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Honorare Niedersächsischer Landesverband fordert Stärkung von Apotheken

Der Landesapothekerverband Niedersachsen fordert, die Apotheken krisensicher zu machen. Kollegen aus Bremen halten eine Anpassung der Honorare ebenfalls für nötig.
22.11.2021, 21:56 Uhr
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Von Peter Hanuschke, Lisa Schröder und Helmut Reuter

Apotheken gelten als eine der Säulen im Gesundheitssystem, weil sie mehr als nur Medikamente auf Rezept herausgeben: Sie bieten unter anderem Beratung an, die den einen oder anderen Gang zum Arzt überflüssig machen können. Doch in der Branche gibt es zunehmend Sorgen. Der Landesapothekerverband Niedersachsen hat darum an die Politik appelliert, das System der Apotheken zu stärken und krisenfest zu machen.

Die Zukunft der inhabergeführten Apotheken müsse langfristig gesichert werden, sagte Berend Groeneveld, Vorsitzender des Landesapothekerverbands Niedersachsen. Die Basishonorierung sei seit 2004 mit einer Ausnahme im Jahr 2013 nicht angepasst worden. „Die Apotheken sind bei der Basishonorierung komplett abgekoppelt von der wirtschaftlichen Entwicklung. Das kann so nicht weitergehen.“ Die Apotheken hätten sich als wichtiger Baustein in der Corona-Bekämpfung bewährt. Der deutliche Mehraufwand sei auch honoriert worden, so Groeneveld. Unabhängig davon müsse es aber nun um eine Anpassung der Basisfinanzierung gehen.

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Insgesamt gibt es rund 18.500 Apotheken in Deutschland. In Niedersachsen sind es etwa 1800 und im Bundesland Bremen 143 Apotheken – 23 davon in Bremerhaven. Sebastian Köhler, Inhaber der Horner Apotheke, sagt ebenfalls: „In den letzten Jahren hat sich die allgemeine finanzielle Situation der Apotheken nur unwesentlich verbessert – zumal auch für viele Kolleginnen und Kollegen ein nicht unerheblicher Teil des Ertrages im verschreibungsfreien Bereich ins Internet abgewandert ist." Eine Mischkalkulation zwischen verschreibungspflichtigen, verschreibungsfreien und unbezahlten Gemeinwohlaufgaben sei zur ordnungsgemäßen Erfüllung aller gesetzlichen Aufgaben und Auflagen der Vor-Ort-Apotheken aber unumgänglich.

Gesetzgeber legt Honorare fest

Der Gesetzgeber lege das Honorar für verschreibungspflichtige Medikamente genau fest: Auf den Einkaufspreis beim Großhandel werden drei Prozent aufgeschlagen plus 8,56 Euro – unabhängig vom Preis des Medikamentes. Eine Erhöhung dieses seit Jahren nicht angepassten Honorars hält Köhler, der dem Vorstand der Apothekerkammer Bremen angehört, für notwendig. Nur bei einer Abgabe einer Packung könne das Honorar und damit Ertrag generiert werden: „Für eine Beratung oder sogar ein Abraten von bestimmten Medikamenten erhält die Apotheke kein Geld.“

Der Bremer Apotheker weist darauf hin, dass die Kosten insgesamt gestiegen seien – etwa die Löhne für die Mitarbeiter. Strom und Papier haben sich verteuert. Das könne zum Problem der Kolleginnen und Kollegen werden, weil das Honorar für alle Aufgaben, die Beratung der Kunden und auch den Notdienst, ausreichen müsse. Der Druck sei dabei in Niedersachsen noch größer, weil es dort viele Landapotheken gebe. In der Großstadt sei das Geschäft im Vergleich einfacher. „Je ländlicher der Raum, desto weniger Rezepte“, sagt Köhler. Der Verkauf anderer Produkt, Tee, Kosmetik oder Pflaster, sei eben nur ein Zubrot.

Ein Großteil des Geschäfts werde mit Rezepten gemacht, sagt auch die Inhaberin der Albatros-Apotheke in Hemelingen, Marita Dewitz. Sie teilt die Einschätzung ihres Kollegen, dass es in Niedersachsen in der Fläche für Apotheken noch schwerer sei. „Es hat jahrelang keine Erhöhung des Honorars gegeben. Die Kosten laufen uns wirklich weg.“

Einführung der E-Rezepte

Im nächsten Jahr solle zudem das elektronische Rezept kommen. Die Apotheken seien darauf schon lange vorbereitet. Dewitz schaut allerdings mit gemischten Gefühlen auf die Einführung. Das E-Rezept könne eine Arbeitserleichterung sein – eine Neuerung für die Branche. „Ich bin gespannt“, sagt die Chefin der Albatros-Apotheke. Doch die Gefahr sei auch, dass weiteres Geschäft ins Internet zur Onlinekonkurrenz abwandere. Auch vor diesem Hintergrund ist Dewitz der Ansicht, dass die Ladenapotheken gestärkt werden müssten.

Groeneveld fordert eine Dynamisierung oder mindestens eine zweijährige Überprüfung der packungsabhängigen Honorierung. Notwendig sei zudem eine zweite Finanzierungssäule, die unabhängig von den Arzneimittelpackungen sein müsse. „Die angedachte Honorierung der zusätzlichen Leistungen, wie zum Beispiel der pharmazeutischen Dienstleistungen, reicht da nicht aus.“

Auf die Pandemie ging Groeneveld deshalb ein, weil sie besonders gezeigt habe, wie wichtig ein flächendeckendes Apothekensystem sei. „Wir haben in der Corona-Pandemie viele Sonderaufgaben übernommen. Das fing an mit der Herstellung von Desinfektionsmitteln, setzte sich dann unter anderem fort mit der Vergabe zertifizierter Masken, dem Angebot von Corona-Testungen und dem Arzneimittel-Botendienst für Risikopatienten, die, als es noch keinen Impfstoff gab, zum Schutz vor Infektionen möglichst wenig Kontakt haben sollten“, erinnerte Groeneveld. „Ich glaube, viele Apotheken sind da mehr oder weniger plus minus null rausgegangen.“

Sebastian Köhler hält die Forderungen aus Niedersachsen grundsätzlich für richtig, aber aktuell ist er nicht optimistisch, dass diese politisch auch durchsetzbar seien. „Ich wünschte, es wäre anders“, sagt der Inhaber der Horner Apotheke. Marita Dewitz schaut zudem genau, welche Pläne die mögliche Ampel-Koalition in der Hauptstadt Berlin derzeit erarbeitet.

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