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Theke neben dem Kleiderständer Warum zwei Bremer Modehäuser neben Bekleidung auf Gastronomie setzen

Fühlen, anfassen und probieren - damit kann der stationäre Einzelhandel gegenüber dem Onlinehandel seine Trümpfe ausspielen. Zwei Modehäuser in der Bremer City verknüpfen nun stärker Kleidung mit Cappuccino.
24.03.2024, 07:20 Uhr
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Warum zwei Bremer Modehäuser neben Bekleidung auf Gastronomie setzen
Von Florian Schwiegershausen

Erst mal einen Cappuccino trinken und anschließend entspannt nach einem neuen Kleidungsstück schauen – mit diesem Konzept wollen zwei Modehäuser in der Innenstadt neue Akzente setzen. Am Mittwoch machte Jens Ristedt in seinem gleichnamigen Geschäft für Damenbekleidung den Anfang. In der ersten Etage seines Modehauses am Ansgarikirchhof gibt es nun die "Fashion Lounge". Schräg gegenüber feierte Appelrath Cüpper einen Tag später die Wiedereröffnung des Modehauses. Im Erdgeschoss findet die Kundschaft ab sofort das italienische Café "Castran", das nur über die Eingänge vom Modehaus zu erreichen ist.

An den Buchstaben für den leuchtenden Schriftzug hatte Jens Ristedt am Wochenende vor der Eröffnung selbst noch mit der Nagelpfeile herumgewerkelt, bis alles passte. Bei den Getränken zur Eröffnung setzte er auf regionale Produkte aus dem Geschäft "Made in Bremen". Ristedt sagt: "Mit der Fashion Lounge möchten wir die Aufenthaltsqualität und Verweildauer unserer Kundinnen weiter steigern und ein besonderes Einkaufserlebnis schaffen." Sofa und Sessel stehen gleich neben der Theke. In Zukunft gehe es nicht mehr allein um das Einkaufen, sondern darum, angenehm die Freizeit zu verbringen.

Frühstück neben italienischer Kleidung

Und so kann sich Ristedt mit seiner Lounge alles Mögliche vorstellen – zwischen den Modepuppen und Kleiderstangen: "Hier kann ich mir alles von einer Lesung bis hin zu einem Getränke-Tasting vorstellen. Platz dafür haben wir hier ja." Mit seinem Konzept hatte Ristedt am Wettbewerb „Neu gedacht, neu gemacht – Einzelhandel & Gastronomie innovativ, vielfältig, zukunftsfähig“ teilgenommen. Der wurde von Bremens Wirtschaftsförderung im Auftrag von Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) veranstaltet.

So durfte sich das Modegeschäft über ein Preisgeld freuen, das als Anschubfinanzierung für die Fashion Lounge diente, aber nicht alle Kosten trägt. Bereits im vergangenen Jahr ließ Ristedt auf allen Etagen LED-Leuchten einbauen, um Energie zu sparen. Was er schon während der Pandemie nicht wollte: Den Kopf in den Sand stecken, sondern immer weiter überlegen, wie man das Thema Einkaufen weiterdenken kann.

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Bei Appelrath Cüpper denkt man ähnlich. Während andere Geschäfte sich eher verkleinern, zeigt das Damenmodehaus sein Bekenntnis zu Bremen: Der neue Laden auf drei Etagen ist nun nochmals 1000 Quadratmeter größer als vorher. Und das Unternehmen setzt nun ebenso auf eine Verbindung von Kleidung und Café. Zu den Getränken gibt es Kleinigkeiten zum Frühstück und Snacks für den Tag. Dieses Konzept verfolgt Appelrath Cüpper bereits an anderen Standorten wie beispielsweise in Mannheim. "Da ist das Café für viele bereits zu einem regelmäßigen Treffpunkt geworden", sagt Barbara Moers. Sie ist in der Kölner Zentrale von Appelrath Cüpper die Einkaufsleiterin und die Prokuristin.

Den Erlebniswert der Innenstädte verbessern

Zur Eröffnung in Bremen waren auch die Filialleitungen der anderen Standorte eingeladen. Moers bekräftigt, dass man an den stationären Handel glaube. Die Bremer Standortmanagerin Edith Malik sagt, dass sie im Austausch stehe mit Ristedt und den Modegeschäften in unmittelbarer Nachbarschaft. Die Zeiten eines Gegeneinanders wie vor vielen Jahren seien längst vorbei: "Es geht um ein Miteinander." Denn es gehe ja insgesamt darum, die Bremer Innenstadt wieder attraktiver zu machen. Appelrath Cüpper will die Kombination aus Kleidung und Café auch an anderen Standorten fortsetzen.

Sowohl Appelrath Cüpper als auch Ristedt gehen damit einen Schritt in Richtung "Erleben und Einkaufen". Damit scheinen sie auf dem richtigen Weg zu sein, wie Boris Hedde vom Kölner Institut für Einzelhandelsforschung sagt: "Das Einzelhandelsangebot ist wichtig, aber das allein reicht nicht mehr. Es geht in Zukunft vor allem um den Erlebniswert der Innenstädte, um Ambiente, Flair und Aufenthaltsqualität."

Das ist das Ergebnis einer Studie aus dem vergangenen Jahr. Demzufolge kommt mittlerweile mehr als jeder Dritte wegen der Gastronomie in die Innenstadt. Zum Vergleich: Vor drei Jahren – auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie – plante gerade einmal jeder vierte City-Besucher einen Restaurant- oder Cafè-Besuch. Deshalb ist sich Hedde sicher: "Handelskonzepte, die vor allem auf den Produktverkauf ausgerichtet sind, funktionieren nicht mehr. Das ist angesichts der überwältigenden Auswahl im Internet zu wenig."

Um in Zukunft bestehen zu können, sei die persönliche Interaktion beim Einkauf wichtig – der Servicegedanke, unter anderem durch Beratung und die Kombination von Einkauf und Freizeitaktivitäten.

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