Seit Mitte Dezember streiken die isländischen Fischer, die den Rotbarsch im Atlantik fangen. Das bekommen nun die Betriebe in Bremen und Bremerhaven zu spüren.
Der Rotbarsch ist in der Nahrungskette wohl gerade der Einzige, der sich freuen kann. Denn die isländischen Fischer, die ihn normalerweise im Atlantik einfangen, streiken. Seit Mitte Dezember wird dem Rotbarsch eine Gnadenfrist gewährt – ein Ende des Streiks ist nicht in Sicht. Das geht auch die etwas an, bei denen der Barsch eigentlich auf den Filetiertischen landet. Es sind Betriebe in Bremerhaven, die sich auf Rotbarsch spezialisiert haben und die in Handarbeit die Tiere auseinandernehmen.
„Die kleinen Betriebe haben Umsatzeinbußen von 30 bis 90 Prozent“, sagt Sebastian Gregorius. Er arbeitet bei der Fischereihafen-Betriebsgesellschaft in Bremerhaven, die ansässige Händler wie Lars Gieseking berät. „Die können gerade nichts machen und müssen abwarten“, sagt er. Gieseking will nicht warten. Deswegen ist er, der Chef des Fischhändlers Wilhelm Petersen, nach Norwegen gefahren und versucht, vor Ort den Rotbarsch zu besorgen, den die Isländer nicht mehr liefern.
Die Norweger haben auch nicht mehr Rotbarsch
Das Problem dabei sei, dass die Norweger auch nicht mehr Rotbarsch haben, sagt Heiko Grube. Grube ist Geschäftsführer der Rheinland Seefischhandelsgesellschaft, einer der anderen Firmen, die sich auf Rotbarsch spezialisiert haben. 85 Prozent des Geschäfts mache die Verarbeitung dieses Fisches bei ihm aus, sagt er.
Seit Wochen streiken die Schiffsbesatzungen der großen Reedereien auf Island für mehr Geld. Deren Gewerkschaften verhandeln zwar mit der Fischereigesellschaft. Kurz vor dem Durchbruch haben sie die Gespräche aber abgebrochen, schreibt das Fachportal Intrafish. Magnus Björgvinsson ist Isländer, Importeur von Fisch, auch für Heiko Grube, und sitzt mit seiner Firma in Schiffdorf, das direkt an Bremerhaven grenzt.
Er erklärt, dass die isländischen Fischer eine gerechtere Aufteilung der Erlöse fordern. In Island werden die Fischer am Fang beteiligt – der sei in den letzten zwei Jahren zurückgegangen und die Reeder wollen das nicht mit höheren Löhnen ausgleichen, sagt Björgvinsson.
Nur Ein-Mann-Boote sind unterwegs
Ein paar Rotbarsche werden trotzdem nach Bremerhaven geliefert. Vor Island und Grönland sind einige Ein-Mann-Boote unterwegs, die Fisch fangen. Diese Woche hat Heiko Gruber einige von den Färöer Inseln bekommen, aber zu wenige, und der Preis dafür sei viel zu hoch, sagt er. Fünf Prozent von dem, was er sonst an Fisch aufkauft, sind nur noch übrig geblieben.
Also muss Grube kreativ werden. Sechs Mitarbeiter beschäftigt er, manche nehmen ihren Resturlaub aus dem vergangenen Jahr, die anderen stellen mehr Marinaden her oder schneiden anderen Fisch zu, meist Winterkabeljau, einen Teil davon auch als Lohnarbeiter für andere, größere Betriebe.
„Wir müssen uns irgendwie über Wasser halten, notfalls auch mit anderen Fischen“, sagt Grube. Der Monat Januar ist für die, die mit Fisch handeln, generell schwierig. Die Fischer feiern Weihnachten und Neujahr, arbeiten deswegen nicht, außerdem kommen im neuen Jahr größere Zahlungen an Versicherungen dazu. Grubes Firma startete deswegen mit einem fünfstelligen Minusbetrag ins Jahr 2017. Auch Björgvinsson, der isländische Importeur, muss Verluste von mehreren Zehntausend Euro hinnehmen.
Einigung bis Mitte Februar erhofft
Beide hoffen, dass die Isländer sich einigen, dass sie spätestens Mitte Februar wieder frische Ware in der Hand halten und das Defizit bis zum Jahresende wieder ausgleichen können. Peter Koch-Bodes, der eines der größeren Fischhandelsunternehmen in Bremen leitet, ist nicht ganz so stark vom Rotbarschrückgang betroffen wie Heiko Grube. Trotzdem sei der Barsch auch für ihn ein erheblicher Faktor.
Dabei hält sich die Beliebtheit des Rotbarsches deutschlandweit in Grenzen. Er rangiert zwar unter den Top Ten der Fische, die am meisten gegessen werden, hält aber auf Platz zehn Abstand zu den beliebtesten Arten: dem Alaska-Seelachs, dem Lachs und dem Hering, die mit Marktanteilen von 15 bis mehr als 20 Prozent glänzen. Der Marktanteil des Rotbarsches liegt bei knapp zwei Prozent. Das geht aus den Informationen des Fischinformationszentrums hervor, ein Verein von Unternehmen und Verbänden der Fischindustrie.
Für Peter Koch-Bodes aber macht der Rotbarsch zehn Prozent der Frischfische aus, die er an Kunden liefert. Zurzeit kauft er aber keine. Denn die paar Rotbarsche, die nach Bremerhaven und Bremen kommen, sind vor allem eins: teuer. Nicht nur für Peter Koch-Bodes.
Preise steigen an
Der Streik der Isländer betrifft alle in Bremen, die Fisch essen. In normalen Zeiten kostet ein Kilo Rotbarsch von der Theke des Fischladens circa 20 Euro. In diesen Tagen müssen die Käufer doppelt so viel dafür bezahlen. „Das wirkt sich auch auf die Preise der anderen Fischarten aus, die nach oben mitziehen“, sagt Koch-Bodes.
Für Regina Wöhlke ist das bisher nicht zum großen Problem geworden. Sie hat ein Geschäft in Schwachhausen und kauft nur kleine Mengen Rotbarsch. Ihre Kunden und Kundinnen kauften trotz der gestiegenen Preise, sie respektierten das. Falls der Rotbarsch aber zu teuer wird, wird sie ihn aus dem Sortiment nehmen und auf Alternativen umsatteln, sagt Wöhlke.
Die Umweltschutzorganisationen WWF und Greenpeace raten sowieso, sich Alternativen zum Rotbarsch zu suchen, denn der werde nicht nachhaltig gefischt. So steht es in den Fischratgebern von WWF und Greenpeace.
Daniel Carstensen ist beim WWF Experte für nachhaltige Fischerei und erklärt, warum der Fang problematisch ist: Die Tiere werden alt, bis zu 50 Jahre, und vermehren sich nur langsam, weil sie spät geschlechtsreif werden. Wenn sie zu früh gefischt werden, können sie sich gar nicht fortpflanzen. Und: Sie bekommen wenig Nachkommen, die intensive Fischerei gefährde den Bestand. „Prinzipiell sollte man davon die Finger lassen“, sagt Carstensen. Das wiederum würde wohl den Rotbarsch freuen.