Die Hafenwirtschaft hofft auf Milliardeninvestitionen aus dem geplanten Infrastrukturtopf des Bundes in die norddeutschen Seehäfen. "Ich bin gespannt, wie das Sondervermögen ausgestaltet wird, aber die Seehäfen müssen da mit rein", sagte Wirtschafts- und Häfensenatorin Kristina Vogt (Linke) am Donnerstag zur Eröffnung des Fachkongresses "Logistics Connect" in Bremen. "Sonst werden wir die vor uns liegenden Herausforderungen nicht bewältigen."
Insgesamt werde die Modernisierung der Stromkaje mindestens 750 Millionen Euro kosten, so Vogt. Die in weiten Teilen rund 50 Jahre alte Kaje soll für die inzwischen deutlich größer gewordenen Schiffe und dazu passenden Kräne verstärkt werden. "Und wenn wir jetzt nicht investieren, tun es die privaten Betreiber auch nicht", mahnte Vogt am Rande der Veranstaltung. Der Terminalbetreiber Eurogate etwa plant Milliardeninvestitionen in die Automatisierung des Containerumschlags. Dies gilt als Voraussetzung dafür, den Terminal wettbewerbsfähig zu halten.
Deshalb genießt die Sanierung der Stromkaje im Häfenressort jetzt Priorität – noch vor dem Energy Port, mit dem Flächen für die Offshore-Windindustrie und andere Akteure der Energiewende geschaffen werden sollen. "Wir brauchen jetzt sofort 20 Millionen Euro und ab dem Haushaltsjahr 2027 dann jedes Jahr 80 Millionen Euro", rechnet Vogt vor. Mit diesen Forderungen geht das Ressort in die laufenden Haushaltsverhandlungen mit dem Finanzressort.
Verwendung des Sondervermögens noch unklar
In Berlin soll noch im März der alte Bundestag ein über Schulden finanziertes Sondervermögen des Bundes zur Verbesserung der Infrastruktur in Deutschland beschließen. Ob und wie die in Aussicht gestellten 500 Milliarden Euro auch den Seehäfen zugutekommen, ist unklar – Häfen gelten in Deutschland als Sache der Bundesländer. Der Bund gewährt zurzeit lediglich einen Lastenausgleich über knapp 40 Millionen Euro im Jahr für alle norddeutschen Seehäfen zusammen. Dagegen wehren sich die Küstenländer seit Jahren. Sie fordern mindestens 400 Millionen Euro im Jahr. Die norddeutschen Seehäfen kämen schließlich der gesamten deutschen Wirtschaft zugute – auch den Unternehmen in Bayern und Baden-Württemberg.
Bremen bekommt über den Lastenausgleich bislang rund zehn Millionen Euro im Jahr vom Bund für seine Häfen. Eine Verzehnfachung der Summe im Ausgleichstopf würde also auch Bremen deutlich mehr Geld bescheren. Ob das geplante Sondervermögen die Aufstockung der Hafenförderung durch den Bund wahrscheinlicher macht, will Vogt allerdings vorerst nicht bewerten. "Ich glaube erst daran, wenn das Geld da ist", sagte sie.
Auch Robert Howe, Chef der staatlichen Hafengesellschaft Bremenports, sieht noch "große Fragezeichen" hinter dem erhofften Geldsegen aus Berlin. "Es bleibt abzuwarten, ob und wie das kommt und was das für die Seehäfen bedeutet", sagte er. Fest steht für ihn nur: "Mit der Planung sind wir so weit, dass wir noch dieses Jahr loslegen können."
Lockerung der Schuldenbremse
Zusätzlicher Spielraum für Investitionen könnte auch durch die geplante Lockerung der Verschuldungsregeln für die Bundesländer entstehen. Die so geschaffenen Mittel für den Bremer Haushalt – rund 130 Millionen Euro im Jahr – will die CDU-Opposition, die der höheren Verschuldung zustimmen müsste, vorrangig für den Ausbau der Schulen verwenden. "Dabei haben wir das Problem mit den Schulen ja eigentlich schon gelöst – das kriegen wir hin", plädiert dagegen Wirtschaftssenatorin Vogt. "Wofür wir keine Lösung haben, sind die richtig großen Projekte" – wie etwa die 750 Millionen Euro für eine neue Stromkaje.
Die unruhigen Zeiten in Deutschland und der Welt – Regierungswechsel, Ukraine-Krieg, der drohende Bruch mit den USA – waren das beherrschende Thema zum Auftakt der erstmals stattfindenden Kongressmesse "Logistics Connect", zu der sich gut 800 Fachbesucher angemeldet hatten. "Es ist wie eine große Pendelbewegung", meinte Matthias Magnor, neuer Chef der BLG Logistics Group. "In den letzten 30 Jahren schlug das Pendel in Richtung Globalisierung aus – jetzt geht es in die andere Richtung." Noch ist sich die Branche unklar darüber, was das für sie genau bedeutet: Am Autoterminal in Bremerhaven etwa mache das Im- und Exportgeschäft mit den USA jeweils rund 30 Prozent aus, rechnet Magnor vor: "Wir gehen davon aus, dass wir da einen Rückgang erleben werden, wenn die angekündigten Zölle von 25 Prozent kommen."
Auch die Projektlogistikbranche, die vor allem Maschinen und Anlagen verschifft und im Mittelpunkt der zweitägigen Veranstaltung steht, fürchtet schlechtere Geschäfte. Nach einer Umfrage, die die Bremische Hafenvertretung (BHV) unter ihren Mitgliedern gemacht hat, rechnet fast die Hälfte der Verlader und Transportdienstleister in diesem Jahr mit einem Rückgang des eigenen Exportgeschäfts; nur jeder sechste erwartet mehr Ladungsvolumen.