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Bremer "Weserwelten" im Gespräch Konzept weckt Bremerhavens Widerstand

Bremen. Ist es passend oder eben gerade nicht, wenn das Bremerhavener Markenzeichen „Havenwelten“ um die stadtbremische Variante „Weserwelten“ ergänzt wird? Die Seestadt fürchtet, dass sie mit ihrem Werben um Besucher das Nachsehen haben könnte,
22.01.2012, 05:00 Uhr
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Konzept weckt Bremerhavens Widerstand
Von Wigbert Gerling

Bremen. Ist es passend oder eben gerade nicht, wenn das touristische Bremerhavener Markenzeichen „Havenwelten“ um die stadtbremische Variante „Weserwelten“ ergänzt wird? Die Seestadt fürchtet, dass sie mit ihrem Werben um Besucher das Nachsehen haben könnte, wenn ihre südliche Schwesterstadt mit einem ähnlichen Begriff lockt. Der Begriff vom „Krieg der Welten“ macht die Runde.

Einmal mehr flackert damit die traditionsreiche Konkurrenz zwischen Bremerhaven und Bremen wieder auf. In diesem Falle liegen nicht etwa Welten dazwischen, sondern sie liegen an beiden Polen des Zwei-Städte-Staats: Hoch im Norden gibt es die Havenwelten unter anderem mit dem Klimahaus, Auswanderhaus und Schiffahrtsmuseum – gut 50 Kilometer weiter im Landesinneren gäbe es dann zukünftig die Weserwelten beispielsweise mit der Promenade an der Schlachte und der Überseestadt. Aber kämen Weltenbummler wirklich durcheinander, wenn sie zwischen Havenwelten und Weserwelten unterscheiden müssten? Ginge Bremerhaven etwas verloren, wenn Bremen mit der Marke Weserwelten die Besucher locken würden?

Klaus Sondergeld, Geschäftsführer bei der Wirtschaftsförderung Bremen und dort zuständig für das bremische Standortmarketing, hat viel in die Erarbeitung eines Konzepts investiert und kein Interesse an einem Konflikt. Wenn er – unterlegt manchmal von missmutiger Begleitmusik aus der Seestadt – mit der neuen Welten-Theorie zu tun hat, denkt er gerne an einen Parkplatz. „Der liegt ziemlich in der Mitte zwischen Bremen und Bremerhaven“ so Klaus Sondergeld, „und heißt ja einer mahnender Weise ,Harmonie’“. Und genau die schwebt ihm vor, wenn er vorausschaut auf den Februar, wenn er mit Spitzenvertretern der Seestadt noch einmal über das Konzept diskutiert und damit die Erwartung auf die „Harmonie“ steigen dürften.

Skepsis aus Bremerhaven

Gesprächsstoff gibt es offenbar, zumal der Bremerhavener Oberbürgermeister Melf Grantz, der am Sonnabend nicht zu erreichen war, unter anderem mit skeptischen Hinweisen zitiert wird, wonach das „Alleinstellungmerkmal der ,Havenwelten’ nicht gefährdet“ werden dürfe. Beinahe dramatisch-existentiell klingt sein Nachsatz, wonach es die Seestadt nicht zulasse, „dass der Begriff ,Weserwelten’ zur Dachmarke wird, bei der wir untergehen.“

Solche Themen müssen bei der bevorstehenden bilateralen Konferenz im Februar in Bremerhaven offenbar noch genauer besprochen werden. Klaus Sondergeld wird dann in der Seestadt dabei sein – und gewiss auch sein rund 20-seitiges Werk. Es trägt einen so sachlich klingenden Titel, dass kaum ein Laie wohl diese geografisch ausladende Sprengkraft mit einer Spannweite von gut 50 Kilometern vermuten würde: „Konzept zur Begriffs- und Funktionserklärung sowie zur weiteren Positionierung der Standortmarken“.

Dieses Schrifttum wird in Bremerhaven seit Wochen sehr beachtet, man könnte fast sagen, es sei dort eingeschlagen. Unter dieser etwas längeren Überschrift hatte sich Klaus Sondergeld gegen Ende vergangenen Jahres einer neuen Welten-Theorie im Bremen-Marketing gewidmet. Ursprünglich, so der Ansatz, sei für ein halbes Dutzend attraktiver Einrichtungen – und zwar gebündelt für Bremen und Bremerhaven – der Begriff „Wissenswelten“ zur gemeinsamen Vermarktung geprägt worden. Dazu zählten in der Hansestadt unter anderem das Universum, das Botanika oder auch das Überseemuseum. In der Seestadt können Besucher dementsprechend ihr Wissen im Auswandererhaus, im Klimahaus oder beispielsweise auch im Schifffahrtsmuseum aufstocken.

Der Chef des Stadtmarketings beleuchtet vor diesem Hintergrund in seinem Konzept ein Problem: „Zugespitzt formuliert“, so schreibt er in seiner Expertise zur Zwei-Städte-Werbung, tue sich damit bezogen auf Bremerhaven ein Marken-Konflikt auf. Denn beispielsweise Klimahaus und Auswandererhaus seien nicht nur touristische Säulen der dortigen Wissenswelten, sondern zugleich „Kern der Havenwelten“.

Wie könnte eine neue Übersichtlichkeit aussehen? Sondergeld ist dafür, dass die Bezeichnung Wissenswelten als Bremen-Bremerhavener Sammelbegriff beibehalten wird – für Auswandererhaus und Klimahaus ebenso wie für Universum oder Überseemuseum. Er sollte überdies unter anderem auch das Historische Museum in Bremerhaven und das Focke-Museum einschließen. Und auch der Bunker Valentin könnte hinzugerechnet werden.

Und dann kommt der Satz: „Es wäre zweckdienlich, der relativ starken und präsenten Arealbezeichnung ,Havenwelten Bremerhaven’ in Bremen die ,Weserwelten’ gegenüber zu stellen.“ Damit könne das unverkennbar unterschiedliche Profil beider Städte besser unterschieden und damit gestärkt werden. Bei Bremerhaven dächten viele – zu Recht – an maritimes Flair, an Häfen und Schiffe. Die Stadt Bremen hingegen werde anders wahrgenommen, wer Werften und Häfen erwarte, komme kaum auf seine Kosten. Ein neuer Sammelbegriff wie Weserwelten hingegen würden „einen glaubwürdigen Akzent“ setzen und sollte auf jeden Fall die Freizeitangebote einschließen – ob Werdersee, Café Sand oder beispielsweise auch Theaterschiff. Der Marketingchef „So kann die attraktive Lage Bremens am Wasser optimistisch und in die Zukunft gewandt kommuniziert werden.“

„Entwicklung eines Dreiklangs“

Mit dieser Aufteilung gäbe es laut Sondergeld künftig eine „Drei-Welten-Strategie“: die Havenwelten für Bremerhaven, die Weserwelten für Bremen – und die Wissenswelten als Sammelbegriff für die Einrichtungen beider Städte. Sondergeld schwebt die „Entwicklung des Dreiklangs Havenwelten-Wissenswelten-Weserwelten“ vor, eine städteübergreifende Harmonie.

So weit aber ist es noch nicht. Noch gibt es Attacken aus Bremerhaven. Angesichts dieser kritischen und bisweilen fast dramatischen Töne von ganz oben, von der Landkante zur Nordsee, wird derzeit manchmal an einen Satz des mittelalterlichen Lübecker Bürgermeisters Hinrich Castorp erinnert: „Gar leicht ist das Fähnlein aufgezogen - aber nur schwer in Ehren herabgeholet.“

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