Eines ist sicher: Demnächst muss Arcelor-Mittal mindestens eine Straßenbahn der BSAG umspritzen lassen. Denn die verspricht: "Klimaneutraler Stahl bis 2045". Am hinteren Teil wirbt die Bahn für eine Ausbildung in der Bremer Stahlhütte. Junge Menschen sind mit dem Thema Klimawende gut zu erreichen. Wie groß der Imageschaden sein wird, wird Arcelor-Mittal daran merken, wie viele Azubis kurzfristig vor dem 1. August abspringen und sich einen Arbeitgeber suchen, der die Anwerbeversprechen auch einhält.
Wie geht Klimawende bei schlechter Konjunktur?
Zumindest scheint der Stahlkonzern Arcelor-Mittal seine Pläne zu beerdigen, europaweit auf klimaneutral produzierten Stahl umzuschwenken. Bremens rot-grün-rote Regierung reagiert enttäuscht, nachdem sie ein Förderpaket im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich auf den Weg gebracht hatte.
Natürlich war das Förderpaket eine Wette auf die Zukunft. Die Politik steht vor einem Dilemma: Hätte Bremens Regierung nichts in Richtung grünem Stahl unternommen, hätte sie sich Jahre später vorwerfen lassen müssen, nichts unternommen zu haben. Jetzt hat sie Fördermillionen ermöglicht und muss sich fragen lassen, wie man so viel Geld für ein einziges Unternehmen bereitstellen kann.
Doch Stahlkocher gehören wohl zu den letzten Prototypen eines typischen SPD- oder Linken-Wählers. Unter diesem Aspekt konnten Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) kaum anders, als den eingeschlagenen Weg weiterzugehen – inklusive der Absichtserklärungen vor mehreren Hundert Stahlkochern.
Auf der anderen Seite ist da ein weltweiter Stahlkonzern, der seine unternehmerischen Entscheidungen aufgrund der Marktlage fällt. Unter den aktuellen Marktbedingungen ist mit Wasserstoff produzierter Stahl zu teuer und nicht wettbewerbsfähig. Deshalb begräbt man das Projekt "grüner Stahl" nicht nur in Bremen. Es ist eine Entscheidung, bei der die Gesetze des Marktes eine Rolle spielen. Dies direkt mit einem Aus des Bremer Stahls gleichzusetzen, geht zu weit. Das Stahlwerk hat so viele Jahrzehnte des Aufs und Abs hinter sich, dass man der Hütte auch weiter "Glück auf" zurufen möchte – vorerst etwas leiser.