Der Ruf von Beluga ist ramponiert. Die Marke, die einst 90 Millionen Euro wert gewesen ist, ist am Boden.
Es geht also weiter mit Beluga. Das ist nach vier Wochen, in denen es nur Negativschlagzeilen rund um die in eine tiefe Krise geratene Reederei gab, die erste gute Nachricht. Die Flotte ist zwar weitaus kleiner, die Zahl der Arbeitsplätze deutlich geringer als früher, aber immerhin: Es könnte ein Neuanfang sein. Und es ist vielleicht die letzte Chance, eine Reederei wieder zurück ins Geschäft zu bringen, die in der Branche weithin nur noch als „Trümmerhaufen“ gesehen wurde.
Ob es gelingt, ist längst nicht sicher. Es kommt jetzt darauf an, dass Beluga wenigstens so lange durchhält, bis der Markt wieder freundlicher aussieht. Denn die Schifffahrt, erst recht das Schwergutgeschäft, ist eine noch immer kriselnde Branche, Reichtümer können derzeit nicht verdient werden. Die Auswirkungen der Rezession auf die Reederei haben zuerst Firmengründer Stolberg, dann aber auch der Investor Oaktree schwer unterschätzt. Noch dazu hat der US-Kapitalfonds die Befindlichkeiten und Gepflogenheiten der maritimen Welt verkannt. Das recht rabiate Auftreten von Oaktree hat erst viel Sympathie und später jede Menge Vertrauen gekostet.
In einem Geschäft, in dem millionenteure Ladung transportiert wird, zählt vor allem Verlässlichkeit, mehr als alles andere. Der Kunde muss sicher sein, dass seine Lieferung pünktlich und sicher befördert wird. Er vertraut dabei auf Menschen, nicht auf Schiffe. Es sind die guten Erfahrungen, die persönlichen Kontakte, das Know-how der Mitarbeiter, die den eigentlichen Wert einer Reederei ausmachen. Management und Insolvenzverwaltung, die derzeit das Sagen bei Beluga haben, müssen also in erster Linie das Vertrauen der Kunden und Geschäftspartner zurückgewinnen und eine glaubhafte Perspektive bieten. Auch den Mitarbeitern.
Beluga hatte und hat anerkannte Experten in ihren Reihen. Nach vier Wochen der Agonie und Ungewissenheit angesichts der weiter drohenden Gefahr, den Arbeitsplatz zu verlieren, packen aber die ersten ihre Sachen. Es ist verständlich, dass nicht mehr jeder an einen guten Ausgang glauben kann. Gelingt es nicht, das Geschäft anzukurbeln und damit die guten Leute zu halten, ginge auch das wichtigste Gut verloren, das die Reederei noch hat.
Die dramatische Entwicklung rund um Beluga, die spätestens mit dem Rausschmiss Stolbergs begonnen hatte, ist also noch längst nicht beendet. Welcher Verfehlungen oder sogar Straftaten sich Firmengründer Stolberg womöglich schuldig gemacht hat, wird und muss die Staatsanwaltschaft noch aufklären. Ob eine Insolvenz vermeidbar gewesen wäre, wird sich vermutlich auch herausstellen. Welche Strategie Oaktree verfolgt und ob sich der Investor tatsächlich wie angekündigt langfristig ans Unternehmen binden will, wird man sehen. Für Bremen aber ist der Fall Beluga schon jetzt ein bitteres Kapitel.
Denn klar ist: Egal, wie es am Ende ausgeht, es ist ein Abschied. Die alte Beluga Stolbergscher Prägung, die immer mehr war als eine Reederei, wird es nicht mehr geben. Zur Reduzierung aufs Kerngeschäft gehört sicher nicht die Förderung von Ausbildung und Forschung, von Kunst, Kultur und sozialen Projekten. Sicher ist nicht einmal, ob der Name „Beluga“ überhaupt bestehen bleibt.
Der Wert dieser Marke war allein mal auf 90 Millionen Euro taxiert worden. Derzeit dürfte sie nur einen Bruchteil wert sein, der Ruf des einstigen Weltmarktführers gilt als ramponiert. Gut möglich, dass die Reederei demnächst sogar umbenannt wird. Das wäre dann ein völliger Neuanfang – und das endgültige Aus für Beluga.