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Demo bei Beck's am Weserdeich AB-Inbev-Mitarbeiter in Sorge um ihr Bier

So, wie AB Inbev längst auf Haake-Beck Maibock verzichtet, streicht der Konzern woanders auch das Sortiment zusammen. Aus ganz Deutschland kommen deshalb Teams anderer Standorte zur Demo bei Beck's am Deich.
25.05.2024, 05:00 Uhr
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AB-Inbev-Mitarbeiter in Sorge um ihr Bier
Von Florian Schwiegershausen

In Issum am Niederrhein wird sich an diesem Sonnabend um 8.30 Uhr Thomas Engelsiepen mit mindestens 20 Kollegen auf den Weg nach Bremen machen. Er ist der Betriebsratsvorsitzende der Diebels-Brauerei in Issum. Für die Gemeinde mit ihren 12.000 Einwohnern ist das Altbier ein Stück Heimat. Ob Hochzeit, Geburtstag oder Beerdigung – Diebels ist immer dabei. Doch Engelsiepen und die noch gut 100 Beschäftigten sind in Sorge, dass ihr Stück Heimat, das seit 1878 besteht, irgendwann verschwinden wird.

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Diebels ist wie Beck's Teil des weltgrößten Brauereikonzerns AB Inbev. Engelsiepen kritisiert: "AB Inbev sind die nationalen Marken völlig egal. Überall haben nur noch die internationalen Marken wie Corona Extra und San Miguel Vorrang, dem haben sich die nationalen Marken unterzuordnen. Schauen Sie: Vor sieben Jahren war Beck's noch nationale Marke und wird immer mehr zur regionalen Marke."

"Kein Geld für Werbung"

Insbesondere missfällt Engelsiepen und seinen Kollegen, dass AB kein Geld in Werbung und Marketing investiere, um die Marken zu pflegen: "Diebels Radler, Diebels Alkoholfrei, Diebels Light und Dimix wurden eingestellt." Dabei gehe der Trend seit Jahren zu Biermixgetränken.

Als AB Inbev Diebels 2001 übernahm, produzierten in der Brauerei 400 Beschäftigte mehr als 1,5 Millionen Hektoliter pro Jahr. Mit der TV-Werbung und dem Lied "Ein schöner Tag" wurde Diebels zur nationalen Altbier-Marke. "Jetzt sind wir nur noch 100 Beschäftigte, und die Jahresproduktion liegt bei 200.000 Hektolitern." Engelsiepen und alle 100 Beschäftigten betreiben die Markenpflege längst selbst und haben dafür den Verein "Wir sind Diebels" gegründet: "Wir sind auf Schützenfesten und Feuerwehrfesten vertreten und kriegen es auch irgendwie hin, Trikots für Fußballmannschaften zu bezahlen."

"Es brodelt ordentlich in den Köpfen"

Bei der Kundgebung um 13 Uhr vor dem Beck's-Verwaltungsgebäude am Weserdeich werden neben dem Diebels-Team auch Teams der anderen deutschen AB-Inbev-Standorte anwesend sein – also von Hasseröder in Wernigerode sowie von Franziskaner, Löwenbräu und Spaten in München. Laut Gewerkschaft NGG wird es das erste Mal sein, dass sich die Beschäftigten aller deutschen AB-Inbev-Brauereien hier vor der deutschen Verwaltungszentrale des Konzerns versammeln werden. "Da brodelt es schon ordentlich in den Köpfen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter", sagt der Bremer NGG-Gewerkschaftssekretär Björn Bauer. Denn an allen Standorten sehe die Kritik ähnlich aus wie am Niederrhein.

Diebels-Betriebsratsvorsitzender Engelsiepen wünscht sich: "Die sollten viel mehr Verantwortung in nationale Hände abgeben." So könne man die Marken besser voranbringen – auch mit sehr viel mehr Emotion. Dass in Bremen kein Haake-Beck Maibock gebraut werde, passe ins Bild.

Haake-Beck in Diebels-Fässern für den Freimarkt

Beck's ist für Diebels keine Unbekannte. Diebels war 2006 zur Fußball-WM in Deutschland die erste deutsche Brauerei, die außerhalb Bremens Beck's gebraut hat. Außerdem ist es vor dem Bremer Freimarkt für die Diebels-Brauerei längst eingeübte Praxis, einen Tanklaster mit Haake-Beck Pils nach Issum zu schicken. Dort füllen die Mitarbeiter das Bremer Bier in die Diebels-Zehn-Liter-Fässer ab, weil bei Beck's keine Fässer entsprechender Größe vorhanden sind. Auf diesem Wege können sich die Besucher in den Partyzelten auf dem Freimarkt selbst ihr Haake-Beck am Tisch zapfen.

Engelsiepen wird am Sonnabend am Weserdeich seinem Unmut Luft machen. Dazu war bereits im Dezember auch eine Abordnung im belgischen Leuven, um dort vor der europäischen AB-Inbev-Zentrale zu demonstrieren.

"Traditionsreiche Kernmarken"

Der neue Unternehmenssprecher von AB Inbev Deutschland, Florian Farken, bezeichnet die genannten Biere dagegen als "traditionsreiche Kernmarken": "Diese Marken zu schätzen, ist eine wesentliche Säule unserer Strategie, die auf langfristiges Wachstum und nachhaltige Wertschöpfung ausgelegt ist." Die zweite Säule der Strategie seien die internationalen Premiummarken wie Corona Extra und San Miguel, "die im deutschen Markt sehr gut angenommen werden."

In puncto Werbung und Marketing nennt Farken Kooperationen in den jeweiligen Regionen sowie das Sponsoring von Werder Bremen und das bei anderen Bundesligisten sowie die Präsenz auf Festivals oder jetzt bei der Konzerttour von AC/DC. Farken ergänzt: „Große Sportveranstaltungen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher gerne ein Bier genießen, während sie die großen Spiele verfolgen." Zur Fußball-EM zeigen zum Beispiel die Etiketten der Beck's-Flaschen die verschiedenen Nationalfarben der Teilnehmer. Für Engelsiepen schafft das zu wenig Emotion. Was Emotion schafft? Dazu müsse er mit den Kollegen nur die Diebels-Hymne "Ein schöner Tag" anstimmen, wie auf der Facebook-Seite von "Wir sind Diebels".

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