Bisher musste man bei der Bremischen Volksbank Kunde sein, um Genossenschaftsanteile zu zeichnen. Dafür gab es in den vergangenen Jahren meist zwei Prozent Dividende. Nun will das Geldinstitut den Schritt andersherum gehen, wie der Vorstandsvorsitzende Ulf Brothuhn und Vorstand Detlev Herrmann sagen: "Jeder, der im Geschäftsgebiet der Bremischen Volksbank wohnt, also in Bremen, Achim oder Rotenburg/Wümme, kann sich an der Bank mit bis zu 50.000 Euro beteiligen – egal, ob er Kunde ist oder nicht." Nach der Vertreterversammlung der Volksbank an diesem Dienstagabend will das Geldhaus damit aktiv an die Öffentlichkeit gehen.
Der Vorstand verbindet laut Brothuhn damit eine Hoffnung: "Wenn dann jemand neu bei uns investiert hat, können wir ihn vielleicht auch als Kunden von unseren Bankdienstleistungen überzeugen." Mit der Höhe der Beteiligung hatte sich das Geldinstitut in diesem Jahr bisher nur an die Mitglieder gewandt. Vorstand Detlev Herrmann erläutert: "Wir wollten ursprünglich in den kommenden drei Jahren jeweils drei Millionen Euro an Geschäftsguthaben sammeln. Das wären also insgesamt neun Millionen Euro. Aufgrund des dynamischen Wachstums hat die Volksbank diese neun Millionen für ihr Geschäftsguthaben bereits jetzt erreicht." Die Bank hatte ihre Mitglieder dafür aktiv angesprochen.
Brothuhn sieht es so: "Wir bieten erstmal eine attraktive Beteiligung und gehen davon aus, dass wir Stand heute die entsprechende Dividende auch in den kommenden Jahren erwirtschaften werden – gerade in Zeiten der Null- und Negativzinsthematik." Die Genossenschaftsbank wachse im elften Jahr überdurchschnittlich. Allerdings seien die Eigenkapitalanforderungen gestiegen, und die brauche man nun mal für das Kreditgeschäft. "Schon jetzt kann die Volksbank einen spürbaren Zufluss an neuen Mitgliedern und auch an den Beteiligungshöhen der Mitglieder feststellen", sagt Vorstand Herrmann.
In der Tat steigen durch das Reformpaket des sogenannten Rahmenwerks "Basel III" die Mindestanforderungen ans Eigenkapital von Banken. Allerdings haben Stichproben der Deutschen Bundesbank vergangene Woche ergeben, dass der Anstieg der Mindestkapitalanforderungen bis Ende des vergangenen Jahres bei 16,4 Prozent lag, wie das Handelsblatt berichtet. Sie haben sich damit weniger erhöht, als ursprünglich angenommen.
Was die Teilhabe an der Bremischen Volksbank angeht, gibt der Vorstand zu bedenken, dass bei einer Genossenschaftsbeteiligung das Risiko höher sei, als wenn ein Kunde sein Geld auf einem Sparbuch oder einem Tagesgeldkonto habe. Einen ähnlichen Schritt wie jetzt in Bremen ist laut Brothuhn und Herrmann die Kieler Volksbank gegangen und habe positive Erfahrungen dabei gemacht.
Beim Blick auf das Geschäft zeigt sich der Vorstandsvorsitzende Brothuhn zuversichtlich: "2020 ist ein gutes Jahr für die Bremische Volksbank gewesen. Wir werden zusammen mit dem Aufsichtsrat und der Vertreterversammlung vorschlagen, auf das Eigenkapital, das die Genossen eingezahlt haben, zwei Prozent Dividende auszuschütten – wie in den letzten Jahren." Der Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr sei ebenso zufriedenstellend.
Das genossenschaftliche Geldinstitut will die Vertreter mit einem weiteren Schritt stärker einbinden: Sie sollen auf ihrer Versammlung an diesem Dienstagabend abstimmen, an wen die Stiftung des Geldinstituts spenden soll. Normalerweise bestimmt das der Stiftungsrat, der aus Aufsichtsrat und Vorstand besteht. Beide haben sich nun auf drei von zehn Institutionen verständigt, die auf die ersten drei Plätze kommen sollen. "Die werden wir auf der Versammlung vorstellen. Mit einem sogenannten Mentimeter-Verfahren sollen die Vertreter dann entscheiden, wer auf den ersten Platz kommt, wer auf den zweiten und wer auf den dritten", erläutert Brothuhn. Das solle nur der Auftakt sein. "In den kommenden Jahren wollen wir die Entscheidung über die Spendenvergabe breiter von unseren Mitgliedern bestimmen lassen." Auf diese Weise wolle man weiter gemeinsam Kräfte entfalten und die Mitglieder mehr in den Entscheidungsprozess einbinden.

Der Vorstand der Bremischen Volksbank, Detlev Herrmann (links) und Ulf Brothuhn, will ab jetzt Menschen für eine Investition in ihre Genossenschaftsbank gewinnen, die bisher kein Mitglied sind.
Abschließend übte Brothuhn Kritik am Vorstandschef der Commerzbank. Manfred Knof hatte vor Kurzem verkündet, dass er dem deutschen Drei-Säulen-Modell aus Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken den Kampf ansagen will: „Es wäre besser für die Profitabilität des deutschen Bankensystems, wenn wir dieses Modell hinter uns lassen.“ Brothuhn wettert dagegen: "Es steht der Commerzbank ja frei, ihre Kunden genauso gut zu betreuen und zu beraten wie es Genossenschaftsbanken und Sparkassen tun – und genauso solide zu wirtschaften." Ebenso stehe es der Commerzbank frei, die Staatshilfe zurückzuzahlen, und nicht Jahr für Jahr Verluste zu erwirtschaften. Volksbank-Vorstand Detlev Herrmann ergänzt: "Es ist ja gerade dieses Drei-Säulen-Modell, das uns durch die Krise getragen hat."