Die Ziele sind klar: Durch verantwortungsbewusste Entwicklungen in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht soll die Zukunftsfähigkeit gesichert werden. Die stadtbremische Hafenmanagementgesellschaft Bremenports hat sich beispielsweise unter anderem zum Ziel gesetzt, bis 2035 ein klimaneutraler Hafen zu sein. In Hamburg hat sich in dieser Woche eine neue Gesellschaft gegründet, um die Dekarbonisierung des Hafens voranzubringen. Und es gibt auch Unternehmen, die Nachhaltigkeit immer mehr in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten rücken – so etwa das Logistikunternehmen und gleichzeitiger Terminalbetreiber J. Müller mit seinen Standorten in Brake und in Bremen.
Gemeinsam haben diese nachhaltigen Ziele, dass ihr Erreichen nicht allein vom eigenen Handeln abhängt, sondern auch von anderen Industriezweigen und technischen Innovationen beeinflusst wird. Eines der größten Probleme: Es werden enorme Mengen an Energie benötigt, die aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden müssen. In den Strategien und Nachhaltigkeitsberichten ist dabei häufig vom grünen Wasserstoff die Rede. Dass mit Wasserstoff als Energieträger so in etwa sämtliche Maschinen, die bislang mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, funktionieren, ist technisch machbar. Problem: Grüner Wasserstoff wird bislang in Mengen hergestellt, die nicht einmal für einen Hafen ausreichen würden. Und allein die deutschen Häfen könnten künftig 45.000 Tonnen Wasserstoff jährlich für einen klimaneutralen Betrieb benötigen, hat das Deutsche Maritime Zentrum in einer Studie ausrechnen lassen.
Wie weit sind die Konzepte?
Auf Knopfdruck funktioniert die Dekarbonisierung nicht. Vielmehr stehen viele Vorhaben noch am Anfang und sind theoretischer Natur. In Hamburg hat sich diese Woche ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, in dem die städtischen Gesellschaften Hamburger Energiewerke und Hamburg Port Authority ihre Anstrengungen zur Dekarbonisierung des Hafens bündeln wollen. In einem ersten Schritt sollen demnach Machbarkeitsprüfungen für konkrete Vorhaben mit einem Gesamtpotenzial von rund 70 Megawatt erstellt und darüber hinaus weitere Flächen für den Ausbau erneuerbarer Energie im Hafen untersucht werden.
Im ersten Nachhaltigkeitsbericht der Unternehmensgruppe J. Müller sind klare Ziele formuliert und konkrete Maßnahmen hinterlegt: "Die Stromverbräuche sollen bis 2025 reduziert und Gebäudehüllen energetisch saniert werden", heißt es. Und weiter: "Energetische oder sonstige Verwertungen, wie etwa die stoffliche Verwertung von Abfällen, werden erhöht und Abfälle reduziert, so die Zielsetzung. Der Nachhaltigkeitsbericht zeigt einen Ausblick neben bestehenden." Neben etablierten Prozessen müssten auch völlig neue Verfahren implementiert werden, um weitere Zahlen zu evaluieren und noch mehr Transparenz hinsichtlich des Klimaschutzes zu schaffen. Dass der Weg zu mehr Nachhaltigkeit auch Unwägbarkeiten beinhaltet, wird auch an einem Hinweis von J. Müller deutlich: Zukunftsgerichtete Aussagen seien naturgemäß mit einer Reihe von Risiken und Annahmen verbunden, "die dazu führen können, dass die tatsächlichen Ergebnisse oder Entwicklungen von den in den zukunftsgerichteten Aussagen angegebenen oder implizierten Ergebnissen oder Entwicklungen in wesentlicher Hinsicht abweichen".
Auch bei Bremenports ist man bei den Bemühungen hin zum neutralen Hafen noch sehr am Anfang, und es wird ein anderer Weg als in Hamburg eingeschlagen: "Wir beschäftigen uns zunächst mit der fachlichen Ausgestaltung und erst anschließend mit möglichen Betriebsmodellen zur Energieerzeugung", sagt Bremenports-Sprecher Matthias Koch. "Wie der Betrieb im Überseehafen ab 2035 vollständig CO2-neutral laufen und wie die Energiebedarfe des Hafens dann gedeckt werden sollen, ist aktuell Gegenstand des Projekts Klimaneutraler Überseehafen, in dem alle großen Player des Hafens mitwirken." Bereits im Frühjahr sollen ein komplettes Konzept und Design für die CO2-freie Energieversorgung im Überseehafen stehen. Anschließend soll dann die dafür nötige Versorgungsinfrastruktur erstellt werden, um ab 2035 tatsächlich Ernst zu machen mit dem CO2-neutralen Überseehafen.
Wie wird der Energiebedarf ermittelt?
Gegenwärtig werde dazu ein „digitaler Zwilling“ des Hafens erstellt, um zunächst einmal den genauen und prognostizierten Energiebedarf des Hafens zu ermitteln, so Koch: Dazu haben alle ortsansässigen Hafen- und Umschlagsbetreibe bis zu den Terminal und Netzbetreibern zunächst ihren genauen aktuellen Energie-Verbrauche übermittelt. Auf Basis dieser Daten und weiterer Parameter soll dann der „digitale Zwilling“ des Überseehafens entstehen, anhand dessen die verschiedenen Möglichkeiten zur CO2-neutralen Umstellung des gesamten Hafens simuliert werden können.
Welcher Energiemix am Ende die sinnvollste Lösung für den CO2-neutralen Überseehafen sei, werde im weiteren Verlauf unter anderem anhand der Simulation und auf Grundlage der Gespräche mit allen Projekt-Beteiligten über ihre eigenen künftigen Planungen, zu entscheiden sein, so der Bremenports-Sprecher. "Denkbar ist dabei erst einmal alles – von Biogas, über Photovoltaik oder Windenergie bis hin zu Großwärmetauschern, die das Weserwasser nutzen, um Hafengebäude zu beheizen." Mitgedacht werden soll auch die künftige Landstromversorgung der Containerschiffe. Da gehe es dann durchaus ja um den Stromverbrauch einer mittleren Kleinstadt. Eine besondere Herausforderung sei außerdem das Thema „Mobilität im Hafen“. Angefangen von den Van-Carriern bis zur Hafeneisenbahn mache dieses Segment etwa 70 Prozent des bisherigen gesamten Energieverbrauchs im Hafen aus. Entsprechend anspruchsvoll werde die Umstellung auf CO2-neutrale Antriebsarten in diesem Bereich sein.