Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Tourismus in Bremen Kein Großprojekt ohne Steuergelder?

Bremen. Das touristische Vorzeigeprojekt Universum ist in die roten Zahlen gerutscht. Und es stellt sich nach den Debakeln der Vergangenheit die Frage: Kann eine öffentlich-private Partnerschaft bei Tourismus-Projekten dauerhaft funktionieren?
15.01.2012, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Kein Großprojekt ohne Steuergelder?
Von Michael Brandt

Bremen. Das touristische Vorzeigeprojekt Universum ist in die roten Zahlen gerutscht. Und es stellt sich nach den Debakeln der Vergangenheit die Frage: Kann eine öffentlich-private Partnerschaft bei Tourismus-Projekten dauerhaft funktionieren? Wirtschaftssenator Martin Günther ist überzeugt, dass die Kombination nicht grundsätzlich falsch ist.

Über Bremens Versuchen, den Tourismus mit Investitionsprojekten anzukurbeln, schwebt kein strahlender Stern. Zwar ist es gelungen, durch anhaltende Bemühungen die Übernachtungszahlen zu verbessern - doch zu welchem Preis? Space Park, Botanika, Musical-Theater - diese Kette ist auch eine Kette der Haushaltsbelastungen und lässt sich beinahe beliebig verlängern. Jetzt auch um das Universum?

In den nächsten Wochen soll Klarheit darüber geschaffen werden, wie es mit dem Science Center weitergeht. Die Universum-Macher um Carlo Petri wollen zwei Wege versuchen: Erstens wollen sie mit rund 300.000 Euro Betriebskosten weniger im Jahr auskommen. Die Stadt denkt im Gegenzug über eine weitere Stundung fälliger Zahlungen nach. Zweitens werden, wie berichtet, Sponsoren für eine acht bis neun Millionen Euro teure Neuausrichtung gesucht. Bremen hat bereits vor Monaten signalisiert: Öffentliches Geld wird es dafür nicht geben. SPD-Wirtschaftssenator Günthner stellt dazu klar: "Die Einrichtung wird erhalten bleiben, wenn der Betreiber seine Hausaufgaben macht." Aufgabe der Privaten sei es, eine wirtschaftliche Lösung für den Betrieb mit 250.000 Besuchern pro Jahr zu finden. Wie berichtet, ist der Besucherrückgang Kern der Probleme.

Das Universum ist keine rein private Angelegenheit. Zwar wird immer wieder betont, der Betrieb des Science Centers befindet sich in privater Hand, aber die Stadt hat viele Millionen in das Projekt investiert und steuert auch im Hintergrund mit. Insgesamt sind - mit der Grundinvestition, der Erweiterung und einer Kreditübernahme - rund 40 Millionen Euro an öffentlichem Geld ins Universum geflossen. Die Universum-Schieflage stellt aber nach Ansicht Günthners nicht automatisch alle öffentlichen Investitionen in Tourismus-Projekte dieser Art infrage. Ohne diese "Anker-Investitionen" der Vergangenheit, wäre in seinen Augen aus Bremen keine Tourismus-Stadt geworden. Außerdem: Unternehmen würde heute ohne staatliche Förderung in Hotels und weitere Projekte investieren, "weil die Stadt insgesamt an Attraktivität gewonnen hat".

Auch im Bremerhavener Klimahaus steckt Steuergeld

Auch im Universum-Schwesterprojekt, dem Klimahaus in Bremerhaven, steckt Steuergeld. 270 Millionen waren einst für das gesamte Gebiet Alter/Neuer Hafen kalkuliert. Dann wurde es teurer. Für das Klimahaus musste die öffentliche Hand schließlich 17 Millionen Euro mehr zahlen, als veranschlagt. Das Gesamtvolumen stieg auf ungefähr 90 Millionen Euro. Kann sich das rechnen? Mit einem Volumen von 7,1 Millionen Euro zusätzlicher Wertschöpfung, so lautete Mitte 2010 die Nachricht, konnte Bremerhaven im ersten Jahr profitieren.

In der eigenen Prognose geht die Klimahaus-Führung von einem Trend aus: 2010 kamen 700.000 Gäste. Die endgültige Zahl für 2011 liegt nach noch nicht vor, sie sollen aber der Prognose entsprechen: 600.000. 2012 soll das gehalten werden. Grundsätzlich, sagt Klimahaus-Chef Arne Dunker, muss man nach fünf Jahren bei einer Wissenschafts-Einrichtung darüber nachdenken, wie neue Besucher gewonnen werden können. Auch die Klimahaus-Mannschaft ist gerade dabei: 2013/2014 soll eines der vier Ausstellungs-Segmente komplett überarbeitet werden. Die Kosten liegen im Millionen-Bereich.

In der Vergangenheit hat Bremen reichlich negative Erfahrungen mit Tourismusprojekten gesammelt. In vielen Fällen waren die Erwartungen zu hoch. Prognosen wurden schön gerechnet. Der Space Park ist ein Vorzeigeprojekt ganz anderer Art geworden. Bilanz: Bremen hat sich mit der Investition von rund 250 Millionen Euro völlig verschätzt. Statt der erhofften 1,3 Millionen Gäste im Jahr gab es einen Image-Schaden. Der Großteil der Fahrgeschäfte liegt übrigens noch sauber verpackt in einer Lagerhalle in Gröpelingen.

Auch die - am Space Park gemessen - kleineren Vorhaben gerieten zur Belastung: Aus dem Musical-Theater ist Bremen 2010 ausgestiegen und hat es an die Privatwirtschaft zurückgegeben. Die Botanika nimmt gerade einen neuen Anlauf und berappelt sich. 18 Millionen Euro hat der Bau der Botanika gekostet. Gemeinsam mit den Zuschüssen und der Erweiterung kommen bis heute etwa 25 Millionen zusammen. Doch hier trennen sich möglicherweise die öffentliche Hand und das Tourismusprojekt. Eine Stiftung könnte die Botanika übernehmen. Derzeit ist diese Stiftung mit mehr als fünf Millionen Euro ausgestattet.

Rainer Hartmann vom Studiengang Freizeit- und Tourismus-Management der Hochschule hält es nicht für zwingend, dass die Stadt als Investor auftreten muss. Es gebe andere Beispiele. Bei der Autostadt ist VW der Investor, das Miniatur-Wunderland in Hamburg sei gewachsen, ohne Investition nach Bremer Modell. Grundsätzlich empfiehlt Hartmann, den Schwerpunkt, der in Bremen und Bremerhaven mit den Wissenswelten entstanden ist, zu konsolidieren. Und sich auf die Suche nach einem privaten Investor zu begeben, um dieses Alleinstellungsmerkmal ohne öffentliches Geld auszubauen.

Ob es je wieder denkbar sein wird, dass Bremen Millionen in die Hand nimmt, um ein Tourismus-Projekt anzuschieben? Darauf kann es laut Senator Günthner keine generelle Antwort geben. Die Konstruktion - Bremen baut die Hülle und ein Privatunternehmen übernimmt den Betrieb - ist nicht mit einem Tabu belegt. "Niemand hätte vor zehn Jahren sagen können, welche Entwicklung Bremen im Tourismus macht. Dazu haben auch die Wissenschaftsausstellungen und insbesondere das Universum einen Beitrag geleistet."

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)