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„Jetzt erst recht“-Mentalität Diese Bremer Betriebe nutzen die Krise als Chance

Derzeit ist bundesweit jedes zweite Unternehmen in Kurzarbeit. Doch hier sind drei Beispiele aus Bremen, bei denen die Betriebe „jetzt erst recht“ sagen oder sogar den Schritt in die Selbstständigkeit wagen.
14.07.2020, 05:00 Uhr
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Diese Bremer Betriebe nutzen die Krise als Chance
Von Florian Schwiegershausen

Bei vielen Unternehmen ist die Krise angekommen. Schätzungsweise jeder zweite Betrieb ist laut Ifo-Institut in Kurzarbeit. Doch es gibt in Bremen Beispiele, bei denen die Betriebe sagen „Jetzt erst recht“. Dazu gehört das Bremer Maschinenbauunternehmen Dino in Huchting mit seinen 13 Mitarbeitern. Sie wollen nun die Technik, die sie seit vielen Jahren vertreiben, anderweitig nutzen. Das Unternehmen, das vor 60 Jahren von der Familie Nobel gegründet wurde, hat sich auf Dampf und Dampfkesselsysteme spezialisiert sowie auf Hygiene und Sterilisation.

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Im Februar sahen die Mitarbeiter die Bilder aus Wuhan. Die Geschäftsführer Matthias Tippelt und Marcel Lisser erinnern sich: „Einer von ihnen kam mit der Idee auf uns zu, inwiefern man mit unseren Anlagen ganz ohne Chemie nicht auch FFP2-Schutzmasken sterilisieren kann, um sie ein weiteres Mal zu verwenden. Schließlich sterilisieren wir auch schon Messer in Schlachthöfen mit unserem Stericut.“ Das Team tüftelte zusammen an einer Lösung. So manche Labortests waren nötig, ob das Gerät mit seinem heißen Wasserdampf wirklich alle Viren abtötet. Jetzt ist der Prototyp fertig. „In einem Arbeitsgang kann das Gerät 40 Masken sterilisieren“, erläutern Tippelt und Lisser.

50 Prozent der Ressourcen gespart

Dazu werden die Masken im Gerät für fünf Minuten mit bis zu 138 Grad heißem Wasserdampf benebelt. „Anschließend sind alle Bakterien und Viren, auch die behüllten, abgetötet“, sagt Tippelt. Für einen solchen Sterilisationsvorgang rechnen sie insgesamt zehn Minuten. In zehn Stunden wäre also die Reinigung von 2000 FFP2-Masken und mehr möglich. Nun soll es in die Vermarktung gehen. Die Geschäftsführer haben verschiedene Ideen: „Natürlich ist der Sterimask für alle Unternehmen, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen oder öffentliche Einrichtungen interessant. Aber genauso auch für Fluggesellschaften, Flughäfen und Kreuzfahrtschiffe, die jetzt langsam mit ihren Touren wieder starten.“

Das Gerät schone außerdem Ressourcen: „50 Prozent spart man schon ein, alleine wenn durch das Sterilisieren jede FFP2-Schutzmaske ein weiteres Mal zum Einsatz kommt“, so Lisser. Denn Dino garantiert, dass die Masken auch nach einer Reinigung den kompletten Schutz bieten. Die Kosten für ein solches Gerät entsprechen etwa dem Preis eines Mittelklassewagens, die Investition könne sich aber bereits nach zwei bis drei Monaten amortisiert haben. Die Dino-Geschäftsführer feilen dabei an einer weiteren Idee: „Die Praxen sammeln in einem Behälter die benutzten Masken, wir holen sie wöchentlich ab und bringen sie sterilisiert zurück.“ Die Corona-Pandemie hat diese Geschäftsidee erst möglich gemacht.

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Anja Kleine-Spinner hat mitten in der Corona-Zeit sogar den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Mit dem Gedanken habe die Diplom-Fitnessökonomin schon immer gespielt und Ausschau nach passenden Örtlichkeiten gehalten. Nun hat sie in der Überseestadt ihre Praxis für Schmerztherapie mit dem Namen „Mobifit“ eröffnet – als es von den Corona-Auflagen her möglich war.

Durch die Pandemie arbeiten viele seit Monaten im Homeoffice – und da sei die Frage, ob sie dabei gesund mit ihrem Körper umgehen, wenn sie beispielsweise dafür am Küchentisch sitzen. Der Bedarf sei auf alle Fälle nicht weniger geworden, stellt die 45-Jährige fest. „Vielleicht haben einige ihre Schmerzen auch aus Existenzängsten oder Angst vor der Zukunft“, sagt Kleine-Spinner. Denn bei ihrer Schmerztherapie geht es ihr zum einen um eine ganzheitliche Behandlung.

Wenn sie sich zum anderen die großen Fitnessangebote für die Masse anschaut, sagt sie: „Da fehlt es an etwas für Menschen über 40 und 50 Jahren. Denen will ich helfen, damit sie schmerzfrei werden und sich richtig bewegen.“ Seit der Eröffnung habe sich die Zahl ihrer Kunden verdoppelt. Kleine-Spinner freut sich, dass sie den Schritt gegangen ist und hofft, dass es so weitergehen wird.

In Bremen statt in Asien fertigen

Auch das Unternehmen 8 Seasons Design sieht die Krise als Chance. Seit 2018 stellt die Firma in Bremen-Hastedt Lampen aller Art für Garten und Außenbereich her. Zwar merkte das Unternehmen auch die Wochen, in denen bundesweit der Einzelhandel wegen der Corona-Pandemie geschlossen hatte, aber nun knüpfen sie daran an, wie Vertriebsleiter Jochen Kurzke sagt: „Der Handel erkennt den Vorteil, dass wir hier in Deutschland und nicht in Asien fertigen, nachdem in den letzten Monaten deutlich geworden ist, wie abhängig der Handel inzwischen von Asien ist.“ Die Zeit des Lockdowns in Deutschland und die abgeschnittenen Handelswege haben das den Menschen so deutlich wie noch nie vor Augen geführt.

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Dieses Bewusstsein will 8 Seasons Design für das Geschäft nutzen. Dazu sagt Kurzke: „Bei uns ist es so: Ein Container mit Rohstoffen für die Fertigung ersetzt 22 Container, die sonst mit den fertigen Produkten nach Deutschland gebracht werden, würden wir in Asien herstellen. Dadurch haben unsere Lampen einen wesentlich geringeren ökologischen Fußabdruck.“ Das ist laut Kurzke auch ein Argument für den Handel, weil sich immer mehr Kunden bei hochwertigen Produkten inzwischen auch für solche Aspekte interessieren. Die mehr als 25 Mitarbeiter in Bremen hoffen, auch damit stärker beim Endverbraucher punkten zu können in Konkurrenz zu denjenigen, die weiter auf Asien setzen.

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