Sohrab Mohammad: Als Torben und ich damals gegründet haben, sahen wir genauso aus, wie am Tag zuvor als Studenten. Das haben wir nie mehr angepasst. Die Kleidung spielt bei uns bis heute keine Rolle und das finde ich gut. Wahrscheinlich funktioniert das so nur in unserem Rahmen. Gerade konservativ angehauchte Unternehmen haben dazu einen ganz anderen Bezug.
Wie ist das bei Ihnen? Erzählt Ihre Kleidung, der Anzug, die Manschettenknöpfe, das Firmenlogo am Revers, etwas über Sie?Eduard Dubbers-Albrecht: Die Mitarbeiter in unserem Logistikunternehmen sind ähnlich wie Sie angezogen. Das ist ganz locker. Was wir nicht wollen, das sind total alte zerrissene Jeans oder kurze Hosen im Büro. Ansonsten gibt es da überhaupt keine Kleiderordnung – bis auf den Außendienst. Wenn ich ohne Krawatte ins Büro käme, würden dagegen alle sagen: Was ist denn mit dem los? Die Krawatte ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Das gehört zu meiner Persönlichkeit.
Und wenn keiner es mehr tut, Sie tragen Krawatte?Eduard Dubbers-Albrecht: Ich reise viel in Asien. Dort ist es im Sommer gelegentlich brüllend heiß. In Singapur ist fast die Regel, dass man keine Krawatte mehr trägt – selbst bei den Bankern. Ich trage sie. Das ist so ein bisschen mein Markenzeichen. Wenn ich zur Handelskammer gehe, trage ich Krawatte, weil es da, finde ich, zur Institution gehört. Ich habe daraus für mich ein Prinzip gemacht.
Sohrab Mohammad: Wir haben in dem Sinne keine Kunden, denen wir entgegentreten, da unser Geschäft rein online läuft. Wir sind deshalb völlig unabhängig von Konventionen. Ich war allerdings gerade in Singapur auf einer Delegationsreise mit dem Wirtschaftssenator. Dort gab es schon Situationen, in denen ich mich underdressed gefühlt habe. Wir haben uns vor dem Besuch der Botschaft gefragt, wie wir dort auftreten sollen. Ich habe irgendwann zu mir gesagt: Es ist egal, ich laufe so auf, wie ich es für richtig halte.
Bremen ist klein, aber Sie begegnen sich zum ersten Mal. Gibt es hier doch zwei Welten? Die der Start-up-Festivals und die der Handelskammer?Sohrab Mohammad: Das ist nur eine Frage der Zeit. Als wir angefangen sind, waren wir nur ein kleiner Stern am Himmel. Zwei verrückte Jungs, die irgendwas mit Reis machen wollen. Das hat auch niemand so richtig verstanden. Man merkt jetzt schon, je größer wir werden, desto eher kommen wir mit Institutionen und Personen zusammen, die schon einen anderen Stand haben. Ich finde richtig, dass man sich als kleines Unternehmen da beweisen muss.
Können Sie sich vorstellen, eines Tages wie Herr Dubbers-Albrecht zur Handelskammer zu gehören oder zur Schaffermahlzeit zu gehen?Sohrab Mohammad: Klar. Ich maße mir aber gar nicht an, dass ich schon die Berechtigung hätte, mitzumachen.
Sie dürfen dagegen dort gar nicht fehlen oder?Eduard Dubbers-Albrecht: Es gibt Abschnitte im Leben, wo einem das wahnsinnig wichtig ist. Das darf man sich natürlich nicht anmerken lassen. Denn bei all diesen Institutionen wird man gefragt. Wer sich dort anmeldet, ist fast von vorne herein raus. Am Ende ist entscheidend, wie man sich bei Themen einbringt. Ich kann absolut verstehen, dass Sie sich erst auf Ihr Unternehmen konzentrieren. Denn in der Tat lenken diese Dinge auch ab.
Du oder Sie? Wie halten Sie das bei sich?Sohrab Mohammad: Wir duzen uns alle. Ich finde es viel angenehmer, Leute direkt beim Vornamen zu nennen. Da ist eine Nähe, die ich dynamisch und schön finde. Durch das Siezen entsteht eine krasse Barriere, die es ganz schwer macht, herauszufinden: Mögen wir uns jetzt eigentlich oder nicht? Da ich, was dieses Thema angeht, kein Revoluzzer bin, halte ich mich an die Etikette, würde aber viel lieber Eduard sagen. (lacht)
Eduard Dubbers-Albrecht: Bei uns in der Firma duzen sich praktisch alle. Das geht gut und klappt selbst bei schwierigen Personalgesprächen, Entlassungen oder Gehaltsverhandlungen. Doch mein Partner und ich sind die Ausnahme: Wir werden gesiezt. Ich habe manchmal die Sorge, dass beim Du eine Vertrautheit erweckt wird, die gar nicht angemessen ist und vielleicht falsch eingeschätzt wird. Ich finde eine gewisse Distanz nicht schlecht. Wenn wir jetzt allerdings zusammen Golf spielten, würde ich sofort du sagen. Da herrschen andere Regeln.
Sohrab Mohammad: Ich kann das sehr gut verstehen. Wer mich näher kennt, weiß, dass ich durchaus distanziert bin – typisch norddeutsch. Man braucht sehr lange, um mein Vertrauen zu gewinnen. Deswegen habe ich mich schon oft gefragt, ob eine lockere Umgangsform damit verwechselt wird. Mir ist es einfach zu anstrengend, zu differenzieren: Wer ist Sie, wer ist Du?
Was denken Sie, was Sie voneinander lernen könnten?Sohrab Mohammad: Ich darf mich immer wieder mit alteingesessen Firmen austauschen. Das bringt mich weiter. Es ist unglaublich interessant zu sehen, dass die Herausforderungen die gleichen sind, obwohl sich die Technologie weiterentwickelt, obwohl der Erfahrungsschatz in der Welt wächst. Das ist erstaunlich. Egal, ob ein Unternehmen zehn oder 200 Jahre alt ist, es sind die gleichen Dinge: Wie finde ich gute Mitarbeiter? Wie kann ich Kunden überzeugen?
Eduard Dubbers-Albrecht: Ich könnte haargenau dasselbe sagen. Wir haben jeden Tag Kunden zufriedenzustellen und idealerweise zu begeistern – ob nun mit unserer Dienstleistung oder mit Reis. Was spannend ist bei den jungen Unternehmen, sind die Entscheidungsprozesse. Dort wird oftmals mit flacheren Hierarchien auf Veränderungen reagiert. In dieser Hinsicht können wir unbedingt lernen. Interessant ist sicher auch der Umgang mit Mitarbeitern.
Sohrab Mohammad: Wir fragen uns jede Woche: Was können wir für die Mitarbeiter noch tun? Dafür haben viele Traditionshäuser überhaupt nicht das Verständnis. Wir machen zum Beispiel jede Woche ein gemeinsames Frühstück. Ich will, dass die Leute sich bei mir in der Firma zu einhundert Prozent wohlfühlen und bleiben wollen. Wir leben in einer globalisierten Welt. Die Bildung steigt, die Menschen können sich aussuchen, wo sie arbeiten möchten. Wenn du es nicht schaffst, dich vernünftig um diese Leute zu kümmern, werden sie sich für jemand anderen entscheiden – selbst wenn du mehr bezahlst.
Wie entspannen Sie von der Arbeit?Sohrab Mohammad: Anfangs haben wir keinen Tag Urlaub gemacht. Das ist heute anders. Ich mache viel Sport, ich hänge mit meinen Freunden ab. Ich versuche, mich dann so wenig wie möglich mit unternehmerischen Dingen zu beschäftigen. Das gelingt mir ganz gut. Ich bin recht locker und mache mich wenig verrückt.
Eduard Dubbers-Albrecht: Ich muss sagen, dass ich fast nie komplett abschalte. Selbst in den Ferien ist der Rechner dabei. Das hört tatsächlich nicht auf. Was ich unheimlich gut kann, ist kurzfristig abschalten. Ich kann aus dem Büro auf den Golfplatz hetzen und ärgere mich dort nur noch über meine Schläge. Da ist die Firma weit weg. Das ist Entspannung. Doch ich fühle mich auch nicht belastet, sondern habe Freude an meiner Arbeit und an meinem beruflichen Engagement. Das treibt einen.
Sohrab Mohammad: Das geht mir genauso. Ich kann umschalten, selbst wenn vor einer Sekunde noch ein riesiges Problem im Raum stand. Ich kann an einer Hand abzählen, wie oft ich in den acht Jahren eine schlaflose Nacht hatte.
Die Fragen stellte Lisa Boekhoff.
Sohrab Mohammad (35)
hat zusammen mit seinem Kommilitonen Torben Buttjer das Unternehmen Reishunger aufgebaut. Heute haben die Spezialisten für Reisgerichte rund 100 Mitarbeiter. Mohammad ist in Bremen geboren und aufgewachsen.
Eduard Dubbers-Albrecht (60)
ist neben Hans-Christian Specht geschäftsführender Gesellschafter von Ipsen Logistics. Dubbers-Albrecht ist in Dallas in Texas geboren und hat später in L.A. und Hongkong gearbeitet. Unter anderem ist er Vizepräses der Handelskammer und Honorarkonsul von Dänemark.