Ein Altbau in Bremerhaven-Mitte, kahl, unfertig, seit zehn Jahren verlassen. Auf tausend Quadratmetern soll hier eine Botschaft entstehen – keine politische Vertretung, sondern eine künstlerische. Ende 2018 werden die Botschafter einziehen in das Haus, das Bremerhaven verändern soll.
So zumindest stellen sich das Simon Niedermann und Niklas Piatkowski vor. Risk haben die beiden Endzwanziger ihre „Botschaft für Inspiration“ genannt. Weil sie glauben, dass der Stadt ein bisschen mehr Risiko guttun würde. Was jetzt noch ein nackter, in die Jahre gekommener Altbau ist, soll schon bald die künstlerische Keimzelle eines anderen Bremerhavens sein. Eine kreative Alternative in der Stadt, „bevor die Jungen für das große Glück gleich nach Berlin ziehen“ – das ist die Idee. Und für die sind Niedermann und Piatkowski nun von der Bundesregierung ausgezeichnet worden.
In Berlin verlieh Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries am Freitag 32 jungen Unternehmen und Projekten den Titel "Kultur- und Kreativpiloten Deutschlands“. Wer von der Bundesregierung ausgewählt wird, bekommt Hilfe, seine Idee umzusetzen. Für ein Jahr werden die Gewinner des Wettbewerbs von zwei sogenannten Mentoren begleitet, sie besuchen Workshops und bekommen die Chance, sich in der Kreativbranche zu vernetzen.
Gegen schlechte Schwingungen
Mit Risk wollen die Bremerhavener Niedermann und Piatkowski nichts verkaufen. „Es geht darum, Input in die Stadt zu holen“, sagt Piatkowski. Das Haus in Mitte soll ein Ort werden, an dem Künstler, Architekten und Anwohner zusammenkommen. Acht Wohnungen und mehrere Gemeinschaftsräume wollen sie gemeinsam gestalten. Unterstützt werden sie dabei auch von der Stadt und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft.
Neben dem Projekt aus Bremerhaven gehört auch ein Bremer Unternehmen zu den neuen Kreativpiloten. „Die beiden Bremer Bewerber haben sich durchgesetzt, weil hinter ihren Projekten starke Unternehmerpersönlichkeiten stehen. Uns geht es bei der Auswahl um Ideen, aber vor allem um die Menschen dahinter", sagt ein Sprecher des Wettbewerbs.
Benjamin Heck, 29, Bremer, kämpft alleine gegen schlechte Schwingungen. Seit zwei Jahren macht er das in Vollzeit. Heck möchte, dass nur vibriert, was wirklich vibrieren soll, wenn Musik aus Lautsprechern schallt. Deswegen nutzt er Beton. Heck, Maschinenbau-Studium, später Start-up-Stationen in der Möbelbranche, umrahmt Lautsprecher mit dem Baustoff. Er gießt sie in Beton, weil der Stoff schwer und starr ist. Der Sound sei deshalb unverfälschter und klinge klarer. Anders sei das etwa bei Lautsprechern, die mit Holz ummantelt sind. Bei ihnen schwinge das Material mit. Das ließe verfälscht klingen, was aus den Boxen dringt.
„Ich will den Leuten zeigen, das Musikhören über iPhone-Kopfhörer allein nicht die Wahrheit ist“, sagt Benjamin Heck. Vitru Akustik hat er sein Projekt genannt, bislang ist es ein Ein-Mann-Unternehmen. Schon im Februar sollen Hecks Konstruktionen serienreif sein. Dann will er sein Produkt auf einer Hifi-Messe vorstellen.
Dabei sollen seine Lautsprecher nicht bloß Soundnerds und Klangästheten ansprechen. Heck will auch Innendesign-Liebhaber begeistern. „Der Durchschnittslautsprecher ist protzig und prollig in seinem Design“, sagt Heck. Die Silhouttten seiner Lautsprecher seien dagegen „sinnlicher und gefälliger“. Aber wie erklärt man sowas dem Kunden?
Heck hofft, dass er im nächsten Jahr von seinen Mentoren lernt, wie er ein Publikum für seine Lautsprecher findet. Wie er potenzielle Käufer überzeugt von seiner Idee mit dem grauen Gemisch, das guten Klang garantiert. „Die Auszeichnung wird mir Aufmerksamkeit verschaffen, aber darum geht es nicht in erster Linie“, sagt Benjamin Heck. „Vor allem will ich im kommenden Jahr verstehen, wie das geht: ein eigenes Unternehmen führen.“