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Was heißt das für Bremen? Mercedes setzt auf mehr Klasse statt Masse

Mehr S-Klasse und Maybach – so sieht die neue Luxus-Strategie des Mercedes-Chefs Ola Källenius aus. Warum die IG Metall diese Strategie kritisiert, und was das für das Bremer Werk mit seiner C-Klasse bedeutet.
19.05.2022, 18:53 Uhr
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Mercedes setzt auf mehr Klasse statt Masse
Von Florian Schwiegershausen

Mercedes will vor allem mit teuren Luxusautos wachsen und damit besser verdienen. „Wir sind ein Luxusunternehmen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Ola Källenius am Donnerstag bei einer Investorenkonferenz im französischen Ort Roquebrune-Cap-Martin am Mittelmeer. Mit der Neuausrichtung würden auch die Arbeitsplätze abgesichert.

Källenius rechnet damit, dass die Zahl reicher Menschen in der Welt steigt. Deshalb gebe es Chancen, mehr Luxusautos zu verkaufen. Vor allem in China seien die Aussichten dank eines wachsenden Lebensstandards größerer Bevölkerungsschichten gut. In Zukunft heißt die Parole beim Autobauer: Mehr Klasse statt Masse. Der Hersteller mit dem Stern will Einstiegsmodelle künftig aufwerten. Doch bei solchen Ansagen sollten die Beschäftigten des Bremer Mercedes-Werks hellhörig werden. Was bedeutet das für die C-Klasse, für die Bremen das Leitwerk ist und immer noch das Volumenmodell am Standort?

Wie sieht die IG Metall die Strategie?

Volker Stahmann von der IG Metall Bremen sieht diesen Schritt kritisch. Das Unternehmen vom Premiumhersteller ins Luxussegment zu heben, mache aus Sicht der IG Metall keinen Sinn, denn es brauche bei einem Autohersteller auch einen Unterbau: "Es braucht ja auch Einstiegsmodelle, mit denen man beginnt, die Menschen an eine Marke zu binden. Kaum einer kann sich sofort ein Luxusauto kaufen." Und da spiele eben die C-Klasse, die im Bremer Werk gebaut wird, eine Rolle. "Man kann nicht nur Luxus bauen. Um junge Käuferschichten zu gewinnen, braucht es eben auch eine A-Klasse." Stahmann erinnert außerdem daran, dass auch die Vans ein Teil der Automobilsparte von Mercedes seien. Damit sind die Sprinter-Modelle gemeint, die nicht nur bei Wohnungsumzügen sehr beliebt sind. Der IG-Metaller hält es nicht für sinnvoll, wenn diese Lieferfahrzeuge in Zukunft eine geringere Rolle spielen.

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Was hat Mercedes vor?

Die Angebotspalette bei Mercedes soll künftig drei Kategorien haben. Im Spitzenbereich sind vor allem die Luxussubmarke Maybach, die Sportwagentochter AMG sowie die S- und G-Klasse mit ihren jeweiligen Elektro- und SUV-Ablegern einsortiert. Das Kernangebot soll die absatzstärksten Modelle rund um C- und E-Klasse umfassen. Im Einstiegssegment mit den günstigeren Autos will Mercedes hingegen ausdünnen: Die Zahl der Karosserievarianten soll von sieben auf vier sinken, dafür soll die Technik der Modelle aufgewertet werden.

Was bedeutet das für die Beschäftigten im Bremer Werk?

Konkrete Aussagen zu einzelnen Werken wollte Mercedes nicht machen. Grundsätzlich sagte Unternehmenssprecher Edward Taylor dem WESER-KURIER: "Wir sehen auch immer noch bei der C-Klasse Wachstum. Die Verkündung der Strategie heute sollte kein Grund für Panik sein, was die Beschäftigung angeht." Es werde keine Auswirkungen auf die Beschäftigtenzahl geben. Innerhalb der Netzwerke zwischen den einzelnen Produktionsstandorten werden weiterhin die Modelle verteilt. Diese Verhandlungen laufen. Gleichzeitig glaubt man daran, das Volumen im Kompaktsegment beibehalten zu können, zu der eben auch die C-Klasse gehört.

Verabschiedet sich Mercedes dennoch von Modellen?

Auf die Frage, ob das auf Dauer das Aus für Kompaktautos der A-und B-Klasse bedeute, gab es keine explizite Antwort. In Medien wird schon länger über ein mögliches Ende der beiden Klassen spekuliert. Das "Handelsblatt" berichtet, dass ab 2024 die A-Klasse, sowie beim GLB und dem GLA von sieben auf vier Varianten bei der Karosserie zusammengestrichen werden. Die Produktion der B-Klasse würde ein Ende haben, berichtet das Blatt mit Verweis auf Konzernkreise, die A-Klasse solle es in der bisherigen Form nicht mehr geben. Der Preis für ein Fahrzeug im Einstiegssegment werde von 28.000 Euro auf 33.000 steigen.

Steht die Strategie mit dem Chipmangel in Zusammenhang?

Durch den anhaltenden Chipmangel setzt Mercedes sowieso seit vergangenem Jahr darauf, die vorhandenen Chips lieber in die hochwertigeren Modelle mit höherer Gewinnmarge einzubauen. Diese Strategie lief so gut, dass sie zur höchsten Mitarbeiterprämie der Unternehmensgeschichte führte: Jeder Tarifbeschäftigte erhielt für das vergangene Jahr 6000 Euro. Doch der Chipmangel führte bei der C-Klasse in den vergangenen Wochen wiederum zu Kurzarbeit im Bremer Werk. Fehlende Teile wie Kabelbäume aus der Ukraine sprechen dafür, dass es nicht das letzte Mal in diesem Jahr mit Kurzarbeit im Bremer Werk gewesen sein wird.

Zur Sache

Kritik vom BUND an der Mercedes-Strategie

Der Leiter Verkehrspolitik bei der Umweltorganisation BUND, Jens Hilgenberg, kritisierte die Strategie der Stuttgarter. Große Limousinen und schwere SUV seien kein nachhaltiger Luxus, auch nicht in der E-Variante. Nötig seien hingegen Autos mit einem minimalen Bedarf an Energie, Ressourcen und Flächen. Der Mercedes-Vorstandsvorsitzende Ola Källenius argumentiert dagegen, dass auch größere Autos mehr und mehr elektrifiziert würden. Kompakterie Autos seien inzwischen nicht mehr nötig, um CO2-Emissionsziele einzuhalten.

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