In der Mittagszeit ist in der Markthalle Acht immer viel los. An den Ständen müssen nun alle Handgriffe an den Pfannen und Töpfen sitzen. Es bilden sich kleine Schlangen. Und die Hungrigen haben die Auswahl: Was soll heute auf den Teller kommen? Der Duft der Küche Hawaiis, der Ukraine, Ghanas oder Italiens liegt in der Luft. Viele Touristen lassen es sich hier schmecken.
Ein Mitarbeiter von "Pizza Glück" bereitet gerade flink einen Schwung Kartons vor. Felix Schubert ist hier der Chef. Ob seine Pizzen in der Markthalle gegessen werden oder im Karton zum Mitnehmen landen? Es ist noch nicht raus, ob das im nächsten Jahr wieder eine Rolle an der Kasse spielt – wenn die Mehrwertsteuer auf Speisen im Restaurant wieder auf 19 Prozent steigen sollte. Die Branche hofft seit Monaten, dass es nicht dazu kommt.
Weniger Gäste befürchtet
In der Markthalle sorgen sich die Standbetreiber deshalb ebenfalls. Aus Schuberts Sicht können Gastronomen nicht auf eine Erhöhung der Preise verzichten, wenn die Steuer wieder steigt – auch er selbst nicht: "Das kann ich mit meiner Marge nicht mehr abfedern." In jüngster Zeit seien immer mehr Belastungen dazugekommen. Die Energie sei teurer, die Lohnkosten stiegen. Und für die Lebensmittel selbst muss er auch tiefer in die Tasche greifen. "Ich zahle mittlerweile für das Kilo Mehl 50 Prozent mehr", sagt Schubert. "Wenn wir überleben wollen, müssen die Preise steigen." Doch wie viele Kunden kämen dann noch? Wer könne sich das Essen dann noch leisten?
Der Leiter der Markthalle Acht, Jann Nonnenbruch, stellt sich ähnliche Fragen. "Wir sind derzeit sehr zufrieden mit dem Anklang bei den Gästen. Es ist hier sehr viel los", sagt er. Aber ob das in Zukunft noch so sein werde? "Das wissen wir nicht." Klar sei aber auch: "Du kannst nicht einfach zwölf Prozent schlucken." Die Standbetreiber blickten schon ängstlich auf eine mögliche Rückkehr zur regulären Mehrwertsteuer. Die Preise ließen sich dabei nur bis zu einem gewissen Niveau erhöhen: "Sonst leisten sich die Leute das nicht mehr."
Das dürfte gerade für die Markthalle gelten. Denn hier sind die Preise den ganzen Tag über konstant. Paella und Pasta kosten um 12 Uhr genauso viel wie um 20 Uhr. Gerade beim Mittagstisch sind die Gäste allerdings oft knausriger. "Wir sind hier preislich auf einem sehr guten Niveau im Vergleich zu vielen Lokalitäten in der Umgebung", findet der Markthallenleiter. "Aber die Frage ist: Wie lange geht das noch?" Nonnenbruch versteht dabei nicht, warum es überhaupt einen Unterschied zum Auswärtsessen geben muss – ein Vorteil für die Konkurrenz in Supermarkt und Bäckerei. Hier bleibt der Steuersatz weiterhin günstiger.
Johnson Ly gehört das "The 5th District" in der Markthalle – die Chinese Street Kitchen. Sein Vater steht am Wok, um Golden Noodles vorzubereiten. Ein Bestseller mit Hähnchenbruststreifen und Sojasprossen. Um seine Existenz fürchtet Ly wegen der möglicherweise künftig wieder höheren Mehrwertsteuer nicht. Doch er frage sich schon: Lohnt es sich dann noch? "Wir sind am Ende des Tages alle Unternehmer", sagt Ly. In alle Bereichen seien die Kosten gestiegen. Und die müssten an die Kunden teils weitergegeben werden.
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Gerade um Familienbetriebe sorgt Ly sich schon, die manchmal auf jeden Cent angewiesen seien. Für diese Gastronomen könne die Lage schon kritisch werden. Der Bremer geht davon aus, dass die Vielfalt der Restaurantszene leiden wird, wenn die Mehrwertsteuer wieder bei 19 Prozent liegt, weil Geschäfte unter Druck gerieten. Und für die Kunden werde es teurer. Bei einem Einzelgericht falle die Erhöhung vielleicht nicht so gravierend aus, wohl aber sei sie für größere Familien zu spüren.
"Die Steuer sollte bei sieben Prozent bleiben, um uns noch ein bisschen zu unterstützen", findet auch Ilker Üstüay von "Mezze und Liebe". Aus seiner Sicht ist es nicht logisch, dass die Lebensmittel im Einkauf eine Mehrwertsteuer von sieben Prozent haben und später für 19 verkauft werden soll. Das Geschäft laufe derzeit gut. Üstüay sagt: "Ich will die Preise nicht erhöhen." Im Moment sei wegen der Inflation für alle eine schwierige Zeit.
Die Markthalle hat sich laut Nonnenbruch erst seit Kurzem so richtig etabliert. In der Stadt gebe es eine schöne Gastronomieszene, aber die Bremer bräuchten auch ihre Zeit, wenn es neue Ideen gebe. "Das hat auch hier gedauert", sagt er. Heute sei man zufrieden mit den Besucherzahlen – auch Felix Schubert mit seinem "Pizza Glück" und dem zweiten Stand "Pasta Glück". Für Gäste sei das Konzept entspannt und unkompliziert: "Die Leute können von überall herkommen. Jeder kann sich das holen, worauf er Lust hat."
Über seinen Tresen geht die nächste Pizza raus. Ziegenkäse, Honig und Walnüsse sind auf der "Didi". Die Pizza hat zum Start 9,50 Euro gekostet. Heute sind es 10,50 Euro. Die Gäste holen sich ihr Essen selbst ab, weshalb weniger Personal notwendig ist. Diesen Vorteil, sagt Schubert, gebe man gerne an die Kunden weiter. Riesenmargen seien nicht drin. "Da arbeiten wir gerade sehr knapp kalkuliert."
Ihn stört an den Plänen für die Mehrwertsteuer noch eine Sache: Wenn die Preise weiter klettern, dann können Menschen mit weniger Geld noch seltener ausgehen. Dabei sei das Zusammenkommen an einem Tisch wichtig für die Gesellschaft. "Ich glaube, dass die Gastronomie einen ziemlich großen Beitrag leistet für die Kommunikation der Menschen untereinander", sagt Schubert. "Wir sind Herdentiere."