Vor gut eineinhalb Wochen ist es am Golf von Oman zu einer Kollision der Öltanker "Adalynn" und "Front Eagle" gekommen. Seitdem warnt die Umweltorganisation Greenpeace vor einer Umweltkatastrophe. Demnach könne man anhand von Satellitenbildern einen 1500 Hektar großen Ölteppich sehen. Der Grund für die Kollision sei ein Navigationsfehler gewesen. Laut Medienberichten identifiziere Greenpeace den Tanker "Adalynn" als Teil der russischen Schattenflotte. Damit sind die Schiffe gemeint, die die von der Europäischen Union, von England und den USA verhängten Sanktionen umgehen und russisches Rohöl transportieren. Laut Greenpeace-Angaben ist die "Adalynn" 23 Jahre alt und könnte bis zu 70.000 Tonnen Rohöl geladen haben.
Vom Alter des Schiffs her könnten diese Angaben passen. Denn diese Schiffe haben ein überdurchschnittlich hohes Alter – Kritiker würden sie auch als "Rostlauben" bezeichnen. Es ist eine Frage, wie sicher diese Schiffe noch sind. Auch steht die Frage im Raum, ob diese Tanker ausreichend versichert sind. Das wiederum ist für den weltweit führenden Schiffsversicherer Gard relevant.
Dessen Vorstandsvorsitzender Rolf Thore Roppestad zeigte den mehr als 100 Gästen beim Bremer Rhederabend, wie sein Unternehmen Schattentanker beobachtet. Es hat Daten von einigen Schattentankern gesammelt. Diese Daten zeigen, dass die Schiffe über die Ostsee und die Nordsee in den Atlantik fahren. Das bedeutet also, dass das angesichts des Alters auch ein Risiko für die deutsche Küste bedeuten kann. In seinem Vortrag führte Roppestad weiter aus, warum Sanktionen nur begrenzt wirken. So stehen 629 Öltanker auf der Schwarzen Liste bei der Europäischen Union, Großbritannien und den USA. Nur 47 dieser Schiffe haben eine Sanktion von allen drei Staaten. "Am besten wäre es, wenn man sich da besser absprechen würde", stellte Roppestad fest.

Rolf Thore Roppestad ist Vorstandsvorsitzender vom weltweit führenden Schiffsversicherer Gard mit Sitz in Arendal, Norwegen. Roppestad hat beim Bremer Rhederabend darüber gesprochen, wie schwer es sei, diese Schattentanker stärker zu sanktionieren.
Deshalb würden die Sanktionen nur bedingt wirken und sich vor allem auf den Endverbraucher auswirken. Die Schiffsbewegungen zeigten aber, dass Russland weiterhin sein Rohöl exportiert und damit weiterhin Gewinne einstreicht. Anhand der Daten, die Roppestad beim Rhederabend aufzeigte, gehe viel von diesem Öl nach Indien und nach China – ein Teil auch in die Türkei, doch das ist im Vergleich zu den anderen Exportländern fast schon der kleinste Teil. Woher die Schattentanker stammen? Laut Roppestad sind eine Reihe dieser Schiffe aus Venezuela – seit Jahren fühlt sich das sozialistisch und autokratisch regierte Erdölland Russland freundschaftlich verbunden.
Die ARD-Doku "Die Spur der Tanker - Wer stoppt Russlands Schattenflotte?" zeigte kürzlich auf, wie die Deutsche Marine von See und auch aus der Luft die deutschen Hoheitsgebiete und die Ostsee insgesamt kontrolliert. So würde das eine oder andere Schiff durchaus auch seine Kennung ausschalten, was eigentlich verboten sei. Auch das Deutsche Havariekommando befasst sich mit diesen Tankern.
Besitzer der Schiffe in Indien
Wo sitzen die Besitzer der Schattentanker? Die Autoren der Dokumentation konnten den Weg nach Indien verfolgen, genauere Informationen seien schwierig. Was aber klar ist: Für die Besitzer sei ein Schattentanker ein lukratives Geschäft. Der Kauf eines alten, maroden Öltankers könne sich im oberen sechsstelligen Bereich bewegen. Bereits nach zwei oder drei Einsätzen würden diese alten Tanker ordentliche Gewinne in die Kasse spülen. Sollte das Schiff doch irgendwo an die Kette gelegt werden, könne das dem Besitzer egal sein. Er habe genug Gewinn mit seinem Schiff gemacht.
Dass es diese Schattenflotte gibt, wurde zum ersten Mal vor gut zwei Jahren aufgrund von bestimmten Schiffsbewegungen bekannt. Der führende Schiffsversicherer Gard befasst sich mit dem Thema im Sinne der Reeder, die bei dem norwegischen Unternehmen ihre eigenen Schiffe versichert haben.
Greenpeace warnt vor Ölpest in der Ostsee
Die Umweltorganisation Greenpeace warnt seit September 2024 vor einer drohenden Ölpest in der Ostsee, ausgelöst durch eines der Schattenschiffe. Dabei verweist sie auf die "Eventin". Das 18 Jahre alte Schiff trieb zum Jahresanfang manövrierunfähig auf der Ostsee und war auf dem Weg nach Ägypten. Damals kam es an Bord zu einem Stromausfall, der einen Totalausfall der Maschinen und Systeme an Bord zur Folge hatte. Das Schiff wurde schließlich gerettet und am Ende durch die Bundesrepublik beschlagnahmt.
Laut Roppestad ist wesentlich mehr Kooperation zwischen der EU und Ländern wie Großbritannien und den USA notwendig, um stärker gegen Schattentanker vorzugehen. Er habe bisher noch keinen Reeder getroffen, so Roppestad, der auf einem der Fotos von den Schattentankern sein ehemaliges Schiff wiedererkannt habe. Und wenn es so wäre, könne man diesem Reeder keinen Vorwurf machen, wenn er den Tanker bereits vor Jahren verkauft habe – womöglich an einen anderen Besitzer als den aktuellen.