Die Außenweser und damit der Hafen in der Seestadt hinken hinterher – das gilt nicht nur für die fehlende Vertiefung, auch in einem anderen Bereich haben einige der europäischen Mitbewerber-Häfen die Nase vorn, was die nautischen Rahmenbedingungen insbesondere bei längeren Revierfahrten angeht: Sie haben die Schiffsanläufe durch Digitalisierung optimiert. Dieser Nachteil soll in Bremerhaven behoben werden.
Bremerhaven und das Revier der Außenweser verfügen nach Angaben der Hafenmanagementgesellschaft Bremenports bislang über keine nautische Terminalkoordinierung oder vergleichbare smarte Lösungen. Dies erweise sich angesichts der Konkurrenz unter den europäischen Häfen als potenzieller Wettbewerbsnachteil.
Bremenports startet das Projekt Digitale Außenweser gemeinsam mit Eurogate – das Bremer Unternehmen betreibt Terminlas in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven – und dem Hamburg Vessel Coordination Center (HVCC). HVCC verfügt bereits über umfassende Erfahrungen; das Unternehmen koordiniert digital die nautischen Schiffsanläufe vom und zum Hamburger Hafen.
Vorbild Hamburger Hafen
Im Hamburger Hafen setzt HVCC nach eigenen Angaben eine maßgeschneiderte Software ein, um dadurch eine optimale Abfertigung der Groß-, Feeder- und Binnenschiffe zu erreichen. Die Daten würden fortlaufend hinsichtlich der Schiffsbewegungen in Nordeuropa aktualisiert und dynamisch mit der Verkehrslage auf der Elbe und im Hafen abgeglichen und auf die sämtlichen betriebliche Prozesse im Hafen abgestimmt. So verfüge das HVCC ständig über ein zeitlich und geografisch weitreichendes Lagebild. Die dadurch optimierte Zulauf- und Rotationsplanung senke auch den Energieverbrauch der Schiffe deutlich.
„Wir freuen uns, für dieses ambitionierte Projekt mit HVCC einen kompetenten Partner gewonnen zu haben, der über umfangreiche Erfahrungen mit der Koordination von Schiffsanläufen in einem anspruchsvollen nautischen Bereich unter Beteiligung vieler Partner verfügt“, so Bremenports-Geschäftsführer Robert Howe. „Zugleich ist die Zusammenarbeit mit HVCC ein Beispiel, wie sinnvolle Hafenkooperation gestaltet werden kann.“
Vorausschauende Planung
Ziel des Projektes ist es laut Bremenports, mit transparenter und fortlaufend aktualisierter Information die vorhandenen Terminalkapazitäten besser zu nutzen und Ressourcenplanung zu optimieren, Schiffsanläufe vorausschauend zu planen und so auch Treibstoffverbräuche zu senken.
Schifffahrt und Häfen seien heute mehr denn je miteinander vernetzt und als wesentliche Bestandsteile internationaler Lieferketten gemeinsam zu betrachten, so Bremenports. "In einer dynamischen Marktumgebung gewinnen Themen der Lenkung und Steuerung von Schiffsverkehren immer mehr an Bedeutung." In den Revieren müssten alle Aspekte der Schifffahrt möglichst passgenau mit den vielfältigen Prozessen öffentlicher wie privater Akteure in den Häfen synchronisiert werden.
Darüber hinaus führe das allgemeine Schiffsgrößenwachstum im Containerverkehr häufig zu Schiffsanläufen mit Tiefgangs-Einschränkungen auf der Außenweser, so die Hafenmanagementgesellschaft. "Um enge Zeitfenster einhalten zu können, müssen Schiffe verschiedener Kunden bestmöglich koordiniert werden, um unwirtschaftliche Zeitverluste zu vermeiden."
Analyse der Verkehrswege
Innerhalb des Projektes sollen die heutigen Verkehrsabläufe, Prozesse, Kommunikation und genutzten Systeme im Revier Außenweser analysiert werden. Dabei müssen nach Angaben von Bremenports organisatorische, wirtschaftliche, technische, zeitliche und rechtliche Aspekte geprüft werden, um über ein geeignetes Betriebskonzept entscheiden zu können.
„Um das Projekt erfolgreich zu gestalten, setzen wir auf eine enge Kooperation mit allen für dieses Thema wichtigen privaten und öffentlichen Akteuren", so Howe. "Wir brauchen die Lotsen, die Reeder die Umschlagsbetriebe und viele weitere am Geschehen Beteiligte.“
Geplant ist, das Projekt Digitale Außenweser bis zum Frühjahr 2023 abzuschließen und damit einen ersten Baustein für die Smart-Port-Orientierung der bremischen Häfen zu setzen.