Es gibt Geschäftsfelder, die eher nicht mit dem profanen Musterkoffer zu beackern sind – doch genau das haben Ayhan Yücel und Tim Kubitza zu Beginn ihrer Karriere getan. Schnell haben die beiden Fachmänner für Terrassenüberdachungen aber gemerkt, dass Kaltwintergärten, Balkonverglasungen und Pergolen eher umständlich auf diesem Weg an die Kundschaft zu bringen sind.
„Wir haben versucht, etwas anzubieten, was in unserer Branche sonst niemand anbietet“, erklärt Ayhan Yücel, während er im nagelneuen Showroom der Firma „Rooftop Art“ steht. Seit Ende Juni können sich Interessenten im sich entwickelnden Tabakquartier in Woltmershausen darüber informieren, wie ein an sich einfacher Witterungsschutz mal eben zur Kunst deklariert werden kann.
Die genaue Übersetzung des Firmennamens lautet demnach auch „Dach-Kunst“ – nun liegt die Einordnung von Gebilden in den Kontext der Kunst stets im Auge des Betrachters, doch der in Schwachhausen wohnende Ayhan Yücel und der in Dreye lebende Tim Kubitza lassen während des Rundgangs durch die Ausstellungsräume keinen Zweifel an ihrer Überzeugung, dass sie nicht nur schnöde Regendächer verkaufen. „Wenn man sich auf dem Markt umschaut, dann hat man immer ähnliche Überdachungen, die auch alle ähnlich aussehen“, meint Ayhan Yücel. „Die Designsprache ist aber enorm wichtig für uns.“
Und natürlich auch die Statik: „Wenn man über fünf Meter Breite hinausgeht, dann ist das eine Herausforderung, dies mit nur zwei Pfosten zu realisieren, denn eigentlich bräuchte man einen dritten Pfosten in der Mitte.“ Die Rooftop-Art-Überdachungen haben jedoch lediglich außenbündig links und rechts zwei Pfosten: „Bei uns ist die Regenrinne nicht ein bloßes Blech“, sagt Yücel, vielmehr liege sie auf den Pfosten und Tim Kubitza ergänzt: „Mit der Regenrinne steht und fällt die Breite des Daches auf zwei Pfosten.“
Die Statik werde übrigens vom Hersteller stets berechnet, erzählt Tim Kubitza, und wenn ein Kunde einen Bauantrag stelle, dann erhalte er auch die Daten. „Dadurch spart der Kunde auch Kosten, wenn er für solch einen Antrag die Statikberechnungen erhält.“ Wobei für die Dachlösungen, die Rooftop Art anbietet, nicht grundsätzlich Baugenehmigungen eingeholt werden müssten: Handele es sich dabei doch um sogenannte „Kaltwintergärten“, die eben nicht als Wohnraum gelten und auch nicht geheizt sind. Und was auch von Vorteil ist: „Die Systeme sind beständig erweiterbar und die Kunden können erst einmal mit dem Dach anfangen“, sagt Ayhan Yücel. „Danach können sie dann aufstocken, das ist ein modulares System.“
Und bei einem bloßen Dach bleibe es in der Regel dann doch nicht, meint Tim Kubitza: „Wenn ein Kunde zwischen Dach und Kaltwintergarten schwankt und erst einmal ein Dach nimmt, kommt es häufig vor, dass er im kommenden Jahr dann doch eine Erweiterung zu einem Kaltwintergarten haben möchte.“
Diverse Modelle hat die 2020 von Ayhan Yücel gegründete Firma im Angebot, von der „Modernline“ genannten Basisversion bis hin zur „Ultraline“, die eine Breite von bis sieben Metern auf lediglich zwei Stützen ermöglichen kann. „,Ultra´ wie ,ultramassiv´“, sagt Ayhan Yücel, lacht und meint – „und weil es ultrageil ist.“ Ermöglicht werden die Spannbreiten dieser Alukonstruktionen übrigens durch einzelne Streben im Inneren der Regenrinne, die ihr „eine enorme Steifigkeit“ verleihen. Außerdem werden einzelnen Modellen noch massive Stahlträger hinzugefügt – das alles dann unsichtbar, je nach Kundenwunsch und Geldbeutel.
Über Preise können und möchten die beiden Jungunternehmer indes nicht sprechen: Zu individuell ist jeder Kundenwunsch, kein Auftrag gleicht exakt dem anderen. In Teilen gleichen sich jedoch die Lebenswege des 36 Jahre alten Yücel und des 35-jährigen Kubitza. Beide sind sie in Sebaldsbrück aufgewachsen und kennen sich seit der Grundschule. Und beide Jungunternehmer haben zuerst Speditionskaufmann gelernt und anschließend noch das Studium zum Betriebswirt beziehungsweise Bachelor absolviert. Yücel arbeitete in der Logistikbranche und im IT-Bereich und dachte irgendwann über eine Selbstständigkeit nach. „Mein Bruder ist Architekt und wollte eine Terrassenüberdachung haben“, erzählt er.
Leute seien gekommen, die aber eher nicht professionell gewirkt hätten. „Da haben wir uns überlegt, wie wir uns vom Markt absetzen können.“ Er nahm zu den Herstellerfirmen, mit denen er nun zusammenarbeitet, Kontakt auf, anschließend absolvierte er eine Schulung bei diesem Hersteller und hat sich zertifizieren lassen. Einen ähnlichen Weg ist auch Kubitza gegangen. „Ich war in einer Spedition tätig, hatte eine tolle Position, doch ich habe mich immer gefragt, ob mich dieser Job glücklich macht. Ich war an dem Punkt, an dem sich etwas ändern wollte. Und dann fragte Ayhan, ob wir das zusammen machen möchten.“ Das bedeutet aber nicht nur, präsent im Showroom zu sein: „Wir arbeiten mit Subunternehmern, bauen aber auch selber auf.“
Auch Gastronomiebetriebe schätzen die Produkte von Rooftop Art für Kaltwintergärten und Überdachungslösungen: Wenn sich bei Regen schnell und auf Knopfdruck die Alulamellen schließen, muss der Gast nicht ins Haus – und laut werde es auch nicht, erläutert Yücel: In den Lamellen sei ein Schaum enthalten, der nicht nur den Schall schluckt, sondern auch noch isoliert. Wobei es im Showroom dann auch noch 200 verschiedene Farbproben gibt, damit die kommende heimische Markise auch exakt den gewünschten farblichen Ton erhält.
Wie geht es also weiter? Yücel erklärt: „Wir wollen ,Rooftop Art´als Marke etablieren und weitere Lösungen bieten. Denn auf der Welt gibt es wirklich coole Lösungen, die wir hier noch gar nicht kennen.“
