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13 Neubauten kommen Kreuzfahrtboom erreicht Bremerhaven

Die Kreuzfahrtbranche boomt: Nach zehn Neubauten in diesem Jahr werden 13 neue Schiffe in 2017 erwartet. Und den Boom spürt inzwischen auch Bremerhaven mit steigenden Passagierzahlen.
30.12.2016, 00:00 Uhr
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Kreuzfahrtboom erreicht Bremerhaven
Von Peter Hanuschke

Die Kreuzfahrtbranche boomt: Nach zehn Neubauten in diesem Jahr werden 13 neue Schiffe in 2017 erwartet. Und den Boom spürt inzwischen auch Bremerhaven mit steigenden Passagierzahlen.

Als die „Augusta Victoria“ am 22. Januar 1891 in Cuxhaven vor 125 Jahren auslief, war nicht absehbar, dass sich daraus ein regelrechter Reiseboom entwickeln wird. Die Reise der „Augusta Victoria“ der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (Hapag) gilt als erste Hochsee-Kreuzfahrt überhaupt. Im Verlauf der Jahrzehnte war diese Reiseform vornehmlich einem sehr gut betuchten Personenkreis vorbehalten.

Inzwischen sind Kreuzfahrten für viele erschwinglicher geworden und haben sich zu einer Wachstumsbranche entwickelt: Der internationale Kreuzfahrtverband Cruise Lines International Association (CLIA) erwartet im nächsten Jahr über 25,3 Millionen Kreuzfahrtpassagiere. 24,2 Millionen waren es in diesem Jahr.

Und der Markt hat sich auf eine steigende Anzahl Passagiere eingestellt: Im kommenden Jahr werden, wenn alles planmäßig verläuft, 13 Kreuzfahrtschiffe fertiggestellt. Zehn wurden in diesem Jahr ausgedockt. Wie in 2016 und 2017 werden auch wieder die beiden deutschen Kreuzfahrt-Reedereien Tui Cruises und Aida Cruises mit Neubauten in den Markt gehen, den beide Reedereien in erster Linie im deutschsprachigen Raum sehen.

Deutschland ist weltweit zweitgrößter Kreuzfahrt-Markt

Deutschland ist inzwischen mit etwa 1,8 Millionen Passagieren auch der weltweit zweitgrößte Kreuzfahrt-Markt. Seit 2004 hat sich damit die Zahl mehr als verdreifacht. Und seit 2014 sind die Deutschen Kreuzfahrt-Europameister, diesen Titel hatte bis dahin immer Großbritannien, wo 2016 1,6 Millionen Passagiere eine Kreuzfahrt unternahmen. Absolute Nummer eins sind mit 11,3 Millionen Passagieren die USA.

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Welches Entwicklungspotenzial im deutschen Markt gesehen wird, macht Tui Cruises deutlich: Seit 2014 wird in schöner Regelmäßigkeit ein neues „Mein Schiff“ auf der Meyer-Werft im finnischen Turku fertiggestellt: 2017 kommt die „Mein Schiff 6“, die am 1. Juni getauft wird – in Hamburg und nicht wie lange spekuliert wurde in Bremerhaven.

Wie bei den drei baugleichen Vorgängerinnen setzt die 2008 gegründete Reederei – ein Gemeinschaftsunternehmen der Tui AG und dem international tätigen Kreuzfahrtunternehmen Royal Caribbean Cruises – auf Altbewährtes: auf ihr All-inclusive-Angebot und unter anderem auf ihren nahezu Olympia-tauglichen 25-Meter-Pool auf dem Sonnendeck.

"Neubauten bedienen schlichtweg die Nachfrage"

Den Kreuzfahrt-Markt sieht Tui-Cruises-Chefin Wybcke Meier noch längst nicht gesättigt: Davon sei man noch weit entfernt. Die Zahl der Kreuzfahrttouristen habe sich in den vergangenen zehn Jahren zwar verdreifacht, aber im Verhältnis zu den 54 Millionen deutschen Touristen, die organisiert reisen, sei das Segment Kreuzfahrt derzeit mit 1,8 Millionen Passagieren pro Jahr doch noch übersichtlich.

Die Nachfrage sei groß, deutsche Touristen bevorzugten deutsche Kreuzfahrtanbieter. „Mit unseren Neubauten bedienen wir schlicht die Nachfrage.“ Perspektivisch sieht sie in Deutschland einen Markt von drei Millionen Passagieren. Je nachdem, wie viele der Neubauten künftig in Deutschland eingesetzt werden, sei diese Zahl circa in 2021 zu erreichen.

Beim zweiten deutschen Anbieter heißt es: Nach der „Prima“, die für Aida Cruises in diesem Jahr ihre Arbeit aufgenommen hat, kommt die „Perla“. Das zwölfte Flottenmitglied wird baugleich wie ihre Schwester sein. Und auch bei der „Perla“ gab es wie bei der „Prima“ Verzögerungen bei der Fertigstellung des Schiffs in der Mitsubishi-Werft in Japan. Sie wird jetzt im Juli, zwei Monate früher als zwischenzeitlich geplant, ins westliche Mittelmeer fahren.

Umweltverbände sehen Kreuzfahrtgeschäft kritisch

Auch international kommen einige neue Kreuzfahrtschiffe in Fahrt: Im Frühjahr in See stechen werden das mit mehr als 212 Metern Länge neue Flaggschiff von Silversea Cruises, die luxuriöse „Silver Muse“, und die „MSC Meraviglia“, die Platz für rund 5700 Passagiere bietet. Im Herbst 2017 will die Reederei dann die „MSC Seaside“ in Dienst stellen. In China startet die „Norwegian Joy“ der Norwegian Cruise Line, gefolgt von der kleineren „American Constellation“ von American Cruise Lines für die Reviere der amerikanischen Ostküste und der mittelgroßen „Viking Sky“ von Viking Ocean Cruises, deren Schwesterschiff „Viking Sun“ später im Jahr folgen soll.

Ein kleines Schiff für Abenteurer wird die „National Geographic Quest“ von Lindblad Expeditions werden. Das größte Segelschiff der Welt bringt im kommenden Jahr Star Clippers mit der „Flying Clipper“. Den Reigen der neuen Schiffe komplettieren die auf der Papenburger Meyer-Werft gebaute „World Dream“ von Dream Cruises und die „Majestic Princess“ von Princess Cruises.

Trotz des Einbaus neuster Technik sehen Umweltverbände das Kreuzfahrtgeschäft weiterhin sehr kritisch – etwa auch beim Einsatz sogenannter Scrubber, die unter anderem auf den Tui-Cruises-Schiffen verwendet werden. Scrubber sind eine Art Waschanlage zur Rauchgasreinigung im Schornstein: Deren Einsatz ermögliche den Reedern weiterhin, mit stark schwefelhaltigem Schweröl zu fahren, so der Umweltverband Nabu.

Kreuzfahrtschiffe nutzen an den Häfen Hilfsmotoren

Dazu Tui Cruises: Scrubber filtern 99 Prozent der Schwefeloxide und etwa 60 Prozent der Rußpartikel heraus. Zudem werde der meiste Schadstoffausstoß durch Energieeinsparung vermieden. Die Flotte verbrauche etwa 30 Prozent weniger Energie als vergleichbare andere Schiffe. Insgesamt spare man 9,3 Tonnen Schweröl pro Tag – etwa durch eine maximierte Abwärmenutzung der Motoren, die unter anderem die Pools an Bord beheizt.

Der Kreuzfahrtverband CLIA Deutschland hält dagegen, dass derzeit noch keine Technologie für Kreuzfahrtschiffe existiere, die sehr kleine Rußpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 0,1 Mikrometer filtern könne. Zudem würden Kreuzfahrtschiffe für den Betrieb während der Hafenliegezeit Hilfsmotoren einsetzen, die Marinediesel mit wenig Schwefel nutzen. Außerdem machen Kreuzfahrtschiffe nach Angaben des Deutschen Reiseverbandes nur 0,52 Prozent der zivilen Schifffahrt aus. Und die neuen Aida-Schiffe „Prima“ und „Perla“ sind die ersten Kreuzfahrtschiffe, die im Hafen umweltfreundlich mit Flüssigerdgas (LNG) betrieben werden können.

Seestadt profitiert vom kreuzfahrtboom

Dass die „Mein Schiff 6“ doch nicht in Bremerhaven getauft wird, bedeutet aber nicht, dass die Seestadt nicht vom Kreuzfahrtboom in Deutschland profitiert: Zwar sind die Zahlen weit entfernt von denen anderer deutscher Kreuzfahrthäfen etwa in Hamburg – dort erwartet der Terminalbetreiber Cruise Gate Hamburg im nächsten Jahr etwa 200 Schiffsanläufe mit insgesamt 800.000 Passagieren, die auf Reisen gehen und zurückkommen –, aber am Columbus Cruise Center Bremerhaven (CCCB) tut sich etwas.

In diesem Jahr machten 68 Kreuzfahrtschiffe fest, abgefertigt wurden etwa 96.500 Passagiere. 2015 lag die Zahl am Kreuzfahrtterminal in Bremerhaven erst bei 66.000. Und im kommenden Jahr soll es erneut einen Schub geben: CCCB-Geschäftsführer Veit Hürdler erwartet über 150.000 Passagiere bei 80 Schiffsanläufen.

Bei solchen Entwicklungen ist es kaum vorstellbar, wie die Kreuzfahrt einst begann: Der Doppelschrauben-Schnelldampfer „Augusta Victoria“, der bis zu seiner ersten Kreuzfahrt nur im Sommer für den Personentransfer von Hamburg nach New York eingesetzt wurde – in den Wintermonaten galt die Querung des Nordatlantiks in der stürmischen See als zu gefährlich – hatte nur 241 Personen an Bord.

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