Der Bremer Arbeitsmarkt erweist sich entgegen dem bundesweiten Trend als robust. Doch die Zahl der offenen Stellen belegt nach Angaben der Bremer Arbeitsagentur auch den Fachkräftemangel. Um dem zu begegnen, ist die Agentur bei zwei Programmen beteiligt: Zum einen geht es um 100 weitere Kita-Erzieherinnen, die in Spanien angeworben werden. „Vor Ort wird ihnen der Deutschkurs bezahlt“, sagt der Chef der Arbeitsagentur, Joachim Ossmann. Außerdem helfen die Arbeitsvermittler beim Anwerben von Fachkräften in Mexiko und Vietnam. „Hier geht es vor allem um Pflegekräfte“, erläutert Ossmann. Gleichzeitig schaue die Arbeitsagentur weiter, ob es denn nicht auch Fachkräfte auf dem heimischen Markt gibt. Das gestalte sich aber immer schwieriger. Das sind die wichtigsten Fragen zum Arbeitsmarkt.
Warum ist die Arbeitslosenquote in Bremen gesunken und bundesweit gestiegen?
Arbeitsstatistiker rechnen normalerweise von November zu Dezember wegen der Winterlage mit steigenden Arbeitslosenquoten. Doch in der Hansestadt Bremen sank die Arbeitslosenquote von November zu Dezember um 0,1 Punkte auf 9,4 Prozent. In Bremerhaven ging sie im gleichen Zeitraum um 0,1 Punkte auf 13,3 Prozent zurück. Nach Angaben von Joachim Ossmann liegt das auch nicht daran, dass mehrere Menschen eine Anstellung auf dem Weihnachtsmarkt als Saisonkraft gefunden hätten: „Es handelt sich hier um langfristige Arbeitsverhältnisse.“ In Deutschland stieg die Arbeitslosigkeit im Dezember verglichen mit November um 0,1 Punkte auf 5,4 Prozent.
Welche Anzeichen deuten auf einen robusten Bremer Arbeitsmarkt hin?
Die Nachfrage oder Entlassungswellen bei der Zeitarbeit, auch Leiharbeit genannt, sowie die Anzeigen für Kurzarbeit sind für die Statistiker weitere Zahlen, aus denen sich die Entwicklung des Arbeitsmarkts ablesen lässt. Hier sieht der Chef der Bremer Arbeitsagentur positive Zeichen: „Die Kurzarbeit liegt weiterhin auf niedrigem Niveau. Zusammen mit der gestiegenen Nachfrage aus der Zeitarbeit deuten diese beiden Indikatoren auf eine weiterhin stabile Arbeitsmarktentwicklung hin.“
Wie viele Stellen sind derzeit unbesetzt?
Im Bezirk der Arbeitsagentur, zu dem Bremen, Bremerhaven und der Landkreis Osterholz gehören, gibt es derzeit 9339 offene Stellen. Der Höchststand war im August mit 10.321 unbesetzten Arbeitsplätzen erreicht. „Doch auch jetzt haben wir es immer noch mit einer hohen Zahl an offenen Stellen zu tun“, sagte Ossmann.
In Bremen waren 6803 Stellen im Dezember unbesetzt. Das waren verglichen mit November 156 weniger. Einige Betriebe hatten also offenbar Erfolg mit ihren Stellenausschreibungen. Es sind immer wieder die gleichen Branchen, die auf der Suche sind: Unternehmen in der Pflege, in der Logistik und ebenso im verarbeitenden Gewerbe oder auch im Handwerk. Dort dauert es auch lange, bis offene Stellen besetzt werden können.
Warum war dann die Arbeitslosenquote vor einem Jahr niedriger?
Im Dezember 2021 lag die Arbeitslosenquote für die Stadt Bremen bei 9,3 Prozent. Damals waren die geflüchteten Ukrainer, die in Bremen angekommen sind, aber noch nicht in der Statistik mitgezählt worden. Sie werden seit Sommer mit hinzugerechnet. Ossmann hat deshalb die Zahl der arbeitslosen geflüchteten Ukrainer herausgerechnet. In seinem Bezirk lag die Zahl der Arbeitslosen im abgelaufenen Jahr im Durchschnitt bei 39.015 Personen.
Würden die Ukrainer nicht mitgezählt, kommt man auf 37.698 Personen. „Diese Zahl liegt unter der von 2019“, stellt Ossmann fest und sagt gleichzeitig: „Bitte diese Rechnung nicht falsch verstehen. Wir sind als Land moralisch verpflichtet, den Geflüchteten aus der Ukraine zu helfen, in Arbeit zu kommen.“ Dass vor einem Jahr die Pandemie noch eine Rolle bei der Arbeitslosenzahl spielte, vergisst man laut Ossmann zum gegenwärtigen Zeitpunkt fast schon wieder.
Wie versucht die Arbeitsagentur, Menschen in Arbeit zu bekommen?
Laut Ossmann standen der Bremer Arbeitsagentur 2022 insgesamt 23,5 Millionen Euro für die verschiedensten „arbeitsmarktlichen Maßnahmen“, wie es im Behördendeutsch heißt, zur Verfügung. Jeden Monat nahmen knapp 10.000 Personen daran teil. Für 2023 steht wieder die gleiche Summe zur Verfügung. Sie soll unter anderem dazu verwendet werden, die Jugend- sowie die Langzeitarbeitslosigkeit zu senken.
Wo möchte die Arbeitsagentur hin?
Ossmann hat als Parole eine Arbeitslosenquote für Bremen unter neun Prozent ausgegeben: „Man muss sich ja schließlich Ziele setzen.“ Um das zu erreichen, müssten auch mehr geflüchtete Ukrainer in Deutschland in Arbeit kommen. „Viele von ihnen machen gerade Deutschkurse“, erläutert Ossmann. Denn die Sprache sei meist die größte Barriere für eine Tätigkeit hier.
Mehrere Gesetzesvorgaben der Bundesregierung sollen dazu beitragen, die Integrationschancen aller Arbeitslosen zu verbessern. Wer zum Beispiel als Arbeitsloser eine Qualifizierung macht, erhält in Zukunft als Anreiz dafür jeden Monat 125 Euro mehr Geld.