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Bessere Zusammenarbeit Bremen befürwortet nationale Hafenstrategie

Für die bremischen Häfen gibt es bereits eine Strategie. Die will der Bund nun auch auf nationaler Ebene ins Leben rufen. Warum sich aus Sicht von Häfensenatorin Claudia Schilling beide Konzepte ergänzen.
21.06.2022, 05:00 Uhr
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Bremen befürwortet nationale Hafenstrategie
Von Peter Hanuschke

In welchem Hafen die Reederei ihr Schiff künftig be- und entladen muss, soweit wird die nationale Hafenstrategie sicherlich nicht greifen. Doch sie soll auf jeden Fall die Zusammenarbeit der deutschen Häfen fördern, heißt es unter anderem im Koalitionsvertrag. Wie eine solche Zusammenarbeit zwischen den Häfenstandorten Bremerhaven, Hamburg und Wilhelmshaven aussehen könnte, ist noch nicht klar. Die Strategie, die auch die Förderung von Landstrom und alternativen Antrieben beinhalten soll, muss erst noch erarbeitet werden. Auftakt ist an diesem Mittwoch in Berlin. Zur Veranstaltung, zu der das Bundesministerium für Digitales und Verkehr eingeladen hat, spricht Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) das Grußwort für die Nordländer.

Den Rahmen, in dem sich die nationale Strategie bewegen soll, gibt es bereits - etwa bei den notwendigen Hafeninfrastrukturen. Zu denen bekennt sich der Bund und sieht darin eine "gemeinsame Verantwortung", heißt es im Koalitionspapier. Außerdem will der Bund den Schifffahrtsanteil im Güterverkehr steigern und dazu auch Hinterlandanbindungen stärken. Außerdem sollen bei der Ausgestaltung von "Fit for 55" die Gesamtbelastungen für die Schifffahrt im Blick behalten werden. „Fit for 55“ ist das Klima-Gesetzesvorhaben der EU, mit dem der Treibhausgasausstoß bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden soll. 

Dass Bremen die eigene Hafenstrategie fortschreiben will - sie gilt immer für einen Zeitraum von etwa zehn Jahren - steht aus Sicht von Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) nicht im Widerspruch zum Bundesvorhaben. "Beide Konzepte zusammen werden die Weichen für die Zukunft unserer Häfen stellen", so die Senatorin. Beim Bund sei das Thema Hafen trotz der nationalen Bedeutung bislang mit einer gewissen Zurückhaltung behandelt worden. "Es gab als ersten Ansatz seit 2009 ein nationales Hafenkonzept, aber nun bin ich sehr froh, dass sich der Bund mit einer nationalen Hafenstrategie programmatisch neu aufstellen wird."

Sie verspricht sich davon, dass es einen noch engeren Schulterschluss als bisher zwischen dem Bund und den Ländern gebe. Denn bislang müssten die Länder die Hafenlasten fast in Gänze tragen, und das, "obwohl die Häfen eine immense Bedeutung für die gesamte deutsche Wirtschaft haben." Allein an den bremischen Häfen würden mehr als 300.000 Industriearbeitsplätze in Deutschland hängen. "Die Bereitschaft der Ampelregierung, eine nationale Hafenstrategie zu entwickeln, unterstreicht diese Bedeutung und wird deshalb von Bremen nach Kräften unterstützt."

Gemeinsame Ziele

Häfensenatorin Schilling ist sich auch sicher, dass man sich bei beiden Strategien auf gemeinsame Ziele schnell verständigen kann. Dazu gehöre unter anderem, Häfen zu nachhaltigen Knotenpunkten der Energiewende zu entwickeln, die Wettbewerbsfähigkeit des Hafenstandorts Deutschland zu stärken, Potenziale der Digitalisierung, Automatisierung und Innovationen auszuschöpfen sowie die Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur bedarfsgerecht zu erhalten und auszubauen.

Gerade der letzte Punkt birgt aus Sicht der Häfensenatorin in der Perspektive die größte Schnittmenge zwischen Bund und Ländern, denn die zentralen Verkehrsachsen der Bundeswasserstraßen, der Bundesstraßen und natürlich der Bundesschienenwege definieren in ganz erheblicher Weise, welche Rolle die Häfen für die Versorgungssicherheit Deutschlands und auch bei der Verkehrswende spielen können. "Wenn wir beispielsweise in unseren Häfen die Hafeneisenbahn beständig ausbauen und dann aber im nationalen Bahnnetz nichts oder nur wenig und dann noch sehr spät passiert, dann haben Bund und Länder ein gemeinsames Problem."

Das Thema Energiesicherheit und Energiewende werde Hafenstandorte massiv beschäftigen und verändern, so Robert Howe, Chef der stadteigenen Hafenmanagementgesellschaft Bremenports. "Darüber hinaus wird die Umstellung auf eine klimaneutrale Industriegesellschaft dazu führen, dass Deutschland künftig Wasserstoff in großem Umfang importieren muss." Dies werde nur über die Häfen gehen.

Dass eine nationale Hafenstrategie notwendig ist, davon ist Claudia Schilling überzeugt: "Es ist ja nicht zufällig, dass die Häfen in Belgien und den Niederlanden in der derzeitigen Wettbewerbssituation die Nase vorn haben." Dort habe Hafenpolitik in der gesamtstaatlichen Perspektive einen deutlich größeren Stellenwert. Dort wisse man sehr genau: Gehe es den Häfen gut, gehe es dem Land gut.

Vertiefung der Außenweser

Befürchtungen, dass das nationale Hafenkonzept am Ende die bremischen Bestrebungen ausbremsen könnte – etwa bei der Vertiefung der Außenweser -, haben Schilling und Howe nicht. Auch wenn es Umweltverbände gibt, die darauf hoffen, dass das nationale Hafenkonzept Schiffsverkehre „lenkt“ und eine Außenweservertiefung dadurch überflüssig wird. "Der Bund hat die Anpassung der Außenweser, die für unsere Häfen von allergrößter Bedeutung ist, als eines von zehn Projekten in das Beschleunigungsgesetz aufgenommen", so die Häfensenatorin. Das unterstreiche die Bedeutung dieser Fahrrinnenanpassung. "Wenn wir beim Containerumschlag nicht mehr mithalten können, ist das nicht nur eine Katastrophe für Arbeitsplätze", sagt Howe. Bremerhaven sei als Eisenbahnhafen Weltspitze und werde immer noch besser. Es kämen inzwischen mehr Container per Bahn als mit dem Laster. In Rotterdam und Antwerpen sei der LKW das Verkehrsmittel Nummer eins. "Der ökologische Fußabdruck ist beim Transport über Bremerhaven deutlich besser."

Über all diese Themen wird sicherlich auch am Abend der Auftaktveranstaltung diskutiert werden: Dann findet in der Hamburger Landesvertretung ein gemeinsamer Empfang der deutschen Nordseehäfen statt. Das ist nach langen Jahren der Diskussion das erste Mal, dass Hamburg Hafen Marketing, Seaports of Niedersachsen und Bremenports gemeinsam zu einer solchen Veranstaltung eingeladen haben. Angemeldet sind etwa 120 Akteure aus Politik und Wirtschaft.

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