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Ab in den Müll Penny verbannt seine Plastiktüten

Der Lebensmitteldiscounter Penny zieht nach und verbannt, wie andere Händler vor ihm, Plastiktüten von den Supermarktkassen. Die Umweltverbände sehen im Lebensmitteleinzelhandel jedoch noch Handlungsbedarf.
17.02.2017, 00:00 Uhr
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Von Teresa Dapp und Katharina Elsner

Der Lebensmitteldiscounter Penny zieht nach und verbannt, wie andere Händler vor ihm, Plastiktüten von den Supermarktkassen. Die Umweltverbände sehen im Lebensmitteleinzelhandel jedoch noch Handlungsbedarf.

Bremen hat noch viel zu tun. Es ist ein ambitioniertes Ziel, das die Europäische Union gesetzt hat. Denn bis 2025 soll jeder Bürger eines EU-Mitgliedsstaates nur noch 40 Plastiktüten jährlich verbrauchen, das betrifft auch das kleinste Bundesland in Deutschland.

Heute benutzen jeder Bremer und jede Bremerin statistisch gesehen noch 70 Plastiktüten im Jahr. Das sind mehr als 38 Millionen Plastiktüten im Jahr, die in Bremen im Umlauf sind – in diese Zahl sind allerdings noch nicht Mülltüten oder die Hemdchentütchen eingerechnet, also die Tüten, in denen Obst oder Gemüse im Supermarkt gern bis zur Kasse und dann weiter in die Küche getragen werden.

Kunden mit Penny-Mehrwegtasche werden belohnt

Nun hat der Discounter Penny angekündigt, Plastiktüten von den Supermarktkassen zu verbannen – ein Schritt, den andere Händler wie Rewe, Real oder Lidl schon vor einer Weile vollzogen haben. Nun folgt eben Penny – und will Kunden zusätzlich mit zehn Cent belohnen, wenn die eine bestimmte Penny-Mehrwegtasche mitbringen. Umsonst gibt es die praktischen, aber umweltschädlichen Tüten aus Kunststoff sowieso immer seltener. Das freut die Umweltverbände und auch die Umweltministerin.

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Vor fast einem Jahr schlossen Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und der Handel eine freiwillige Vereinbarung, der zufolge Tüten nicht mehr umsonst sein sollen. Das wollte der Lebensmittelhändler Rewe übertreffen und kündigte an, Plastik-Tragetaschen komplett aus den Märkten zu verbannen. Andere zogen nach – Tüten-Verzicht verspricht öffentliche Aufmerksamkeit und Lob von Umweltschützern.

Wie erfolgreich die Kampagne ist, wie weit der Verbrauch tatsächlich zurückgegangen ist, weiß das Umweltministerium noch nicht: „Eine erste Analyse dazu wird im April vorliegen.“ Bei der freiwilligen Vereinbarung sind nach Angaben des Handelsverbands Deutschland (HDE) 350 Unternehmen dabei, die 41 Prozent des Einzelhandels abdecken. Ziel sind allerdings 80 Prozent.

Deutschland steht gut da

Dabei steht Deutschland vergleichsweise gut da. Im Durchschnitt verbrauchen Europäer knapp 200 Stück pro Jahr, Spitzenreiter sind laut dem Internet-Portal Statista Bulgarien (421), Tschechien (330) und Rumänien (280). Deutschland hat also nicht so ein gewaltiges Plastiktütenproblem, das hat auch Umweltministerin Hendricks gesagt.

Aber: Wirft man einen Blick auf die Zahlen, die das Umweltbundesamt veröffentlicht hat, wird auch klar, dass Deutschland in den vergangenen Jahren eher mehr als weniger Müll auf Kunststoffbasis produzierte. Im Jahr 1991 lag der Verbrauch bei 28 Tausend Tonnen, sank in den folgenden Jahren ab, 2014 erreichte er aber einen Höhepunkt von 34 Tausend Tonnen.

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Das ist vor allem ein Problem, wenn diese Tüten nicht im Recyclinghof, sondern in der Natur landen. Dort verfangen sie sich in Bäumen und Sträuchern oder gelangen in die Gewässer. Die Abbauzeit von Plastik ist sehr lang, häufig zersetzt es sich in immer kleinere Teile, sogenanntes Mikroplastik.

Die Gefahr von Mikroplastik

Tiere verwechseln Plastiktüten und Mikroplastik häufig mit Nahrung. Die Plastikteile können in die Mägen gelangen, den Tieren schaden und sie sogar töten. Da Mikroplastik Schadstoffe in hoher Konzentration adsorbiert, kommen laut Umweltbundesamt Schadstoffe dadurch in unsere Nahrungskette.

Dabei sind andere Taschen nicht unbedingt besser für die Umwelt. „Es ist nichts gewonnen, wenn wir Plastiktüten nur durch Einweg-Papiertüten ersetzen“, sagt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe. Zwar blieben sie nicht so lang in der Umwelt wie Plastiktüten, aber beim Ressourcen- und Energieverbrauch schnitten sie noch schlechter ab.

Ein Baumwollbeutel ist dem Naturschutzbund Nabu zufolge nur dann umweltfreundlicher als eine Kunststofftüte, wenn man ihn mehr als 100 Mal so oft benutzt. Auch Bio-Plastiktüten haben demnach keinen ökologischen Vorteil. Die Kompostieranlagen können nicht zwischen der Bio- und Nicht-Bio-Tüte entscheiden, sagt Mareile Timm vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Bremen.

Es gibt noch großen Handlungsbedarf

Deswegen: Die Umweltverbände sind generell zufrieden mit den Initiativen gegen Plastiktüten. Aber: „Im Lebensmitteleinzelhandel gibt es großen Handlungsbedarf bei frischen Produkten wie Obst und Gemüse, bei Getränken in Einweg-Plastikflaschen und im boomenden To-go-Geschäft“, sagt Katharina Istel vom Nabu. Denn obwohl die Tüten von der Supermarktkasse verschwinden, tauchen sie innerhalb des Marktes noch oft auf, wenn es darum geht, Salate von der Salattheke einzupacken.

Thomas Fischer von der Umwelthilfe fordert, dass der Handel Mehrweg-Taschen besser sichtbar platzieren sollte – und erinnert daran, dass Deutschland Europameister beim Verpackungsmüll ist. Von der Politik fordern die Umweltschützer eine Abgabe auf Plastiktüten statt freiwillige Vereinbarungen.

Für Mareile Timm vom BUND Bremen ist die beste Lösung, eigene Rucksäcke oder Taschen mitzunehmen – oder Plastiktaschen wenigstens so oft wie möglich zu benutzen. Immerhin sei die Initiative von Penny ein guter Schritt in eine gute Richtung, sagt sie. Und wenn es durch Belohnung funktioniere.

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