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Zukunft der Arbeit Die Arbeitswelt muss sich den Lebensrealitäten anpassen

Die Pandemie hat gezeigt, dass die Arbeitswelt flexibler sein kann – gezwungenermaßen. Doch, um zeitgemäß zu sein, muss die Entwicklung weitergehen, meint Jan-Felix Jasch.
01.08.2021, 19:55 Uhr
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Die Arbeitswelt muss sich den Lebensrealitäten anpassen
Von Jan-Felix Jasch

Flexibilität wird von Arbeitnehmern in vielen Bereichen gefordert. Das war jahrzehntelang gängige Praxis. Dagegen ist nichts einzuwenden. Doch mittlerweile fordern immer mehr Arbeitnehmer flexiblere Beschäftigungsverhältnisse. Und auch das ist nur gerecht. Flexibilität funktioniert in beide Richtungen; natürlich kann der Arbeitgeber sie einfordern, muss aber im Gegenzug auch bereit sein, dem Arbeitnehmer Freiräume zu bieten. Während der Pandemie haben Millionen von Menschen von zu Hause gearbeitet, viele tun es noch immer. Mehr als die Hälfte der berufstätigen Deutschen arbeitete zumindest teilweise von daheim, 21 Prozent sogar fünf Tage pro Woche, ergab eine Umfrage des Portals Immowelt. Befragt wurden 18.000 Erwerbstätige.

Es gibt Beispiele, in denen Menschen die Zeit genutzt haben, um durch die Welt zu reisen – das funktionierte in den meisten Fällen ohne größere Reibungsverluste. In der IT-Branche ist das teilweise völlig normal, ein Internetanschluss und ein Rechner sind dort oft die einzigen Arbeitsutensilien. Daten sind in der Cloud gespeichert und von überall abrufbar, man schaltet sich mit Videokonferenzen zusammen oder kommuniziert über Messenger-Dienste. Praktisch, einfach, schnell und ortsunabhängig. Warum sollte das nicht auch in anderen Branchen klappen?

Die Pandemie hat doch gezeigt, dass es in der modernen Arbeitswelt auch anders funktionieren kann, als orts- und zeitgebunden zu arbeiten – flexibler eben. Das war höchste Zeit und kann trotzdem noch nicht das Ende der Entwicklung sein. Arbeitsplätze müssen sich den Lebensrealitäten der Mitarbeiter anpassen, nicht andersherum. Gelingt das, sind Angestellte motivierter, seltener krank und arbeiten produktiver, wie Studien zeigen. Aber: Menschen sollten nicht leben, um zu arbeiten. Sie sollten arbeiten, um zu leben. 

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Die eingangs zitierte Umfrage ergab: Auch in Zukunft wünschen sich die meisten Befragten die Möglichkeit, von zu Hause aus arbeiten zu können. Viele der Teilnehmenden wünschen sich eine Mischform. Dabei geht es nicht darum, dass ein Arbeitsmodell besser ist als das andere. Es geht darum, Möglichkeiten zu haben und – flexibel zu sein. Profitieren können beide Seiten: Als Arbeitnehmer winkt mehr Freizeit, Arbeitgeber haben gesündere und motiviertere Mitarbeiter. Und das Homeoffice ist nur der offensichtlichste Hebel. Denn es gibt weitere Möglichkeiten, wie Island unlängst bewiesen hat. 

Auf der Insel im Nordatlantik wurde zuletzt eine Vier-Tage-Woche erprobt. Mehr als 2500 Menschen arbeiteten im Auftrag der Regierung weniger – bei vollem Lohn. 2500 Menschen klingen nach sehr wenig, doch auf Island umfasst das mehr als ein Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Also eine repräsentative Größe. Die Arbeitszeit wurde vor allem durch verkürzte Meetings verändert. Die Ergebnisse des Experiments? Durchweg positiv. „Die Produktivität und die erbrachte Leistung blieben gleich oder verbesserten sich bei den meisten Versuchsarbeitsplätzen“, heißt es in der Auswertung.

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Es gab auch keinen Anstieg bei informellen Überstunden, wie Kritiker befürchtet hatten. Der Erfolg des Versuchs zeigt: Die Entwicklung in der Arbeitswelt ist noch lange nicht vorbei. Was es braucht, ist Mut, Kreativität und Innovation. Nicht zum ersten Mal testet ein nordeuropäisches Land den Fortschritt aus. Zuletzt hatte Finnland das Modell eines bedingungslosen Grundeinkommens ausprobiert. Damals waren die Ergebnisse ernüchternd. Das ist völlig egal. Es geht darum, etwas zu versuchen. Klappt es nicht, lässt man es wieder. Das ist die Flexibilität, die es braucht.

Natürlich gibt es Beschäftigungsverhältnisse, in denen nicht im Homeoffice gearbeitet werden kann. Aber, und das zeigt das obige Beispiel, es gibt auch andere Wege, die sogenannte Work-Life-Balance der Beschäftigten zu fördern. Schließlich wurde während der 1960er-Jahre aus einer Sechstage eine Fünftagewoche, begleitet von Protesten – die man heute kaum noch nachvollziehen kann.

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