Alle vier Jahre zeichnet die Bremer Handelskammer beispielhafte Innovationen aus, die von Unternehmen der Stadt entwickelt worden sind. Gestern wurden die Preisträger gekürt. Gewonnen haben ein Laser-Messgerät, zwei Software-Programme und ein Wursttoaster.
Bremen. Jedes Jahr werden Tausende Kilometer Kabel produziert. Von der Staubsauger-Verlängerung bis hin zum Starkstrom-Strang. Bislang gab es allerdings ein Problem bei den Herstellern: Wegen oft ungenauer Messungen auf der Fertigungslinie lieferten sie in vielen Fällen mehr Meterware als vom Kunden bestellt und bezahlt. Das Bremer Unternehmen Sikora schafft nun Abhilfe: Ein mit Millionenaufwand entwickeltes Laser-Messgerät, eine Weltneuheit, bestimmt die Längen künftig millimetergenau. Rund 1,4 Millionen Euro hat die Sikora AG in das neue Produkt investiert, das sich bereits bestens verkauft. "Das hat sich für uns gelohnt", sagt Sikora-Vorstand Harry Prunk.
Die mittelständische Firma ist erfolgsverwöhnt. Firmengründer Harald Sikora wurde vor drei Jahren zum Bremer Unternehmer des Jahres gekürt, im vergangenen Jahr belegte das Unternehmen Platz 21 unter den 1000 besten deutschen Mittelständlern. In einer anderen Studie rangierte es sogar auf Platz unter den Top-100-Mittelständlern in Deutschland. 1973 mit vier Mitarbeitern gegründet, hat sich die Firma zum Weltmarktführer für Mess- und Regelgeräte entwickelt und zählt heute 180 Beschäftigte. Begehrt sind die auf Röntgen- und Lasertechnologie basierenden Mess-Systeme vor allem bei der Kabel-, Rohr- und Schlauchindustrie. Von diesen Kunden, so erzählt es Prunk, kamen auch die Klagen über die mangelnde Längenmessung und der Wunsch nach einer besseren Technik. "Wir haben Aufwand und den Nutzen für uns abgewogen und losgelegt", sagt Prunk.
Vier Jahre haben Forschung und Entwicklung gedauert. Ergebnis ist das Messsystem "Length 6000", das beliebige Längen mittels Lasertechnik misst. Neu und weltweit einmalig ist dabei, dass dies berührungslos und ohne Verschleiß geschieht. Bei herkömmlichen Anlagen laufen Rollen mechanisch auf dem Kabelstrang mit, aus Umfang und Zahl der Umdrehungen lässt sich die produzierte Länge ermitteln. Nur eben nicht hundertprozentig genau, weil die Rollen auch mal auf der Oberfläche wegrutschen.
Das Sikora-System dagegen erfasst das Objekt optisch, weil sich das vom Laser ausgesandte Licht an der Kante bricht – ähnlich wie Wellen an einer Hafenmole gebrochen werden. Die so erzeugten Daten lassen sich auswerten und berechnen. Vorteil: Die Messungen werden genauer und der Kunde spart Material, Energie, Produktionszeit und Wartungskosten. Dafür gab es gestern den ersten Platz beim Innovationspreis der Bremer Handelskammer. "Wir sind sehr stolz auf den Erfolg und die Auszeichnung", sagt Sikora-Chef Prunk.
Immerhin fünf Prozent des Jahresumsatzes von zuletzt knapp 30 Millionen Euro hat sich die Firma ihr neues Produkt kosten lassen. "Wir müssen uns ständig weiterentwickeln, wenn wir weiter die Nase vorn haben wollen", sagt Prunk. Nur zehn Prozent des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen in Deutschland, dagegen 90 Prozent im Export, vor allem in Asien. Nur mit innovativen Produkten bleibe man im Geschäft und halte sich die Konkurrenz auf Abstand, auch Anbieter aus Fernost. "Kopiert wird immer nur, was alt ist", meint der Sikora-Chef. Mit der Qualität der Technik stimme am Ende auch die Umsatzrendite.
Deshalb hatte das Unternehmen 3,5 Millionen Euro in ein eigenes Forschungszentrum investiert, das vor gut einem Jahr eröffnet wurde. "Damit haben wir den Raum für Kreativität geschaffen, die uns weiterbringt", sagt Prunk. In so einem Umfeld seien auch Erfindungen möglich wie das Längenmessgerät. Daraus sind mittlerweile zwei weitere Entwicklungen abgeleitet worden. So ein Durchmesser-Prüfgerät , das zusätzlich mikroskopisch kleine Schadstellen auf einem Kabel erkennen kann.
Gebraucht wird es von Zulieferern der Automobilindustrie, die dadurch teure Rücksendungen vermeiden könnten. Ein ähnliches Gerät für die Vermessung von Glasfasern sei ebenfalls entstanden, so Prunk. "Daher hat sich der Aufwand gelohnt." Neue Forschungsprojekte sind gestartet. Prunk blickt zuversichtlich in die Zukunft. 32 Millionen Euro Umsatz peilt er für 2012 an und will jedes Jahr um weitere zehn Prozent wachsen. Zehn neue Mitarbeiter will er einstellen und neue Märkte erobern. "Der Schütting-Preis ist ein zusätzlicher Anreiz, so weiterzumachen", sagt er.