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Personal fehlt Tausende Minijobs während Corona weggebrochen

In Bremen gibt es 4000 Minijobs weniger als vor der Pandemie. Vor allem die Gastronomie sucht neues Personal. Gewerkschaften kritisieren die Pläne der Ampel-Koalition, die Minijob-Einkommensgrenze zu erhöhen.
29.03.2022, 07:15 Uhr
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Tausende Minijobs während Corona weggebrochen
Von Fabian Dombrowski

In den vergangenen zwei Jahren sind durch die Corona-Pandemie zahlreiche Minijobs verloren gegangen. Darauf machen Gewerkschaften und die Arbeitnehmerkammer in Bremen aufmerksam. Sie kritisieren den fehlenden Schutz von geringfügig Beschäftigten, der durch Corona deutlich geworden sei, und das Vorhaben der Ampel-Koalition, die Einkommensgrenze bei Minijobs von 450 auf 520 Euro zu erhöhen.

Wie hat sich die Zahl der Minijobber während der Pandemie entwickelt?

Laut einer Auswertung der Hans-Böckler-Stiftung gab es in Deutschland Ende Juni 2021 rund 436.000 geringfügig Beschäftigte weniger als vor zwei Jahren, also vor Beginn der Pandemie. Insgesamt waren es etwas mehr als sieben Millionen Minijobber. Davon übten rund vier Millionen Menschen ausschließlich ihren Minijob aus; für rund drei Millionen Menschen war der Minijob eine Nebentätigkeit. Von den ausschließlich geringfügig Beschäftigten sind etwa 60 Prozent Frauen.

In Bremen gab es laut der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Mitte vergangenen Jahres rund 56.500 Minijobs. Das sind 4000 weniger als noch zwei Jahre zuvor. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Laut NGG sei das Gastgewerbe besonders betroffen: Hier sei ein Verlust von 1600 geringfügig Beschäftigten zu verzeichnen – ein Einbruch von 18 Prozent. In Oldenburg seien laut NGG 960 Minijobs verloren gegangen, in Vechta 1300.

Wie ist die Situation in der Gastronomie?

"Wir merken natürlich deutlich, dass das Personal fehlt", sagt Nathalie Rübsteck, Hauptgeschäftsführerin der Dehoga Bremen. Viele Minijobber, die auf Zusatzverdienste angewiesen sind, seien während Corona in andere Branchen gewechselt, vor allem in den Lebensmitteleinzelhandel. Andere hätten festgestellt, dass sie während der Pandemie auch mit weniger Geld klarkämen, da Reisen und andere Freizeitmöglichkeiten nicht zur Verfügung standen. "Jetzt, wo wieder verstärkt Veranstaltungen stattfinden, werden aber mehr Minijobber gebraucht", sagt Rübsteck. Sie erwartet, dass die Zahl der geringfügig Beschäftigten wieder steigen werde. Dass Studierende, die oft Nebentätigkeiten in der Gastronomie ausüben, im Sommersemester an die Universitäten zurückkehren, begünstige die Situation.

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"Ich gehe stark davon aus, dass viele Betriebe momentan neues Personal suchen", sagt auch Oliver Trey von der Bremer Gastro-Gemeinschaft. Als viele Betriebe ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Kurzarbeit geschickt hätten, sei es zunächst darum gegangen, die "festen Mitarbeiter zu retten". Viele Minijobber hätten sich eine andere Beschäftigung gesucht. Doch durch viele neue Events, die die bevorstehende Sommersaison mit sich bringe, sei in der Gastronomie wieder ein hoher Personalbedarf vorhanden.

Welche Kritik gibt es an Minijobs?

Kritisiert wird vor allem der Sonderstatus von Minijobs bei der Sozialversicherung. Die Arbeitnehmerkammer Bremen teilt mit: "Bei den sogenannten Minijobs fehlt der Schutz der Sozialversicherungen, sodass keine Ansprüche auf Kurzarbeitergeld- oder Arbeitslosengeld bestehen. Während der Corona-Krise ist dieser fehlende Schutz besonders deutlich geworden." Dieter Nickel, Geschäftsführer der NGG Bremen-Weser-Elbe, sagt: „450-Euro-Kräfte zählen zu den Hauptverlierern der Pandemie. Viele Minijobber leben in ständiger Angst, gekündigt zu werden: von der Küchenhilfe im Restaurant bis zur Verkäuferin in der Bäckerei."

Was plant die Ampel-Koalition?

Zum 1. Oktober will die Ampel-Koalition die Minijob-Einkommensgrenze von 450 Euro auf 520 Euro erhöhen. Dies geschieht mit der Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro. Die Dehoga Bremen begrüßt diesen Schritt "ausdrücklich". Durch die Steigerung des Mindestlohns ohne eine Anhebung der Einkommensgrenze bei Minijobs hätten geringfügig Beschäftigte immer weniger arbeiten dürfen – mit der Folge, dass Betriebe mehr Mitarbeiter brauchten. Die geplante Anhebung sei ein richtiger und wichtiger Schritt, der aber nicht weit genug gehe.

Kritik kommt hingegen von den Gewerkschaften. „Die Politik baut prekäre und krisenanfällige Stellen weiter aus, statt sie einzudämmen", teilt die NGG mit. "Das ist ein Irrweg – gerade nach den Erfahrungen mit Corona." Durch eine Anhebung der Verdienstgrenze würden viele reguläre Arbeitsplätze verdrängt. Dies könne vor allem für Frauen zur Karrierefalle werden und zu Altersarmut führen. Auch die Arbeitnehmerkammer Bremen schlägt vor, Minijobs einzudämmen und die Einkommensgrenze auf 150 Euro herabzusenken. Dadurch könnten wieder mehr Beschäftigungsverhältnisse in den Schutz der Sozialversicherung zurückgeholt werden.

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