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Kriminalität Ladendiebstahl nimmt zu: Wie Bremer Supermärkte reagieren

Wenn ein Paket Marken-Filterkaffee fast zehn Euro im Discounter kostet, weckt das Interesse bei Ladendieben. Wie die ersten Märkte bei einem Produkt reagieren, das 2024 im Angebot weniger als vier Euro kostete.
25.06.2025, 05:00 Uhr
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Ladendiebstahl nimmt zu: Wie Bremer Supermärkte reagieren
Von Florian Schwiegershausen

Ladendiebstähle haben im vergangenen Jahr um drei Prozent zugenommen. Das geht aus der aktuellen Studie „Inventurdifferenzen 2025“ des Kölner Einzelhandelsinstituts EHI hervor. Dabei gibt es einige Artikel, die bei den Dieben besonders hoch im Kurs stehen. Vor allem Kaffee ist ins Visier von Ladendieben gerückt, was Supermärkte zu besonderen Sicherheitsmaßnahmen veranlasst hat.

Wer sind die Diebe?

Ladendiebstähle durch Kunden sind die häufigsten registrierten Fälle. Das EHI beziffert ihren Anteil am Schaden auf knapp drei Milliarden Euro von insgesamt 4,1 Milliarden Euro. Aber: „Ladendiebstähle werden immer häufiger organisiert begangen“, sagt Frank Horst. Er ist beim EHI der Experte für Inventurdifferenzen. Bei organisierten Diebstählen gibt es entweder beauftragte Einzeltäter oder Gruppen mit gezielter Aufgabenver­teilung. „Laut der aktuellen Händlerbefragung geht rund ein Drittel, also fast eine Milliarde Euro des Gesamtschadens auf das Konto solcher Tätergruppen“, sagt Horst. Im Vergleich zum vergangenen Jahr bedeute das eine Erhöhung um fünf Prozent. Für die EHI-Studie haben Horst und sein Team 98 Unternehmen mit mehr als 17.000 Verkaufsstellen befragt.

Zu den Dieben gehören auch immer mehr Stammkunden. „Eine Erklärung kann sein, dass diese den Ladendiebstahl als Protest verstehen – wenn man also den Preis für einen Artikel nicht länger akzeptieren möchte“, erläutert Horst.

Welche Artikel sind inzwischen hoch im Kurs unter den Langfingern?

Die Bandbreite der Artikel nehme zu – inzwischen gehören Energy Drinks und Fleisch dazu. Auch Kaffee scheint wieder beliebter zu werden angesichts der steigenden Preise. Erst vor gut drei Wochen versuchte ein junger Mann im Lidl-Markt in Bremen-Osterholz vier Pappträger Jacobs Kaffee zu entwenden – Ware mit einem Wert von mehr als 400 Euro. Den Kaffee hatte er in seinem Einkaufswagen und schob diesen durch die geöffnete Eingangsschran­ke. Ein aufmerksamer Kunde konnte den Diebstahl vereiteln und verständigte das Personal, das die Ware auf dem Parkplatz sicherstellte. Frank Horst sagt dazu: „Es gibt ein Auf und Ab, und Kaffee gehörte schon immer mal mehr, mal weniger zu den beliebten Artikeln bei den Inventurdifferenzen.“

Was tut der Einzelhandel dagegen?

Im Netto in der Bremer Innenstadt an der Violenstraße ist seit Kurzem jedes Paket Filterkaffee, egal welcher Marke, am Boden mit einem Metallstreifen versehen. Der dient als Diebstahlschutz. Durchläuft der Kunde mit einem solchen Paket die Säulen an der Kasse, die mit entsprechenden Detektoren ausgestattet sind, ertönt ein Piepsen. Auch die neuesten Chargen vom Melitta Kaffee in Bohnen sind mit einem Metallstreifen versehen. Da alle Markenkaffees nun diesen Streifen tragen, wird sich Netto mit den Herstellern darauf verständigt haben.

Der Edeka-Markt Postamt 5 in der Nähe des Hauptbahnhofs wiederum hat seit einigen Monaten die Gläser vom Marken-Instantkaffee in einem Glasvitrinenschrank verschlossen, um es Dieben schwerer zu machen. Beim Rewe in der Obernstaße stehen die Kaffeebohnen ebenfalls gesichert an der Kassenzeile neben den Spirituosen.

Welche Möglichkeiten gibt es noch?

„Man kann von dem Artikel weniger ins Regal stellen und öfter nachfüllen“, sagt Frank Horst. Das sei bei Kaffee aber schwierig, weil Kunden inzwischen für ganze Bürogemeinschaften einkaufen. „Oder man platziert die Artikel in Sichtweite der Mitarbeiter.“

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Erleichtern SB-Kassen den Diebstahl?

Durch SB-Kassen, an denen die Kunden ihre Ware selbst abkassieren, gelangt viel Diebesgut nach außen. Hatten Märkte in der Vergangenheit ihre Ein- und Ausgangszonen offen gestaltet, sind diese Zeiten wohl vorbei. „Wenn man hinter die SB-Check-Out-Kassen eine Schranke setzt, hat das durchaus einen positiven Effekt. Die Schranke scheint einen psychologischen Effekt zu haben, weil sie eben den Ladendiebstahl minimiert“, hat EHI-Experte Horst beobachtet.

Rewe sieht kein Problem mit den SB-Kassen. „Wir können über alle Märkte betrachtet nicht erkennen, dass Selbstbedienungskassen signifikanten Einfluss auf die Diebstahlquote eines Marktes haben“, sagt Sprecher Thomas Bonrath. Deshalb werde Rewe weiter auf den Ausbau dieser Kassen setzen – allerdings mit Videoüberwachung, Schranken und anderen Mitteln gegen Diebstahl. Edeka Minden-Hannover wollte sich nicht zu dem Thema äußern.

Laut EHI-Studie gibt der Einzelhandel 1,6 Milliarden Euro im Kampf gegen den Ladendiebstahl aus – zum Beispiel für mehr Technikeinsatz oder für Schulungen der Beschäftigten. Dennoch bleiben wohl mehr als 24 Millionen Diebstähle im Wert von durchschnittlich 120 Euro unentdeckt.

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