Die Zahl der Privatinsolvenzen in Niedersachsen und Bremen ist im vergangenen Jahr sprunghaft gestiegen – wie in fast allen Bundesländern. Insgesamt entsprach der Zuwachs in Deutschland auf rund 109.000 Privatinsolvenzen fast einer Verdopplung gegenüber dem Vorjahr. In Niedersachsen stieg die Zahl der Privatinsolvenzen Daten der Wirtschaftsauskunftei Crif zufolge im zweiten Pandemiejahr um 72,3 Prozent auf 14.384 Fälle. In Bremen hat sich die Zahl demnach in dieser Zeit sogar mehr als verdoppelt – registriert wurde ein Anstieg um 118,0 Prozent auf 1657 Fälle.
Eine Auswertung von Creditreform Bremen zeigt dabei, dass eine Insolvenzrechtsreform für einen deutlichen Effekt sorgte. Seit Ende des Jahres 2020 können überschuldete Verbraucher schneller ein Verfahren durchlaufen. In den Monaten zuvor, ab Bekanntwerden dieser Änderung, gingen die Fälle in Bremen spürbar zurück, so zeigen es die Zahlen von Creditreform. "Viele Verbraucher haben mit ihrem Insolvenzantrag bis 2021 gewartet, um dann in den Genuss einer verkürzten Wohlverhaltensperiode von drei Jahren zu gelangen", erklärt Geschäftsführer Peter Dahlke die Entwicklung.
Verbesserte Situation
Um die Lage der Verbraucher richtig einschätzen zu können, hält Dahlke die Zahl der Pleiten als Indikator für zu eng gefasst. Nur ein sehr kleiner Anteil der Menschen mit Geldsorgen gehe den Weg in die Privatinsolvenz – etwa zwei Prozent. Insgesamt seien aber etwa 73.000 Personen im Bundesland überschuldet, wie der jüngste Schuldneratlas von Creditreform zeige. "Trotz des Anstiegs bei den Verbraucherinsolvenzen hat sich die finanzielle Situation von Verbrauchern in Deutschland und in Bremen in diesem Jahr gebessert", sagt der Geschäftsführer. Offensichtlich hätten die staatlichen Hilfen wegen der Pandemie ihre Wirkung entfaltet. So seien Unternehmen und Verbraucher vor einer befürchteten Zahlungsunfähigkeit bewahrt worden.
Außerdem verhielten die Verbraucher sich sparsamer. Reisen oder auch Restaurantbesuche waren zeitweise schließlich gar nicht oder nur eingeschränkt möglich. Die Ersparnisse sind laut Peter Dahlke "erkennbar auch zur Abtragung bestehender Schulden genutzt worden". Wegen der Erleichterung bei der Schuldenbefreiung sei jedoch weiterhin eine hohe Zahl an Privatinsolvenzen in den Folgejahren zu erwarten.
Der Geschäftsführer von Crif befürchtet derweil, dass die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie viele Verbraucher doch in Bedrängnis bringen werden. Viele Menschen, die Einkommenseinbußen durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit erlitten hätten, hätten versucht, mit eigenen Rücklagen oder privat geliehenem Geld durchzuhalten. „Die finanziellen Reserven vieler Betroffener sind aufgebraucht. Dazu kommen die stetig steigenden Miet- und Energiepreise“, sagt Frank Schlein. „Daher gehen wir auch 2022 von weiter hohen Privatinsolvenzzahlen aus.“