Bremen. Zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler rund um den Wirtschaftsforscher und Euro-Skeptiker Hans-Werner Sinn, Chef des Münchener Ifo-Instituts, haben die Deutschen zum Protest gegen den Euro-Rettungskurs der Bundesregierung aufgerufen. Das geht aus einem Aufruf hervor, der dem WESER-KURIER vorliegt.
Verfasst haben den Aufruf Sinn und sein Kollege Walter Krämer vom Institut für Wirtschafts- und Sozialstatistik Technische Universität Dortmund. Zu den bislang rund 40 Unterzeichnern gehören neben Sinn auch der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen und Klaus Zimmermann, der frühere Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Insgesamt strebt die Gruppe nach Angaben Krämers 150 Unterstützer an.
Die Ökonomen werfen Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, sich auf dem Gipfeltreffen der EU-Länder zu falschen Entscheidungen gezwungen lassen zu haben. „Wir, Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftswissenschaftlerinnen der deutschsprachigen Länder, sehen den Schritt in die Bankenunion, die ein kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Eurosystems bedeutet, mit großer Sorge“, heißt es in dem Aufruf. Die Bankschulden seien fast drei Mal so groß wie die Staatsschulden und lägen in den Krisenländern im Bereich von neun Billionen Euro. Steuerzahler dafür in Haftung zu nehmen, sei „schlechterdings unmöglich“, heißt es weiter. „Noch unsere Kinder und Enkel“ würden unter den falschen Entscheidungen der Politik zu kollektiver Haftung der Bankenschulden leiden.
Unter den Unterstützern finden sich keine Bremer Ökonomen. Der Bremer Wirtschaftsforscher Rudolf Hickel verurteilt die Aktion sogar scharf: „Es ist erschütternd, mit welcher analytischen und sprachlichen Armut vorgegangen wird“, sagte er dem WESER-KURIER.
„Es werden keine Argumente transportiert, sondern lediglich Stammtischparolen bedient und verstärkt. Diese Aktion dient nicht der Aufklärung über die Probleme bei der Euro-Rettung. Ich bin deshalb sicher, dass die Bewegung bald in sich zusammenbrechen wird.“ Hans-Werner Sinn gehört seit langem zu einem scharfen Kritiker jeglicher Euro-Gemeinschaftshaftung. Die Euro-Rettung schade Deutschland, predigt er seit Monaten. Oftmals wurden seine zum Teil populistischen Warnungen als Einzelmeinung abgetan. Mit diesem Aufruf aber, der von namhaften Kollegen unterstützt wird, bekommen Sinns Thesen neues Gewicht.
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