Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Bremer Einzelhändler bietet Waren online und im Laden an Tante Emma geht online

Bremen. Die Zahl der Händler, die ihre Waren sowohl stationär als auch im Internet verkaufen, wird laut des HDE steigen. Ein Bremer Junior-Chef hat den Trend längst erkannt und bietet Elektroartikel und Haushaltswaren online und im Laden an.
19.05.2011, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Günther Hörbst

Bremen. 38,1 Millionen Deutsche haben im vergangenen Jahr im Internet eingekauft. Das sind vier Millionen Menschen mehr als im Jahr davor. Der Handelsverband Deutschland (HDE) schätzt die Umsatzerlöse 2011 auf 26,1 Milliarden Euro. Tendenz: weiter steigend. Doch das muss nicht zwangsläufig das Ende des stationären Einzelhandels bedeuten, meint der HDE. Im Gegenteil. Der Anteil der Händler, die sowohl stationär als auch im Internet ihre Waren verkaufen, werde in den nächsten Jahren stark steigen.

Thade Behrends zum Beispiel. Der Junior-Chef des Bremer Haushaltswaren- und Elektro-Fachhändlers Rahmann & Co. hat früh erkannt, dass sich über das Internet Waren schnell und unkompliziert verkaufen lassen. Seit 2004 gibt es deshalb nicht nur das Fachgeschäft mit 250 Quadratmetern Ladenfläche an der Schwachhauser Heerstraße 1, sondern auch zwei Online-Shops: unter www.elektrorunner.de verkauft Familie Behrends - Vater Popke und Mutter Christa sind die Inhaber des 1873 gegründeten Geschäfts - 50000 Elektroartikel jeglicher Art. Und unter www.koch-ambiente.de hochwertige Küchenutensilien.

Onlinehandel wächst stark

"Die Umsätze im Online-Handel sind ordentlich", sagt Thade Behrends. "Aber es ist sehr schwer, auf vernünftige Margen zu kommen." Senior-Chef Popke Behrends ergänzt: "Es reicht ja nicht, einen Online-Shop einzurichten. Er muss bekannt gemacht werden." Thade Behrends schlägt sich die linke Hand vor die Augen. In dieser Haltung sagt er: "Es ist sehr aufwendig, dass man bei Google und bei den Preissuchmaschinen überhaupt wahrgenommen wird.

Zudem lassen die sich das inzwischen ordentlich bezahlen." Dennoch: Die Behrends haben für sich beschlossen, dass es keinen Sinn macht, die Augen vor dem Fortschritt der Technologie zu verschließen. "Der Online-Handel wird noch deutlich zunehmen", sagen beide. Sie warnen aber auch vor einem ruinösen Preiskampf im Netz.

Auch der Hauptgeschäftsführer des HDE, Stefan Genth, sieht im Online-Handel große Potenziale. "Der klassische stationäre Einzelhandel ist in den letzten zehn Jahren kaum gewachsen. Der Onlinehandel ist dagegen mit zehn Prozent pro Jahr die Wachstumslokomotive der Branche", sagte Genth dieser Zeitung. "Vor allem konnten wir feststellen, dass es keine Kannibalisierung der stationären Geschäfte durch den Onlinehandel gab. Im Gegenteil: Stationärer und Onlinehandel sind beide Gewinner des Online-Booms."

Das ist überraschend. Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung GfK besagen, dass 2009 im Einzelhandel 8,5 Milliarden Euro erlöst wurden, indem sich Kunden online informiert, aber stationär gekauft haben - umgekehrt waren es nur 5,4 Milliarden Euro. "Das zeigt, dass der stationäre Handel eine Zukunft hat, wenn er ein schlüssiges Konzept für das moderne Einkaufsverhalten der Konsumenten aufweist. Die Grenzen zwischen stationärem Handel und Online-Handel sind durch die zunehmend medien- und internetaffiner gewordene Bevölkerung immer mehr verschwommen", sagt Genth.

Heute betreiben 15 Prozent aller Einzelhändler in Deutschland neben dem stationären Geschäft auch einen Online-Shop. Und dazu zählen nicht nur große Konzerne. Etwa die Hälfte dieser Händler sind laut HDE Mittelständler. "Unsere Erfahrung ist, dass diese Händler mit dem Online-Shop den stationären Laden stärken." Der HDE geht davon aus, dass der derzeitige Anteil von 15 Prozent von sogenannten Multi-Channel-Betreibern in den nächsten Jahren auf bis zu 30 Prozent steigen wird.

Die Haushaltsexperten aus Bremen haben mit dem Multi-Channel-Angebot jedenfalls schon gute Erfahrungen gemacht. "Alles, was es in unserem Online-Shop gibt, kann man am nächsten Tag hier im Laden abholen", sagt Thade Behrends. "Und davon machen viele Leute Gebrauch. Es gibt immer noch eine große Zahl von Menschen, die wissen wollen, woher sie die Waren bekommen haben - und vor allem, an wen sie sich im Zweifel wenden können."

Norbert Caesar, Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes Nordsee, ist noch nicht überzeugt, dass sich der Multi-Channel-Handel auf breiter Front durchsetzen wird. "Bei kleineren und mittleren Betrieben bis 50 Mitarbeiter ist das eher die Ausnahme", sagt er. "Die durchschnittliche Betriebsgröße im Einzelhandel sind zehn Mitarbeiter. Für diese Händler ist es kaum zu leisten, sich neben dem stationären Geschäft auch noch um einen Online-Shop zu kümmern." Das bestätigen auch die Bremer Pioniere von Rahmann & Co. "Die meisten Kollegen trauen sich da nicht ran", sagt Popke Behrends. "Es kostet viel Zeit und auch Geld. Wir haben eigens eine Agentur beauftragt, unseren Online-Shop zu betreuen und ihn im Netz bekannt zu machen."

Eine Zukunft habe das Multi-Channel-Geschäft ohnehin nur, wenn ein Mittel gegen den extremen Preiskampf gefunden werde. Davon sind die beiden überzeugt. Entwicklungen in diese Richtung haben die Behrends' allerdings schon beobachtet. "Markenhersteller wie Siemens, Miele oder Liebherr versuchen gerade, die Händler davon zu überzeugen, ihre Waren online nicht mehr zu Schleuderpreisen zu verkaufen", sagt der Junior-Chef. Im Klartext: Der Preis soll im Online-Shop derselbe sein wie im Laden. "Das ist das Rezept der Zukunft", sagt Thade Behrends. "So kommt der Handel auch auf seine Marge."

Aber wie soll das gehen? Preisbindung gibt es im deutschen Einzelhandel nur noch bei Büchern. Branchenkenner verraten, dass die Hersteller Dumpinghändlern dann schon mal die Lieferung neuer Ware verweigern oder sie aus der Händlerliste einfach gestrichen werden.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)