Aida Cruises hat ihr neues Flaggschiff: Am Mittwoch übergab die Papenburger Meyer-Werft am Columbus Cruise Center Bremerhaven die „Aida Nova“ an die Rostocker Reederei. Dass das weltweit erste Kreuzfahrtschiff, das mit verflüssigtem Erdgas, kurz LNG, angetrieben wird, vier Wochen später als geplant ausgeliefert wurde, war bei der feierlichen Indienststellung nur am Rande Thema. Die 337 Meter lange und 20 Deck hohe „Aida Nova“ ist für mehr als 6600 Passagiere ausgelegt.
Dass es zu Lieferverzögerungen beim Bau des bisher größten in Deutschland gefertigten Kreuzfahrtschiffs gekommen sei, habe an der Komplexität des gesamten Schiffes gelegen, sagte Meyer-Werft-Sprecher Peter Hackmann auf Nachfrage des WESER-KURIER. Das habe nichts mit dem immer noch nicht aufgeklärten Brand in zwei Kabinen während der Endausbauarbeiten im niederländischen Eemshaven zu tun.
Das weltweit umweltfreundlichste Kreuzfahrtschiff
Nicht nur der Einbau des innovativen Antriebssystems sei eine Herausforderung gewesen, sondern man habe beispielsweise auch beim Innenausbau eine noch mal höhere Qualitätsstufe erreicht. „Die Werft ist 223 Jahre alt und bekannt dafür, dass sie eine Punktlandung bei der Ablieferung von Schiffen hinlegt.“ Das werde auch bei den beiden LNG-Schwesterschiffen wieder der Fall sein. Ausgeliefert werden sollen die Schiffe 2021 und 2023.
„Auf der ,Aida Nova' haben wir mit großem Enthusiasmus und Kreativität eine außerordentliche Produktvielfalt an einem Ort vereint“, sagte Felix Eichhorn, Präsident von Aida Cruises, im Rahmen der Schiffsübergabe. Zur Technik des Prototyps ergänzte er: „Wir sind ungemein stolz darauf, das derzeit umweltfreundlichste Kreuzfahrtschiff zu betreiben, und werden diesen Weg der kontinuierlichen Weiterentwicklung konsequent weitergehen.“
Laut Reederei stößt die „Aida Nova“ bei LNG-Betrieb 80 Prozent weniger Stickoxide und 20 Prozent weniger CO2 aus. Rußpartikel und Schwefeloxide entfallen ganz. Lob gab es dafür sogar vor ein paar Wochen vom Umweltverband Nabu, der jedes Jahr ein kritisches Kreuzfahrt-Ranking hinsichtlich der Emissionswerte erstellt. Den Einsatz von LNG bezeichnete Dietmar Oeliger, Leiter Verkehrspolitik beim Nabu-Bundesverband, als eine Trendwende und einen Riesenschritt nach vorn. Der Öko-Funktionär empfahl sogar: „Wenn schon unbedingt Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff, dann auf der ,Aida Nova’.“
Was LNG als Treibstoff angeht, kommt immer mehr Bewegung in die Schifffahrt: Laut der Klassifikationsgesellschaft DNV GL fahren aktuell 132 Schiffe mit LNG, und bei Neubestellungen liegt die Zahl bei 40 Schiffen, die LNG bunkern. 2020 sollen 133 Schiffe mit LNG-Technik ausgestattet sein, und in den Orderbüchern stehen etwa 100 Schiffe. Allerdings gibt es weltweit etwa 55 000 Handelsschiffe, die in der Regel mit Schweröl oder dem schwefelärmeren Marinediesel fahren.
Auch bei den weltweit etwa 300 Kreuzfahrtschiffen wird LNG vorläufig eher die Ausnahme sein – allerdings wird der LNG-Kreis größer: Zusätzlich zu den drei Aida-LNG-Linern hat der Mutterkonzern Carnival Group sechs weitere LNG-Schiffe für die Tochter-Reedereien Costa, P&O und Carnival bei der Meyer-Werft geordert. Auch Royal Caribbean und MSC Kreuzfahrten haben ihre ersten LNG-Kreuzfahrtschiffe in Auftrag gegeben. Und auch Tui Cruises hat sich in diesem Jahr entschlossen, die nächste Schiffsgeneration mit LNG-Antrieb auszurüsten.
17 Restaurants und 23 Bars
Auch in anderen Bereichen wurde bei der „Aida Nova“ auf Innovation gesetzt: So bietet das technisch voll ausgerüstete Studio X Platz für 460 Personen, und es gibt Formate in Lizenz wie „Wer wird Millionär“, „The Voice“ oder „1,2 oder 3“. Das Aufnahmezentrum an Bord ist das erste TV-Studio auf See, das täglich live produziert und überträgt. Zu den Highlights für Gäste wird sich sicherlich auch das Theatrium entwickeln, das über die erste 360-Grad-Bühne mit mehr als zehn LED-Wänden und einem „Magic Tunnel“ für Artisten-Auftritte verfügt. Michael Stendebach, zuständig für die Produktentwicklung bei Aida Cruises, bezeichnet das Theatrium „als Wohnzimmer“. Über alle Decks verteilt und inklusive der Bars gebe es etwa 3000 Plätze. „Es ist der zentrale Mittelpunkt des Schiffes, hier ist den ganzen Tag etwas los auf der Bühne.“
„Ich denke, wir haben mit der ,Aida Nova' den derzeit größten Baukasten geschaffen, der im Bereich Pauschalreisen erhältlich ist“, so Stendebach. Es gebe eine Auswahl an 17 Restaurants und 23 Bars, wer Rockmusik favorisiere, könne in die „Rock-Box“ gehen und wer mehr auf Schlager oder andere Musikrichtungen stehe, der finde dafür eine alternative Location. „Es müsste auf dem Schiff eigentlich für jeden etwas dabei sein.“
Und wer den 1600 Quadratmeter überdachten Beach-Club auf dem Oberdeck besucht, der sollte sich bei Sonnenschein eincremen. Die Folien-Dachkonstruktion sei UV-durchlässig. Allerdings wurde das Material nicht nur deswegen ausgewählt: „Glas hätte viel mehr gewogen, was sich negativ auf den Verbrauch und den Schwerpunkt des Schiffes ausgewirkt hätte“, so Hackmann.
Bevor sich die „Aida Nova“ am Nachmittag auf den Weg ins künftige Fahrtgebiet machte – die ersten Gäste sollen am 19. Dezember im spanischen Teneriffa an Bord gehen –, gab es den feierlichen Flaggenwechsel: Eingeholt wurde die deutsche Flagge, gehisst die italienische. Und bei diesem Akt am Heck des Schiffes wurde die jeweilige Nationalhymne gesungen – live von Aida-Cruises-Mitarbeitern.
Wenn die Tanks voll sind, kann die „Aida Nova“ mit einem Fassungsvolumen von 3500 Kubikmetern LNG etwa zwei Wochen unterwegs sein. Für Nachschub sorgt eine Kooperation mit Shell. Denn das Unternehmen verfügt über den Spezialtanker „Cardissa“, der ein Fassungsvermögen von 6500 Kubikmetern hat.