Bremen. Nach dem geplatzten Geschäft mit der Cirrus Airlines aus Saarbrücken plant die Bremer Fluggesellschaft OLT Express die vollständige Übernahme der Stuttgarter Contact Air. Mit insgesamt 14 Flugzeugen würde sich die Flotte mehr als verdoppeln. Und die OLT will weiter wachsen: Bis zum Winterhalbjahr sollen weitere Standorte und Reiseziele hinzukommen.
Das Jahr hatte für OLT Express nicht sonderlich gut begonnen. Die in Bremen beheimatete Fluggesellschaft wollte eigentlich expandieren und ihr Streckennetz ausbauen. Doch mit Danzig und Brüssel mussten zunächst zwei Flugziele wieder aus dem Bremer Flugplan gestrichen werden, weil die Auslastung der Maschinen enttäuschend war. Dann platzte auch noch die geplante Übernahme der insolventen Cirrus Airlines aus Saarbrücken, die schon unter Dach und Fach schien. Wie sich jetzt zeigt, hatte Firmenchef Joachim Klein aber noch ein zweites Ass im Ärmel: Denn jetzt steht die OLT kurz vor dem Kauf der Stuttgarter Contact Air und damit vor der Übernahme von acht 100-sitzigen Flugzeugen und rund 300 Mitarbeitern. Nach Informationen dieser Zeitung ist eine Absichtserklärung bereits unterschrieben, auch die Stuttgarter Belegschaft ist seit Freitag in die Pläne eingeweiht.
Klein gibt sich dagegen noch gewohnt zurückhaltend, eine weitere verfrühte Erfolgsmeldung wie bei Cirrus will er offenbar vermeiden. "Die Gespräche sind weit gediehen", sagt er immerhin. Und eine Frist gibt es auch. Bis Ende des Monats will Klein Klarheit haben, "weil wir dann Flugpläne und Verkaufsprospekte für das Winterhalbjahr vorbereiten müssen".
Die Ausgangslage ist günstig: OLT Express hat dank des Finanzinvestors Amber Gold, neuer Eigner seit Herbst 2011, offenbar ausreichend Kapital für Aufkäufe in der Hinterhand. Und Contact Air braucht dringend eine neue Perspektive, nachdem die 1974 gegründete Charterfluggesellschaft ihren wichtigsten Kunden verlieren wird. Sechs Fokker100 waren bislang für Lufthansa Regional auf innerdeutschen und europäischen Strecken im Einsatz, der Vertrag wurde jedoch zu Ende Oktober gekündigt. Zwei weitere Maschinen fliegen für die Lufthansa-Tochter Swiss, bestens bekannt bei der OLT. Denn mit dieser internationalen Airline besteht ein Ticketabkommen (Codeshare) für die Strecke Bremen-Zürich, auch von Dresden aus fliegt die OLT die Schweizer Hauptstadt an.
"Wir wollen profitabel wachsen, um eine gewisse Marktmacht zu erreichen", kündigt Klein an. Bereits mit dem Einstieg bei Contact Air würde OLT Express zu einer großen Regionalfluggesellschaft. Zur Flotte könnten dann 14 Flugzeuge zählen, darunter allein zehn 100-sitzige Fokker100 und vier 50-sitzige Saab2000. Für den geplanten Ausbau des Streckennetzes könnten die vorhandenen Flugzeuge noch effizienter eingesetzt werden, "später brauchen wir neue Maschinen", so Klein.
Bremen bleibe der Heimatflughafen, betont der OLT-Chef, auch nach dem Verlust der beiden Linienverbindungen nach Danzig und Brüssel. Dafür gebe es Verhandlungen für Kapazitätserweiterungen auf bestehenden Strecken wie etwa nach Kopenhagen und für neue Strecken, sagt Klein. Wien steht nach Informationen dieser Zeitung ganz oben auf der Wunschliste, auch als mögliches drittes Ziel ab Dresden. Dazu könne er sich fünf weitere Städte vorstellen, auch im innerdeutschen Verkehr. "Es muss sich nur wirtschaftlich für uns rechnen", sagt Klein.
OLT Express, 1958 in Emden gegründet, werde aber weiter versuchen, Nischenstrecken zu bedienen, eine unmittelbare Konkurrenz zu größeren Airlines wie Lufthansa oder Air Berlin, die die großen Drehkreuze ansteuern, soll unbedingt vermieden werden. Daher werden weitere ein bis zwei Flughäfen von der Größe Bremens oder Dresdens als mögliche Standorte gesucht. Saarbrücken ist trotz der gescheiterten Übernahme der Cirrus Airlines auch noch nicht endgültig aus dem Rennen.
Bis zu 100 der 300 Mitarbeiter hatte die OLT eigentlich übernehmen und eigene Flugzeuge stationieren wollen, dann aber einen Rückzieher gemacht, als sie fürchten musste, auch die restliche Belegschaft könnte sich womöglich nachträglich einklagen. "Jetzt werden wir versuchen, dort aus eigener Kraft etwas aufzubauen." Denn Klein will die OLT nach eigenen Angaben unabhängiger von einzelnen Strecken und Partnern machen. Bremen werde darunter nicht leiden, sagt er noch einmal. "Wir sind dabei, ein zusätzliches Flugzeug zu beschaffen", eine Saab2000 als Reserve, wenn es wegen der angedachten Kapazitätsaufstockungen eng werden sollte. So soll Kopenhagen künftig im Codesharing mit der SAS häufiger und mit einer größeren Fokker bedient werden.
Letztlich werde es auch eine engere Verzahnung mit der polnischen Schwestergesellschaft geben, vor allem bei der gemeinsamen Vermarktung der Flüge. Auch die OLT im östlichen Nachbarland, entstanden aus insgesamt drei kleineren Airlines, ist auf Expansionskurs. Nachdem bislang nur zehn innerpolnische Ziele im Flugplan standen, sollen ab diesem Winter europaweit nicht weniger als 28 Direktflüge angeboten werden, davon acht nach Deutschland. Geflogen wird mit 180-sitzigen Airbus A320.