Nur noch fünf Tage – so zählt die Modekette Hallhuber in ihrer Filiale in der Bremer Domshof-Passage die Tage bis zur endgültigen Schließung herunter. Die letzten Kleidungsstücke hängen auf den Bügeln. Das Unternehmen hatte Ende Mai einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Der erhoffte Investor konnte nicht gefunden werden.
Damit verschwindet in der Domshof-Passage ein weiteres Geschäft mit hochwertiger Ware. Wenige Schritte weiter erinnern das Firmenlogo und die bunt beklebte Folie im Schaufenster an das ehemalige Schuhgeschäft Görtz. Mit der überwundenen Insolvenz musste bundesweit die Hälfte aller Filialen schließen. Das Taschengeschäft der Firma Bree hat ebenso geschlossen – "vorübergehend", sagt ein Schild.
Nimmt man diese Passage, das Katharinen-Viertel sowie die Katharinen-Passage zusammen, stehen hier sieben Läden leer – ab November mit Hallhuber acht. Dennoch möchte man das hochwertige Angebot hier in der Ecke halten. Die Geschäftsinhaber versuchen das über ihr eigenes Angebot. Da ist zum Beispiel Albrecht Friedrich mit seinem Geschäft "Per la Donna" für edle Bademoden und Dessous. Gerade erst hat er seinen Mietvertrag verlängert. Seinen Vermieter Brepark lobt er: "Ich bin regelmäßig im Gespräch." Dort habe man ein Ohr für ihn als Mieter.
"Ich glaube an die Bremer Innenstadt"
Friedrich stellt fest: "Bei der Bremer Innenstadt müssen alle an einem Strang ziehen." Mit "alle" meint er außer der Politik und den Geschäften auch die Kunden, die der Innenstadt weiterhin eine Chance geben sollten. "Ich glaube an die Bremer Innenstadt, ich fühle mich in Bremen zu Hause", sagt der bald 60-Jährige, der über den Westerwald und die Ostsee nach Bremen fand. Er sei mit einer 60-Stunden-Woche für seine Kundinnen da, auch nach Vereinbarung, außerhalb der Öffnungszeiten. Wenn Friedrich berät, ist es nicht ungewöhnlich, dass das auch mal eine Stunde dauert.
Was er beobachtet: Eine Reihe von Bremern gebe ihr Geld momentan lieber in anderen Städten aus. Er dagegen freut sich, dass seine Stammkundinnen zu ihm halten. Ebenso freut er sich schon jetzt auf eine Gruppe, die jedes Jahr zur Adventszeit nach Bremen anreist; ihr Besuch bei ihm sei ein fester Termin. Friedrich, der in der Hotellerie gelernt hat, sagt: "Bremen hat touristisch so viel zu bieten. Das muss man besser mit dem Einkaufen verbinden." Als Beispiel sagt er: "Aus dem Urlaub bringt man sich doch auch gern als Erinnerung ein Kleidungsstück mit."
Auch außerhalb seines Ladens müsse es aber mit der Sauberkeit stimmen. Er selbst lässt jeden Monat seine Fensterscheiben putzen, um den Taubendreck zu entfernen. Denn der erste Eindruck von außen zähle: "Es gibt für den Einzelhandel keine zweite Chance." Vor Weihnachten werde die Brepark in der Passage wieder festliche Beleuchtung installieren. Und im Laden nebenan lasse die City Initiative gerade große Bilder mit Bremen-Ansichten ausstellen.
Eine ähnlich positive Stimmung verbreitet am Ende der Domshof-Passage die Mitarbeiterin im Handtaschengeschäft Volker Lang, die ihren Namen nicht nennen möchte. Gerade hat sie das Schaufenster zum Domshof hin neu ausgestattet. Das Unternehmen feiert Sonnabend 40-jähriges Bestehen. Danach geht es mit dem Weihnachtsgeschäft los. "Feste wie Weihnachten und Ostern sind für unser Geschäft von großer Bedeutung", sagt die Mitarbeiterin. Volker Lang könne auch auf viele Stammkundinnen zählen. "Es kommt auch Kundschaft aus Süddeutschland, die die Artikel aus dem Internet kennt und sich über die große Auswahl hier freut. Eine Handtasche muss man doch anfassen und fühlen können", findet sie. Sie freue sich außerdem, dass nebenan mit der Kette "Art of Chocolate" etwas ebenso Hochwertiges eingezogen sei wie zuvor Leysieffer. Das wünscht sie sich auch für die Räumlichkeiten, die Hallhuber angemietet hatte.
Die City multifunktionaler nutzen
Was den allgemeinen Leerstand angeht, sagt Jan König, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Nordwest: "Diese Situation gibt es nicht nur in der Bremer Innenstadt, sondern auch in Oldenburg, Wilhelmshaven oder Stade." Auch dort gebe es verschiedene Ansätze, um für Belebung zu sorgen. Die Bremer Innenstadt in Zukunft mit einer multifunktionaleren Nutzung zu denken, sei ein guter Weg - indem zum Beispiel Teile der Uni in der City untergebracht würden, aber "dennoch darf man die Sog-Wirkung des Handels nicht unterschätzen".
Laut König muss eine multifunktionale Innenstadt aber auch in Zukunft mit dem Pkw erreichbar sein. Trotz der momentanen Kaufzurückhaltung hofft man nun auf das Weihnachtsgeschäft - zu dem hoffentlich alle Ecken der Innenstadt hell erleuchtet seien sollen. An einem Punkt sei aber klar die Stadt gefragt: "Wenn die Sicherheitssituation rund um den Hauptbahnhof so bleibt, hält das viele auch aus dem Umland ab, in die Bremer Innenstadt zu fahren."