Es braut sich etwas zusammen an Bremerhavens Kaimauern und bei den Umschlagsbetrieben. Denn langsam kriegen sie die Auswirkungen zu spüren, weil in Bremen die Dauer für die Genehmigung eines Schwerlasttransports immer noch bei mindestens sieben Wochen liegt. Hans-Joachim Schnitger, der Präsident der Bremischen Hafenwirtschaftsvertretung (BHV) und Geschäftsführer der Atlantik Hafenbetriebe in Bremerhaven, berichtet, dass gebuchte Schiffsabfahrten deshalb nicht mehr eingehalten werden können.
In einem konkreten Fall hat ein Kunde seine Ladung lieber über einen anderen Hafen verschifft als über Bremerhaven. „Ich rede da jetzt aber nicht nur für mich allein, sondern auch für die anderen 260 Betriebe in meiner Funktion als BHV-Präsident“, sagt Schnitger. Das Problem mit der langwierigen Genehmigung ist nicht neu. Auch der WESER-KURIER hatte in den vergangenen Monaten darüber berichtet.
Zahl der Mitarbeiter wurde aufgestockt
So gab es bei Verkehrssenator Joachim Lohse (Grüne) Mitte August einen „Schwerlast-Gipfel“, an dem auch Schnitger teilnahm – neben den Schwerlast-Transporteuren und Kunden, deren schwere Maschinen über die bremischen Häfen verschifft werden. Als Resultat dieses Treffens hatte der Verkehrssenator Ende August mitgeteilt, welche Konsequenzen er daraus ziehe.
So wurde die Zahl der für die Genehmigungen zuständigen Mitarbeiter von sieben auf 13 aufgestockt. Bereits bei dem runden Tisch bat Lohse allerdings um Verständnis, dass dadurch nicht sofort die Bearbeitungszeit gedrückt werden könne. „Die Mitarbeiter sind eingestellt und werden gerade eingearbeitet“, sagte Lohses Sprecher Jens Tittmann.
Lohse rechnet damit, dass ab Oktober die Bearbeitungsdauer sinken werde. „Spätestens Ende November 2017 sollen die Anhörungen für das Transportgewerbe planbar innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen werden.“ Gleichzeitig habe Lohse veranlasst, dass für eilige Transporte mit Schiffstermin die Genehmigungen ab sofort für einen Zeitraum von 14 Tagen vor und nach der Abfahrt des Schiffes erfolgen.
„Abweichungen oder Verlängerungen sind in begründeten Fällen möglich“, so der Senator. Angedacht war auch, nur einen Antrag stellen zu müssen für mehrere hintereinander folgende Transporte gleicher Waren. Dies wurde verworfen – was Schnitger bedauert: „Es hätte unseren Kunden Planungssicherheit gegeben, außerdem dem Amt weniger Antragsprüfungen beschert.“ Laut Ressortsprecher Tittmann sind solche Dauergenehmigungen allerdings seitens des Bundesverkehrsministeriums untersagt.
Keine Kompensation
Es sei weiterhin ein Glücksspiel, wann die Lkw mit ihrer Ladung in Bremerhaven ankommen, heißt es in der Branche. „Statt an drei Tagen jeweils einen Lkw zu bekommen, stehen dort dann an nur einem Tag insgesamt elf. Und wir alle knüppeln dann, damit wir die Lkw schnell leer kriegen“, berichtet ein Mitarbeiter von Schnitger. „Wir machen hier alle vor Ort einen guten Job.“
Doch das könne nicht kompensieren, dass die Häfen in Bremerhaven Ladung verlieren. „Wir haben hier ein Beispiel, dass ein Transporteur seit dem 22. Juni auf die Genehmigung wartet für Ladung aus Slowenien. Sämtliche Genehmigungen liegen vor, nur hier in Bremen warten die aufs Okay.“
Auch der Kranhersteller Liebherr saß mit am runden Tisch bei Lohse. Momentan halte das Unternehmen noch an Bremerhaven fest. Schnitger erläutert: „Um Bremerhaven zu erreichen, fahren die aus ihrer Produktion in Baden-Württemberg extra einen Umweg von 400 Kilometern wegen der Genehmigungen.“ Schnitger hat aber Sorge, dass Liebherr die Geduld verliert.
Brandbrief an Carsten Sieling
„Das sind 2000 Trailer pro Jahr. Hier geht es um eine Bruttosumme von mindestens 25 Millionen Euro, die Bremerhaven verloren gehen kann. Und wenn ein Kunde erstmal weg ist, kommt der nicht wieder. In Häfen wie Antwerpen oder Hamburg lachen die doch schon über uns, dass wir das hier im Land Bremen nicht hinkriegen. Meist geht es doch nur um den Bremer Anteil an der A27 und das Stück in Bremerhaven.“
Gerade in den Niederlanden und Belgien laufe es wesentlich schneller mit der Genehmigung. Schnitger hat auch einen Brandbrief an Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) und Bürgermeisterin Karoline Linnert (Grüne) geschrieben, um auf das Problem aufmerksam zu machen – bisher ohne Antwort. Die Vorsitzende des Hafenausschusses, Susanne Grobien (CDU), hat Verkehrssenator Lohse zur nächsten Sitzung eingeladen.
Er habe auch bereits zugesagt, um das Thema nochmals näher zu erläutern. Seit dem runden Tisch sollen Verkehrsstaatsrat Jens Deutschendorf (Grüne) und Häfenstaatsrat Jörg Schulz (SPD) das Monitoring betreiben, wie es nun laufe. „Wir teilen den Frust, aber Schuld an der aktuellen Situation ist vor allem das Bundesverkehrsministerium, das hier für die rechtliche Lage zuständig ist“, sagte Lohses Sprecher Jens Tittmann.
Sorge um Bremer Freimarkt
An die Spediteure gehe der Appell, für einen Transport nicht die zehnfache Zahl an Anträgen zu stellen. Derzeit warten noch einige tausend Anträge auf Bearbeitung. Der Sprecher von Wirtschaftssenator Günthner, Tim Cordßen, sagte: „Wir sind hochalarmiert und haben kein Interesse an einer noch schlimmeren Situation.“
Von den Genehmigungen betroffen sind auch die Bremer Schausteller. In etwa zwei Wochen kommen die ersten, um für den Freimarkt aufzubauen. Der Geschäftsführer des Bremer Schaustellerverbands, Wolfgang Ahrens, sagte: „Wir können nur hoffen, dass zum Freimarkt alle betroffenen Schausteller rechtzeitig Streckengenehmigungen erhalten.“ Was das Riesenrad angeht, kann Marlies Rosenzweig von der Steiger OHG Entwarnung geben: „Unser Spediteur hat sich rechtzeitig um alles gekümmert.“