treffer, bundesweit werden 389 gebrauchte Fahrzeuge dieses Modells angeboten. Dass der Markt noch ziemlich übersichtlich ist, zeigt ein Vergleich zum beliebtesten Auto mit Verbrennermotor: Laut KBA verzeichnete der VW Golf etwa 84.000 Neuzulassungen im Jahr 2022. Wer einen gebrauchten Golf Baujahr 2022 sucht, findet 6538 Treffer bei der bundesweiten Suche, bei der Umkreissuche sind es 454 Angebote.
Wie ordnet der Handel den E-Auto-Gebrauchtmarkt ein?
Es gebe inzwischen einen Markt insbesondere für verfügbare Klein- und Mittelklassefahrzeuge, gerade auch in Verbindung mit der aktuellen staatlichen Fördermaßnahme für Ladeinfrastruktur, sagt Harm Fischer, Vertriebsvorstand der Autohausgruppe Schmidt und Koch. Das Angebot bestehe derzeit aber überwiegend aus jüngeren Werks-, Dienst- und Vorführwagen, räumt Fischer ein. „Der Markt der Leasingrückläufer entwickelt sich aufgrund der Leasingdauer von in der Regel drei Jahren erst sehr langsam.“ Aus Sicht des Landesverbands des Kraftfahrzeuggewerbes Niedersachsen-Bremen „gibt es bisher noch keinen lebhaften Gebrauchtwagenmarkt für Elektro-Pkw“. Es gebe bei älteren Elektro-Gebrauchtwagen im Moment noch kein relevantes Angebot, betont auch Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe. Das liege in erster Linie daran, dass es vor drei Jahren noch kein breites Angebot an neuen Elektroautos gegeben habe und dementsprechend auch die Neuzulassungen niedriger gewesen seien. Ein größeres Angebot an gebrauchten Elektroautos werde es wahrscheinlich ab 2024 oder 2025 geben, so Peckruhn. Dann kämen die Leasingrückläufer aus den vergangenen Jahren mit höheren Elektro-Anteilen auf den Markt.
Wie hoch ist das Interesse an Gebraucht-E-Autos und der Wertverlust?
Das Interesse sei vorhanden, so Harm Fischer von Schmidt und Koch. Die Kundschaft für E-Mobilität sei in der Regel sehr gut informiert. Der Handel stehe bei älteren E-Gebrauchtwagen häufig vor der Herausforderung, der Skepsis der Kunden gegenüber den Batterien zu begegnen, so der Landesverband des Kraftfahrzeuggewerbes. „Und informierte Kunden wissen eben auch, dass neue Modelle immer besser, die Akkus leistungsfähiger und die Ladezeiten kürzer werden.“ Was den Wertverlust angehe, würden noch keine gesicherten Daten vorliegen. Der durchschnittliche E-Gebrauchtwagen koste heute 43.000 Euro. „Der Wertverlust soll nach drei Jahren bei rund 45 Prozent liegen, beim Verbrenner sind es 33 Prozent. Der Unterschied liege an der Umweltprämie für E-Pkw. „Der Wertverlust ist aus unserer Sicht bei namhaften Herstellern weniger ausgeprägt – analog zu der Preisstabilität bei Verbrennern“, so Fischer.
Was rät der TÜV Nord beim Kauf von gebrauchten E-Autos?
Wichtig sei bei gebrauchten Elektroautos vor allem zu wissen, wie es um den „Gesundheitszustand“ der Batterie bestellt ist – dem sogenannten State of Health (SoH), so Jens Mennicke, Leiter der TÜV Nord-Station in Bremen-Hastedt. Mit dem bloßen Auge könnten aber selbst Fachleute den SoH einer Batterie nicht präzise bestimmen. Dafür gebe es aber inzwischen unabhängige Kontrollsysteme, mithilfe derer nicht nur das Auslesen der aktuellen Werte der Hochvoltbatterie, sondern auch der Batteriehistorie und somit des Nutzerverhaltens möglich ist, um den Batteriestatus zuverlässig bestimmen zu können.