Eine Insolvenz bedeutet nicht automatisch das Ende eines Unternehmens – aus ihr kann auch ein erfolgreicher Neuanfang resultieren. Ähnlich sieht das Jürgen Ettl, Betriebsratschef der Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof, die laut Medienberichten an diesem Dienstag Insolvenz anmelden will. Was das für den Bremer Standort bedeuten könnte, ist völlig offen. Die Kaufhauskette gehört zur österreichischen Signa Holding GmbH, die vor Wochen in finanzielle Turbulenzen geraten ist und selber Ende November einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung beim Handelsgericht Wien gestellt hatte (wir berichteten).
"Wir können zu diesem Zeitpunkt zu den Medienberichten nichts sagen", sagte Holger Römer, Sprecher der Bremer Zech-Gruppe, auf Nachfrage des WESER-KURIER. Die Zech-Gruppe ist Inhaber des Gebäudes an der Obernstraße, das von Galeria Karstadt Kaufhof gemietet wird. Gleiches teilte der Betriebsrat des Bremer Kaufhaus-Standortes mit.
Finanzielle Schieflagen gab es bei der Kaufhauskette bereits in der Vergangenheit: Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hatte Ende 2022 zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren Rettung in einem sogenannten Schutzschirmverfahren suchen müssen. Beantragt wird innerhalb dieses Verfahrens bei Gericht eine eigenverantwortliche Unternehmenssanierung. Voraussetzung dafür: Weder die Zahlungsunfähigkeit noch die Überschuldung dürfen bereits eingetreten sein. Wird dem Antrag zugestimmt, gibt es drei Monate Zeit für das Unternehmen, dem Gericht einen Insolvenzplan vorzulegen. Danach wird das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet, und die Sanierungsmaßnahmen können in Abstimmung mit Gläubigern und Gericht umgesetzt werden.
Wie kam der Bremer Standort von der Streichliste?
Mehr als 40 der damals 131 Kaufhäuser sollten innerhalb des zweiten Schutzschirmverfahrens geschlossen werden – auch der Bremer Standort stand wie berichtet auf der Streichliste. Entwarnung kam dann doch noch Ende Mai 2023: Zwischen Vermieter und Mieter hatten erfolgreiche Gespräche stattgefunden. Im Ergebnis zahlt Galeria Karstadt Kaufhof unter anderem eine geringere Miete, und perspektivisch soll die Verkaufsfläche reduziert werden. Dadurch behielten mehr als 200 Beschäftigte ihre Arbeit – ihnen war bereits gekündigt worden.
Der Gesamtbetriebsrat von Galeria Karstadt Kaufhof hält die Kaufhauskette, wie berichtet, trotz der finanziellen Schieflage der Konzernmutter Signa grundsätzlich für zukunftsfähig. Dass nun die Kerngesellschaften der Signa-Gruppe insolvent seien, bedeute, "dass wir uns von der Signa-Gruppe und ihren Interessen befreien können“, hatte sich Ettl am Wochenende gegenüber der „Wirtschaftswoche“ geäußert. Finde sich ein neuer Eigentümer, sei das Unternehmen zukunftsfähig“. Dafür müssten unter anderem die Mieten an den Signa-Standorten auf ein marktübliches Niveau gesenkt werden. Ein weiterer Arbeitsplatzabbau sei aber kaum zu vermeiden. Zurzeit gibt es nach eigenen Angaben insgesamt 93 Standorte mit etwa 15.500 Beschäftigten in Deutschland.
Was hatte Signa für die Sanierung zugesagt?
Im letzten Schutzschirmverfahren für die gesamte Kaufhauskette hatte Signa 200 Millionen Euro für die Sanierung zugesagt. Die ersten 50 Millionen sollen im Februar fließen. Ende 2023 hieß es noch aus Unternehmenskreisen, dass es trotz der Signa-Insolvenzen zur Zahlung der zugesagten 200 Millionen Euro kommen soll. Zudem würden bereits mit mehreren Interessenten Gespräche über eine Übernahme der Kaufhauskette geführt.
Die Immobilien- und Handelsgruppe Signa des österreichischen Immobilienmilliardärs René Benko ist wegen gestiegener Zinsen, Baukosten und Energiepreise ins Wanken geraten. Mehrere Teile der Gruppe sind zahlungsunfähig. Die verschachtelte Signa-Gruppe ist in Deutschland in eine Reihe von Bauprojekten involviert, die derzeit stillstehen. Dazu gehören der geplante 245 Meter hohe Elbtower in Hamburg sowie zwei Karstadt-Standorte und ein Hochhausprojekt am Ku'damm in Berlin. Zu den internationalen Signa-Beteiligungen zählen das Chrysler Building in New York sowie die Selfridges-Kaufhäuser in Großbritannien.