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Mondmissionen Bemannter Flug zum Mond rückt näher – mit Modul aus Bremen

Im November war der Premierenflug vom US-Raumschiff Orion um den Mond. Das Antriebsmodul kommt größtenteils von Airbus Defence and Space aus Bremen und es wird künftig in Serie produziert.
09.02.2023, 19:02 Uhr
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Bemannter Flug zum Mond rückt näher – mit Modul aus Bremen
Von Peter Hanuschke

Wer in den vergangenen Tagen in den Bremer Nachthimmel geschaut hat, der konnte den Mond in seiner vollen Größe sehen. Einen passenderen Rahmen für die Veranstaltung der Raumfahrtdivision Airbus Defence and Space (DS) hätte es nicht geben können: Denn es drehte sich am Donnerstag am Bremer Standort alles um den Erdtrabanten und darum, wie Menschen 51 Jahre nach Apollo 17 – der letzten bemannten Mondmission – dort wieder mit einem US-Raumschiff landen. Das insbesondere durch Technik Made in Bremen. Mit beim Moon-Media-Event: viel Raumfahrtprominenz und etwa 70 nationale und internationale Journalisten. Unter anderem besuchte Astronaut Alexander Gerst den sogenannten Reinraum, in dem das europäische Servicemodul (ESM) für die Mondmissionen mit dem Namen Artemis gebaut wird.

„Zusammen mit der Europäischen Weltraumorganisation Esa liefert Airbus die Hälfte des Raumfahrzeugs, das Menschen zum Mond zurückbringen wird“, erläuterte Marc Steckling, Leiter von Space Exploration bei Airbus in Bremen. Gefertigt wird das ESM im Auftrag der Esa für das Raumschiff Orion der US-Weltraumbehörde Nasa. Das Modul, das unter anderem für den Antrieb, die Energie, Wasser- und Sauerstoffversorgung des Raumschiffs sorgt, gilt als das Herzstück. Airbus DS ist Hauptauftragnehmer eines Industriekonsortiums aus zehn europäischen Ländern.

In den Bremer Reinräumen, die zur Vermeidung von Staub nur mit Schutzanzügen betreten werden, wird derzeit an den ESMs III bis V gleichzeitig gearbeitet. Das ESM III ist das Antriebsmodul, mit dem die Astronauten wieder auf die Mondoberfläche gebracht werden sollen. Geplanter Auslieferungstermin an die Nasa ist in diesem Herbst. Geplanter Start für die Artemis-III-Mission ist frühestens 2025. Dann soll auch die erste Frau mit zum Mond fliegen. Der nächste Flug mit dem Orion-Raumschiff ist aber schon fürs nächste Jahr vorgesehen – dann erstmals mit Astronauten an Bord aber ohne Mondlandung.

Dass das ESM einwandfrei funktioniert, das hat es eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Nach mehrfachen Startverschiebungen erfolgte am 16. November der unbemannte Premierenflug vom Kennedy Space Center in Florida aus. Das Raumschiff Orion, das aus dem Besatzungsmodul und dem ESM besteht, war dafür auf der Mondrakete Space Launch System montiert – der bislang stärksten jemals gebauten Trägerrakete. Es wurde ein Rekordflug und Härtetest für die Funktionssysteme: Zwei Stunden nach dem Start löste sich Orion von der ausgebrannten Oberstufe, und das ESM übernahm den Antrieb. 25 Tage war Orion insgesamt unterwegs, dabei näherte sich das Raumschiff bis auf 130 Kilometer dem Mond und umkreiste den Erdtrabanten auf einer weiten Umlaufbahn mit einer Entfernung von bis zu 430.000 Kilometern von der Erde – so weit wie nie zuvor ein Raumschiff. Insgesamt legte Orion beim Erstflug zwei Millionen Kilometer zurück.

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„Wir konnten alles testen – das in Extremsituationen, die so bei einem bemannten Flug gar nicht vorkommen“, so Ralf Zimmermann, Chef vom Mond- und Orion-Programm bei Airbus. Orion sei bereit für einen sicheren Hin- und Rückflug mit Astronauten. Laut Airbus haben die ersten Testauswertungen bestätigt, dass das Orion-Raumschiff viel weniger Treibstoff und elektrische Energie verbraucht und gleichzeitig viel mehr Energie erzeugt hat als berechnet. Die Nasa hat bestätigt, dass die Gesamtleistung der Mission über den Erwartungen lag und am Ende der Mission noch fast zwei Tonnen Treibstoff übrig waren. „Dadurch haben wir für künftige Missionen noch Luft nach oben“, so Steckling.

Für jede Mission muss ein neues ESM gebaut werden. Denn bei der Rückkehr trennt sich das Antriebsmodul von der Crewkapsel und verglüht in der Erdatmosphäre. Das ESM enthält etwa 22.000 Bauteile. Das ESM ist ein Zylinder mit einer Höhe und einem Durchmesser von je etwa vier Metern und wiegt beim Start knapp über 13 Tonnen.

Die Kooperation zwischen Nasa und Esa bei diesem Projekt ist eine Premiere: Denn die US-Weltraumbehörde hatte für die Entwicklung und den Bau eines missionskritischen Elements erstmals nicht ein US-Unternehmen beauftragt. Außerdem ist die Zusammenarbeit für einen längeren Zeitraum ausgelegt, denn es sind weitere Artemis-Missionen geplant: Orion soll künftig Astronauten zum Mond bringen und das Raumschiff ist auch für den Transport von ­Verbrauchsmaterialien vorgesehen, die das Überleben auf einer Mondbasis ermöglichen.

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Zuvor wird das Raumschiff aber dafür eingesetzt, Module in eine Mondumlaufbahn zu transportieren. Dort soll eine Raumstation nach Vorbild der ISS entstehen – das internationale Gateway. „Zwei der Module werden dafür bereits bei Thales in Italien gefertigt – der europäische Beitrag fürs Gateway“, erklärte Steckling. Die Esa hat rund zwei Milliarden Euro in das Orion-Programm investiert und den Bau von bisher sechs ESMs beauftragt. „Da sich die ESMs ähneln, und wir derzeit in unseren Reinräumen an drei Antriebsmodulen gleichzeitig arbeiten und künftig pro Jahr eines fertigstellen können, sprechen wir von einer Serienfertigung – zumindest gilt das für die Raumfahrtbranche, weil Objekte zur Exploration sonst in der Regel Einzelstücke sind.“

Für die weiteren drei ESMs hatte der Ministerrat der Esa – die europäische Raumfahrtorganisation besteht aus 22 Mitgliedsländern – im November die Gelder freigegeben. Airbus DS ist nach eigenen Angaben derzeit dabei, sein Angebot für die weiteren Antriebsmodule abzugeben.

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Mit Artemis sei nach dem Apollo-Programm ein neues Raumfahrtzeitalter eingeläutet worden, so David Parker, Esa-Direktor für die bemannte und unbemannte Raumfahrt. Die Nasa habe nach Apollo das Budget für Raumfahrt deutlich reduziert, aber trotzdem funktioniere Raumfahrt wieder eindrucksvoll. Das liege an den internationalen Kooperationen. Das zeige die Internationale Raumstation ISS und setze sich bei Artemis fort. Und Parker ist überzeugt davon, dass es nach der ISS mit dem Mond einen zweiten Platz außerhalb der Erde geben wird, wo Menschen leben und arbeiten. Einer der Hauptgründe, weshalb der Mond so interessant sei, sei die Tatsache, dass „er ein Museum für Geschichte ist“, dass viel über die Entstehung der Erde aussagen werde, aber nur ein Bruchteil davon bislang bekannt sei. Außerdem habe der Mond Ressourcen, die es auf der Erde gar nicht oder nicht in diesen Mengen gebe – etwa Helium-3, so Steckling. Und aus Helium-3 könnte mittels Kernfusion viel Energie gewonnen werden – auch für die Erde. Da sei allerdings noch eine Vision, die wahrscheinlich erst weit in der Zukunft Chancen habe, Wirklichkeit zu werden.

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